Mehr Geld verdienen mit Rohstoffen
»Kreoldänisch« besiegelt. Zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert war eine kleine westindische Karibikinsel aufgrund der Möglichkeit des Zuckerrohranbaus wirtschaftlich mehr wert als ein Vielfaches an konventionellem Ackerland in Nordamerika. Die Kolonialmächte, die Zucker produzieren konnten, erzielten damit glänzende Gewinne.
Das änderte sich wiederum im 18. Jahrhundert, als besagter Andreas Sigismund Marggraf ins Spiel kam. Von ihm stammt dieses Zitat aus dem Jahr 1747:
»So kam ich gelegentlich auf den Gedanken, auch die Teile verschiedener Pflanzen, welche einen süßen Geschmack besitzen, zu erforschen und nach mannigfaltigen Versuchen, welche ich angestellt habe, fand ich, dass einige dieser Pflanzen nicht nur einen dem Zucker ähnlichen Stoff, sondern in der Tat wirklichen Zucker enthalten, der dem bekannten, aus Zuckerrohr gewonnenen, genau gleicht.«
Marggraf wurde als Jugendlicher von seinem Vater, einem königlich-preußischen Hofapotheker, in Chemie unterrichtet. Später studierte er in Berlin, Freiberg (Sachsen), Straßburg und Halle. Die Berliner Akademie der Wissenschaften erkannte seine Fähigkeiten und stellte ihm Gehalt, Dienstwohnung und ein eigenes Labor zur Verfügung. Zu Recht, denn dieser deutsche Vorzeige-Chemiker entdeckte verbesserte Methoden zur Gewinnung von Phosphor und Zink, und ganz nebenbei führte er die Nutzung des Mikroskops in der Chemie ein. Letzteres führte ihn bei der Beobachtung von Zuckerkristallen zu einer sehr wichtigen Entdeckung (weshalb ich mich in diesem Buch mit ihm beschäftige): Er erkannte, dass der aus Rüben gewonnene Zucker identisch mit dem aus Zuckerrohr gewonnenen ist. Nicht nur ähnlich, sondern identisch. »Aus den hier dargelegten Versuchen geht klar hervor, dass dieses süße Salz in unserer Heimat gerade so bereitet werden kann wie in den Gegenden, wo das Zuckerrohr wächst«, schrieb er.
Das war damals eine höchst bedeutende Erkenntnis – denn nun konnte das begehrte Luxusprodukt Zucker in der Mark Brandenburg genauso hergestellt werden wie auf Kuba. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Runkelrüben gezielt auf einen möglichst hohen Zuckergehalt hin gezüchtet, der Begriff »Zuckerrübe« kam damals überhaupt erst auf. Rund 50 Jahre später war dann ein Zuckergehalt der Zuckerrüben von etwa 16 Prozent erreicht, und die erste Zuckerrübenfabrik der Welt entstand in Preußen. Von hier aus trat die Zuckerrübe ihren Siegeszug um die Welt an. Heute stammen zwischen 42 und 47 Prozent der Zuckerproduktion der Welt aus Zuckerrüben.
Das Angebot
Die Weltproduktion von Zucker lag im Erntejahr 2011/2012 (1.10. bis 30.9.) bei 168 247 Millionen Tonnen. 13 Damit ist die Zuckerproduktion den zuletzt verfügbaren Zahlen zufolge auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Im Sechs-Jahres-Vergleich ergibt sich ein beachtliches Plus von 16,59 Prozent. Diese Entwicklung verlief keineswegs stetig, wie der Produktionseinbruch des Erntejahres 2008/2009 zeigt. Dort fiel die Zuckerproduktion um rund 19,1 Millionen Tonnen oder 11,68 Prozent. Ein Großteil davon wurde durch einen massiven Produktionseinbruch Indiens verursacht, wo die Zuckerproduktion wegen widriger Wetterumstände von 28,63 auf 15,95 Millionen Tonnen zurückgegangen war. Einen Überblick über die Ernten der letzten Jahre gibt die folgende Tabelle.
Entwicklung der weltweiten Zuckerproduktion in Millionen Tonnen
Erntejahr
2005/
2006
2006/
2007
2007/
2008
2008/
2009
2009/
2010
2010/
2011
2011/
2012
Erntemenge
in Millionen Tonnen
144,303
164,458
163,536
144,44
153,687
161,437
168,247
Veränderung ggü. Vorjahr
-
+13,97
Prozent
-0,56
Prozent
-11,68
Prozent
+6,40
Prozent
+5,04
Prozent
+4,22
Prozent
Tabelle 4: Bei der weltweiten Zuckerproduktion ergaben sich in den letzten Jahren beträchtliche Sprünge, unter anderem wegen der sehr wechselhaften Produktion Indiens; Quelle: The Commodity CRB Yearbook , eigene Berechnungen
Diese Tabelle zeigt: Der Produktionseinbruch des Jahres 2008/2009 war nach zwei weiteren Erntejahren fast wieder aufgeholt, danach gab es einen weiteren Anstieg auf das jüngste Allzeithoch. Für die Sprunghaftigkeit ist insbesondere der Monsun verantwortlich, denn dieser beeinflusst beim großen Zuckerproduzenten Indien signifikant die Produktion. In diesem Bereich ist der Mensch noch von den Naturgewalten abhängig. Im Erntejahr 2008/2009 hatte er besagten negativen Einfluss, und auch 2004/2005 war dies so. Damals brach die indische Zuckerproduktion um 30,2 Prozent ein. Statt
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