Mehr als nur Traeume
Knabe tat, und holte Nicholas in die Gegenwart zurück. Die Sonne brachte ihr Haar zum Leuchten, aber die Sonne schien auch immer nur hinter den Wolken hervorzukommen, wenn sie in der Nähe war. Er wollte sie in die Arme nehmen, sie an sich pressen, sie lieben, aber die Drohung, daß sie dann sogleich verschwinden könne, hielt ihn davon zurück, sie in sein Bett zu ziehen. Oh, er küßte sie, wann immer er das konnte, berührte jeden Teil ihres Körpers, den er erreichen konnte. Sie saßen abends in irgendeinem versteckten Winkel beisammen, betrachteten die Sterne am offenen Fenster oder sahen in die Flammen des Kamins. Er streichelte sie, legte den Arm um sie, aber weiter gingen sie nicht. Die Möglichkeit, daß sie ihn dann verlassen könnte, war für ihn ein zu großes Risiko.
Ein Junge kam und teilte Nicholas mit, daß Lady Margaret ihn zu sprechen wünsche, und so erhob er sich widerstrebend von seinem Platz, verließ den Garten und Dougless und ging ins Haus.
Seine Mutter erwartete ihn in ihrem Privatgemach neben ihrer Kemenate.
»Hast du es ihr gesagt?« fragte seine Mutter mit strengem Gesicht.
Sie mußte Nicholas nicht erst erklären, was sie mit »es« meinte. »Nein, das habe ich nicht.«
»Nicholas, das geht zu weit. Ich habe Nachsicht mit dieser Frau gehabt, weil sie Kits Leben rettete, aber dein Verhalten ...« Sie ließ den Satz unbeendet, weil es nicht nötig war, ihm noch mehr zu sagen.
Nicholas ging ans Fenster, öffnete es und blickte in den Garten hinunter. Er konnte Dougless unten mit dem Kind spielen sehen. »Ich wünschte, ich könnte mein Leben mit dieser Montgomery-Frau verbringen«, murmelte er.
Lady Margaret warf das Fenster wieder zu und fixierte ihren Sohn. Sie hatte Augen, die einen Mann durchbohren konnten. »Das kannst du nicht. Die Mitgift für Lettice Culpin ist angenommen und ein Teil davon bereits zum Ankauf von Schafen verwendet worden. Die Frau bringt Land mit und einen guten Namen. Deine Kinder werden mit dem Königshaus verwandt sein. Du kannst das nicht alles einer Frau wegen wegwerfen, die ein Nichts ist.«
»Sie ist alles für mich.«
Lady Margaret funkelte ihn wieder wütend an. »Sie ist ein Nichts. Vor zwei Tagen kam ein Reiter aus Lanconia zurück.
Es gibt dort keinen König Montgomery. Diese Dougless Montgomery ist nicht mehr als ein mit flinker Zunge begabtes . . .«
»Sag nicht mehr«, unterbrach Nicholas sie rasch. »Ich habe nie geglaubt, daß sie von königlichem Geblüt ist, aber sie bedeutet mir inzwischen mehr als Besitz und Abstammung.«
Lady Margaret stöhnte. »Glaubst du, du wärest der erste, der sich verliebt hat? Als Mädchen liebte ich meinen Vetter und weigerte mich, deinen Vater zu heiraten. Meine Mutter prügelte mich, bis ich einwilligte, ihn zum Gatten zu nehmen.« Sie sah Nicholas mit schmalen Augen an. »Und sie hatte recht. Dein Vater schenkte mir zwei Söhne, die das Mannesalter erreichten, und mein Vetter verspielte sein Vermögen.«
»Es ist sehr unwahrscheinlich, daß Dougless mein Vermögen verspielen würde.«
»Aber vermehren wird sie es auch nicht!« Lady Margaret zwang sich zur Ruhe. »Was hast du eigentlich? Kit soll ein dickes Kind heiraten, während du eine der größten Schönheiten Englands zur Gattin bekommst. Lettice ist weitaus schöner als diese Montgomery-Frau.«
»Was bedeuten mir schon Geld und Schönheit? Lettice hat ein Herz aus Stein. Sie heiratet mich, den jüngeren Sohn, nur meiner Verbindung zum Königshaus wegen. Soll sie sich doch einen anderen suchen, den ihre Gefühlskalte nicht stört und der nur ihr schönes Gesicht sieht.«
»Du meinst, du willst dein Eheversprechen brechen? Die Verlobung auflösen?« fragte Lady Margaret entsetzt.
»Wie kann ich eine Frau heiraten, wenn mein Herz einer anderen gehört?«
Lady Margaret ließ ein schnaubendes Lachen hören. »Ich habe dich nicht großgezogen, damit du dich wie ein Tölpel verhältst. Behalte doch nach der Eheschließung diese Montgomery. Mache sie zur Kammerfrau deiner Gattin. Ich kann nicht glauben, daß Lettice etwas dagegen hat, wenn du sie nicht jede Nacht besuchst. Mache Lettice ein Kind und gehe dann zu dieser Montgomery. Das war eine Regelung, die mein zweiter Gatte traf, und ich war damit einverstanden. Obwohl er dieser Frau drei Kinder schenkte und mir nur eines, das noch dazu starb«, setzte sie bitter hinzu.
Nicholas drehte sich von seiner Mutter weg. »Ich glaube nicht, daß Dougless mit so einem Arrangement einverstanden wäre.
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