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Mehr als nur Traeume

Titel: Mehr als nur Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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sie und sank auf den Bettrand nieder. Sie stellte das ganze Zimmer auf den Kopf, um etwas zu finden, was er vielleicht zurückgelassen haben konnte. Der Smaragdring, den er ihr geschenkt hatte, war fort; der Zettel, den er unter ihrer Türe durchgeschoben hatte, ebenfalls. Sie öffnete ihr Notizbuch. Nicholas hatte etwas in seiner bizarren Handschrift hineingeschrieben; aber diese Seiten waren jetzt leer.
    »Denke nach, Dougless, denke nach«, ermahnte sie sich. Da mußte doch irgend etwas von ihm zurückgeblieben sein. Sie suchte sogar ihre Kleider nach dunklen Haaren ab. Sie fand keines.
    Erst als sie ihr rotseidenes Nachthemd sah, das Nicholas ihr vom Leib gerissen hatte, und bemerkte, daß es wieder heil war, wurde sie wütend. »Nein«, preßte sie durch die zusammengebissenen Zähne, »du kannst ihn mir nicht so total wegnehmen.«
    Die Leute, dachte sie. Wenn es hier keinen materiellen Beweis mehr von ihm gab, so existierten doch eine Menge Leute, die sich an ihn erinnern würden. Nur weil ein schon etwas seniler Vikar sich nicht auf ihn besinnen konnte, bedeutete das noch lange nicht, daß das für alle galt.
    Sie nahm ihre Handtasche und verließ das Hotel.
    Dougless öffnete langsam die Tür zu. ihrem Hotelzimmer. Sie fürchtete sich vor der Leere, die sie dort antreffen würde. Sie war erschöpft; aber ihr Geist arbeitete leider noch.
    Sie setzte sich auf den Bettrand, drehte sich dann müde herum und legte sich auf die Tagesdecke. Es war schon spät, und sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Doch sie dachte nicht daran, ihren Hunger zu stillen. Ihre Augen waren weit geöffnet, fühlten sich an, als habe sie Sandkörner unter den Lidern. Sie starrte hinauf zum Betthimmel.
    Niemand erinnerte sich mehr an Nicholas.
    Der Münzhändler hatte kein Geld aus dem Mittelalter angekauft. Er erinnerte sich nicht einmal, Nicholas oder Dougless in seinem Laden gesehen zu haben. Er wußte nichts davon, daß er Nicholas’ Kleider untersucht und seinen silbernen, mit Gold eingelegten Harnisch bewundert habe. Der Verkäufer im Modegeschäft wußte nichts von einem Mann, der ein Schwert gegen ihn gezückt hatte. Die Bibliothekarin sagte, Dougless habe sich bei ihr Bücher ausgeliehen, sei aber immer allein gewesen. Der Zahnarzt bestritt, daß er einen Patienten untersucht hatte, dem man brutal Zähne gerissen und dabei den Kiefer gebrochen hatte. Er besaß auch keine Röntgenaufnahmen von so einem Gebiß. Weder in den Pubs noch in den Teestuben erinnerte man sich an ihn. Sie erklärten übereinstimmend, Dougless sei stets ohne Begleitung gekommen. Im Fahrradladen zeigte man ihr eine Quittung, auf der sie nur den Empfang eines Damenfahrrades bescheinigt hatte. Selbst ihre liebenswürdige Wirtin in dem Hotel garni konnte sich nicht auf Nicholas besinnen und behauptete, niemand hätte seit dem Tod ihres Mannes mehr auf ihrem Piano gespielt.
    Wie eine Besessene suchte Dougless jeden Winkel auf, den sie mit Nicholas besucht hatte, und fragte jeden nach ihm, der ihn vielleicht gesehen haben mochte. Sie fragte sogar die Touristen in den Teestuben, hielt Einheimische auf der Straße an und nahm sich jeden Verkäufer in den Läden vor.
    Nichts, nichts, nichts.
    Zermürbt und wie betäubt von der in ihr aufkeimenden Erkenntnis, was ihr da geschehen war, ging sie in ihr Hotel zurück und legte sich aufs Bett. Sie wagte nicht einzuschlafen. In der vergangenen Nacht war sie von dem Traum erwacht, daß sie Nicholas verloren habe. Nicholas hatte sie in seine Arme genommen, sie angelacht und gesagt, sie träume das nur, er sei bei ihr und würde immer bei ihr bleiben.
    In der vergangenen Nacht, sagte sie sich immer wieder. Er hatte sie in seine Arme genommen und sie geliebt, und heute war er verschwunden - mehr als verschwunden. Nicht nur sein Körper und seine Kleider waren weg, sondern auch die Erinnerung im Gedächtnis anderer Leute war ausgelöscht worden.
    Und das war ihre Schuld. Er war geblieben, solange sie nicht miteinander geschlafen hatten; aber nachdem sie sich körperlich vereinigt hatten, war er verschwunden. Er war dieser Liebe wegen zu ihr gekommen, nicht um ein vergangenes Unrecht zu korrigieren. Als er entdeckte, wer ihn verraten hatte, hatte das keine Folgen gehabt; doch kaum hatte er ihr gestanden, daß er sie liebte, war er ihren Armen entglitten.
    Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. So unwiederbringlich war er von ihr gegangen, als sei er in ihren Armen gestorben. Nur hatte sie nicht den Trost,

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