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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Theater.«
    »Alles klar.«
    Ich drückte leise die Tür zu und knipste Licht an. Das Büro war unverändert. Wenn es nur nicht ganz so still gewesen wäre. Ich setzte mich hinter den Schreibtisch und durchsuchte die Schubladen. Schreibmaschinenpapier, Stempel, das bekannte Lineal, eine Frankfurter Stadtkarte. Ganz unten lag ein Kalender. Ich steckte ihn ein. Für die Eisenschränke nahm ich wieder den Dietrich. Sofort schnappten die Schlösser auf. Der erste war leer. Im zweiten standen Kaffeetassen, Aspirin, Kekse und Rasierschaum. Im dritten schließlich reihten sich an die zwanzig Ordner aneinander. Ich sah einen nach dem anderen kurz durch. Hatte es geklopft? Ich mußte mich getäuscht haben. Dann las ich ›Ermittlungen im Fall Böllig‹. Es klopfte. Diesmal lauter. Unverkennbar. Slibulsky steckte den Kopf rein und flüsterte: »Bist du taub?! Mach schnell, Mann!«
    Ich nahm den Ordner unter den Arm und knipste das Licht aus. Die Stimmen waren schon ganz nah.
    »Sauerei sowas! Ich war im Haus. Sie haben mich doch gesehen!«
    Kessler! Slibulsky zerrte mich in die entgegengesetzte Richtung. Wir waren noch nicht um die Ecke, als das Flurlicht anging. Auf Zehenspitzen rannten wir den Gang hinunter. Da ging das Geschrei los.
    »Die Schränke sind aufgebrochen! Was stehen Sie rum, geben Sie Alarm! Die sind noch im Haus! Alles abriegeln!« Wir liefen die Treppe runter. Kein Ausgang. Ich drückte sämtliche Klinken, schließlich gab eine nach. Die Toilette. Am Ende der Pißrinnen war ein Milchglasquadrat in die Kacheln eingelassen.
    »Da müssen wir durch.«
    »Wenn du mir zwischendurch das Blech abnehmen könntest?!«
    Ich schloß die Handschellen auf. Im selben Moment begann die Sirene zu heulen. »Jetzt wird’s spaßig.«
    Ich zog die Jacke aus, wickelte sie um den rechten Arm und schlug die Scheibe ein. Es war knapp, aber es ging. Mit dem Kopf voraus ließ ich mich die zwei Meter auf den nassen Rasen fallen. Slibulsky kam hinterher geplumpst. Wir robbten zu den Büschen. Das Präsidium war hell erleuchtet. Ein Bulle rannte an uns vobei. Das Eingangstor war zu. Bis zur Mauer mußten wir etwa dreißig Meter freies Feld durchqueren. Noch ein Bulle kam, die Kanone im Anschlag. Durch das zerbrochene Fenster hörten wir, daß sie dabei waren, die Toilette zu stürmen.
    »Hier sind sie durch! Alle Mann raus! Schießbefehl!« Uns blieb keine Wahl mehr. Ich krallte mich in den Aktenordner.
    »Jetzt!«
    Wir rannten los.

7
    Der Motor war abgestellt, und ich lehnte mich mit einer Zigarette zurück. Es war kurz nach eins. Gegenüber im Restaurant MORGENRÖTE brannte noch Licht. Slibulsky sah still in die Gegend.
    Eine Weile saßen wir so da und hörten dem Regen zu.
    »Sag mal, deinen Job… für wen machst du das?«
    »Für den Anwalt.«
    »Der hat dich doch an die Luft gesetzt. Ich meine so insgesamt. Privatdetektiv. Ist doch verlogen, der Job.«
    Er kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Jedenfalls was du daraus machst. Irgendwie… ‘ne Mischung aus Robin Hood und Bulle. Das kann doch nicht gutgehen.«
    »Ich muß essen. Frag einen Arbeiter bei VW, für wen er sein Leben lang Stoßstangen an die Autos knallt.«
    »Ein Arbeiter bei VW würde aber nie seinen Kopf hinhalten, damit die Schleuder termingerecht ausgeliefert wird. Und wenn der Motor nach hundert Kilometern in die Luft fliegt, kümmert ihn das einen Dreck. Vorhin, die wollten uns abknallen. Viel hätte nicht gefehlt, und wir würden jetzt wie die Hasen im Gras liegen. Und wen würde das interessieren? Ein kleiner Dealer vom Bahnhof und ein türkischer Schnüffler. Das gibt nicht mal ‘ne Meldung für AUS ALLER WELT. Die würden den einen schneller als den anderen verbuddeln. Riskierst dein Leben für irgendwas, wovon du glaubst, es sei Gerechtigkeit, und endest als Gemüsedünger. Dabei gibt’s das gar nicht, Gerechtigkeit. Nicht heute und nicht morgen. Und deinetwegen sowieso nicht. Du machst doch genau die gleiche Dreckarbeit wie irgendein Bulle. Fängst die Typen und bringst sie vors Gericht. Bist vielleicht bißchen netter, läßt mal einen laufen, wenn du meinst, er hätte ein Leben hinter Gittern nicht verdient… aber daran, daß es immer die gleichen sind, die irgendwas anstellen… immer die gleichen sein müssen, weil die Regeln so gemacht sind, daran änderst du gar nichts. Schön, heute hast du denen da oben eine lange Nase gemacht und die Akte geklaut. Na und?«
    Der Wind peitschte den Regen in die Fenster. Ich beobachtete die querlaufenden

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