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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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einem Mord zurück. Immerhin ist mir klar geworden, daß ich keine Unschuldigen verteidige.«
    »So, das ist Ihnen also klar geworden. Himmel, sind Sie klug.«
    Ich wandte mich ab und spazierte durch die Müllhalde.
    »Klasse Reklame für Ihre Praxis. Ein paar Ohrfeigen, und Sie lassen Ihre Mandanten wie ‘ne heiße Kartoffel fallen.«
    »Ach Sie, Sie können groß reden. Jeder Kollege hätte unter solchen Umständen den Fall abgegeben.«
    »Na, dann kann ich ja gehen. Macht vierhundert Mark.«
    Einen Augenblick schien es, als wollte er protestieren, aber dann zog er sein Scheckheft heraus, füllte den Scheck aus und schob ihn mir hin. Ich fragte: »Angst?« Er fuchtelte mit den Armen.
    »Natürlich habe ich Angst. Die kommen doch wieder.
    Eine Bande von Mördern und Bombenlegern. Sie werden mich umbringen!«
    »Dann passen Sie in den nächsten Tagen nur gut auf sich auf.«
    Er starrte mich entgeistert an. »Was soll das heißen?«
    »Ich glaube nicht an den Unsinn von ›Freiheit und Natur‹. Ich habe gesagt, ich finde den fünften Mann, wenn es ihn gibt. Also mache ich weiter. Wenn Ihre Mandanten schon so einen miesen Anwalt erwischt haben, haben sie wenigstens einen halbwegs anständigen Detektiv verdient.«
    Er lief rot an und fauchte: »Das werden Sie nicht tun! Die glauben doch dann… dazu haben Sie kein Recht!« Er kam mit ausgestrecktem Zeigefinger auf mich zu. »Ich informiere die Polizei! Sie bedrohen mein Leben, die ganze Bande hetzen Sie mir auf den Hals. Ich werde Schutz verlangen!«
    Ich grinste ihn an: »Sie werden nicht sterben. Typen wie Sie sterben nicht so schnell. Aber die Angst wird bleiben, bis der Fall aufgeklärt ist. Und wenn Sie sich das halbe Polizeipräsidium vor die Tür stellen. Sie sind ein toller Bursche.«
    Ich tippte mir an die Stirn und ging. Auf dem Flur lief er mir hinterher: »Sie lassen die Finger von der Sache, nicht wahr? Wenn ich Sie nicht engagiert hätte, Sie wären doch nie auf die Idee gekommen…«
    Ich zog die Tür hinter mir zu.

5
    Die Fenster waren geöffnet, gleichmäßig platterten Regentropfen. Ich saß mit aufgestützten Ellbogen am Schreibtisch in meinem Büro. Außer mir war keiner im Haus. Agenturen und Ärzte über und unter mir hatten um die Zeit geschlossen. Nur der Hausmeister war in der Kellerwohnung und guckte fern. Aus dem Chicken-In gegenüber von der Straße wehten Musikfetzen herauf. Der abgewetzte Bezug des Klientensessels mußte erneuert werden. In der Schreibtischschublade lag die Flasche Chivas. Ich versuchte, an was anderes zu denken. Frauen.
    Ich hatte mal ein Mädchen gekannt, mit dem ich verregnete Tage bei Tee und Backgammon verbrachte. Zwischendurch ging immer einer Zigaretten holen. Abends zündeten wir Kerzen an und tranken Champagner und so.
    An der Decke war ein Wasserfleck. Das Kreditinstitut über mir hatte sich vor kurzem eine Badewanne angeschafft. So könne man das Bier besser kühlen, hatte mir der Kassierer anvertraut.
    Eine Badewanne. Kühles Bier. Frauen. Endlich zog ich die Flasche Chivas aus der Schublade und schenkte ein Wasserglas voll ein. Ich mußte den fünften Mann finden, und ich hatte eine Idee. Normalerweise neige ich nicht zu Größenwahn, Aber jetzt schien es mir die einzige Möglichkeit, in dem Fall weiterzukommen. Ich lief die Kaiserstraße hoch in Richtung Hauptbahnhof. Bis auf ein paar Dirnen mit Regenschirmen an den Hausecken war das Viertel leer. Eine Handvoll Amis verschwand grölend im Puff. Das Neonlicht verschwamm im Regen, und niemand war da, den ein Strip hätte anlocken können. Ein Polizeiwagen drehte seine Runde. Vor dem RIO stand sich ein verbeulter Mensch im Nappamantel die Beine in den Bauch. Er zog mich am Ärmel. »Klasse Weiber, Mustaffa. Sone Titten und son Arsch. Klasse! Ehrlich. Und ganz billig.« Ich überquerte die Straße. Eine Blonde machte mich an, sie täts heute fürn Zwanziger. »Is wie Schlußverkauf, Alter.« Endlich war ich im SPIEL- UND SPORTCENTER ELLERMANN. Im ersten Stock lag der Billardsaal. Ich kam oft her und kannte den Juniorchef. Der Saal war leer wie die Straße. Zwei Japaner spielten einen Pool, zwei Fünfhunderter lagen auf dem Zigarettentisch. Ich schaute zu, wie der eine die schwarze Acht versenkte und die Scheine einstrich. Stumm erneuerten sie den Einsatz und ordneten ihre Kugeln zum nächsten Spiel. Weiter hinten trainierte ein älterer Herr Carambolage. Der Juniorchef stand am Fenster und verfolgte ein Schauspiel im Stundenhotel gegenüber.
    »Abend. Was wird

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