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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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suchend durch den Schutt.
    »Hier, nehmen Sie, wird Ihnen guttun.«
    Er betrachtete die Flasche, als wär’s der Tod, und jammerte: »Nein, bitte nicht!«
    ›Dann nicht‹, sagte ich mir, nahm statt seiner einen tiefen Schluck und ließ mich in einen Sessel fallen, bis ich begriff, daß Anastas auf allen vieren seine Brille suchte, und ihm half. Sie lag unter der Heizung. Das rechte Glas war zerbrochen. Er setzte sie auf und betrachtete das, was von seinem Büro übriggeblieben war. Dann holte er tief Luft, nahm mir die Flasche aus der Hand und trank einen guten Zentimeter weg.
    »Zigarette?«
    Er nickte. Nach ein paar Zügen sagte er: »Ich dachte, ich müßte in diesem Schrank sterben.«
    »Von Ohrfeigen stirbt man nicht.« Er sah mich grimmig an.
    »Ach ja? Sie Alleswisser. Und das hier?!«
    Er streckte mir seinen Kopf entgegen und zeterte: »Sie haben mich geschlagen! Gefoltert!«
    »Und wer war’s?«
    »Wer! Meine Mandanten, ihre Freunde, ihre Sympathisanten, was weiß ich. Sehen Sie sich das an!«
    Mit großer Geste wies er auf das Chaos. Ich nahm den Cognac und verzog mich wieder in den Sessel, während er weiter blaffte.
    »Und überhaupt, Sie! Ihretwegen ist das ja alles passiert. Was glauben Sie, weshalb die hier waren? Damit ich Sie vor die Tür setze! Und ich will Ihnen was sagen, sofort zahle ich Sie aus, und damit ist unsere Zusammenarbeit beendet. Ich bin Anwalt und kein Schläger!«
    Ich zündete mir eine Zigarette an.
    »Ja, da schauen Sie! Wenn ich das gewußt hätte, ich…«
    »Jetzt mal der Reihe nach. Wie viele waren es, und wann kamen sie. Und nehmen Sie sich zusammen.«
    Er fuchtelte mit den Armen und schrie: »Zusammennehmen! Ich bin gerade brutal überfallen worden, und Sie reden von Zusammennehmen! Versetzen Sie sich mal in meine Lage!«
    Er pumpte Luft. Als er ruhiger schien, fragte ich höflich: »Also?«
    Er stützte sich auf den Schreibtisch und begann, mehr zu sich selbst als zu mir zu sprechen.
    »Sie kamen zu zweit. So um halb sieben hat es geklingelt. Ich war dabei, meine Bibliothek zu ordnen, und machte die Tür auf. Zwei Männer, ganz in Schwarz mit Strumpfhosen überm Kopf, packten mich und zerrten mich, drauflos prügelnd, ins Büro. Widerstand war zwecklos, sie hätten kurzen Prozeß gemacht. Einer maß mindestens zwei Meter. Ein Monstrum mit riesigen Schultern, und eine Pistole hatte er auch.« Er stockte, sah auf und brüllte: »Da hätte ich Sie mal sehen wollen!«
    Ich murmelte irgendwas und bat ihn weiterzuerzählen. Aber jetzt hatte er Fahrt und malte sich ein Bild von meiner Verfolgung, und wie ich um Hilfe gebettelt haben würde. Er besaß viel Phantasie, verlor aber irgendwann den Faden und verstummte.
    »Als wer oder was haben die zwei sich denn ausgegeben?«
    »Haben Sie doch gelesen. Aktionskommando ›Freiheit und Natur‹.«
    »Na gut. Und das soll heißen?«
    »Das soll heißen, das soll heißen! Weiß ich, was das heißen soll! Sie haben gesagt, sie seien Genossen der ökologischen Front im gemeinsamen Kampf für Leben und Natur. Na, ja, Böllig, der See, frisches Wasser, paßt doch alles zusammen.«
    Ich stand auf und tätschelte ihn freundlich. »Herr Anastas, das ist doch ein Witz. ›Freiheit und Natur‹. Die Genossen Ihrer Mandanten nehmen sich doch nicht selber auf den Arm.«
    »Ach, das wissen Sie so genau.«
    Ich fuhr herum und brüllte: »Ja, das weiß ich sogar verdammt genau! Und noch ein paar Sachen weiß ich! Ich weiß sowieso fast alles! Und wenn Sie nicht endlich den Rand halten, dann fahr ich mit Ihnen Schlitten, daß Sie Sehnsucht nach Ihren zwei Spielkameraden von vorhin kriegen werden! Also, warum haben die hier so einen Radau veranstaltet?«
    Er räusperte sich eingeschüchtert.
    »Nun… Ihretwegen. Sie hielten mir vor, einen Polizisten engagiert zu haben.« Er blickte unsicher. »Ich sei ein Verräter und nicht würdig, ihre Freunde vor Gericht zu vertreten und so weiter. Seien Sie versichert, die meinen das ernst. Während ich zu erklären versuchte, schlugen sie das Büro in Schutt. Mich hatten sie gefesselt, ich konnte nichts verhindern. Als ich schließlich versprach, Ihnen zu kündigen, sperrten sie mich in den Schrank.« Er fing an zu jammern. »Warum ich! Warum sind die nicht zu Ihnen gekommen? Ich meine, das wäre doch viel naheliegender. Ich, der alles für die Leute getan hat.«
    Er ballte die Faust. »Aber jetzt ist Schluß, ich werde es ihnen heimzahlen!«
    »Wem?«
    »Wem!? Wer solche Freunde hat, schreckt auch nicht vor

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