Mehr Geld verdienen mit Rohstoffen
für den Zuckerpreis selbstverständlich tendenziell preistreibend. Ich gehe davon aus, dass dies in den nächsten Jahren so bleiben wird. Indien wird sich wohl kaum in einen Zuckerexporteur zurückverwandeln, die Zeiten sind vorbei. Bleibt noch China. Der chinesische Zuckerbedarf steigt stark an, ist aber absolut gesehen noch relativ niedrig. Auch China kann den Zuckerbedarf nicht durch die eigene Produktion decken und tritt deshalb auf dem Weltmarkt als Nachfrager auf.
Zucker wird auf dem Weltmarkt generell im ersten Halbjahr stärker nachgefragt. Der Monat mit der höchsten Nachfrage nach Zucker ist generell der Februar, gefolgt vom April. Der Monat mit der niedrigsten Nachfrage ist generell der Oktober. Natürlich kann es dabei gewisse Verschiebungen geben, aber dieses grundlegende Muster sollte in den nächsten Jahren seine Gültigkeit behalten.
Zucker: Rückblick
Kommen wir zurück zu Brasilien. Denn wenn es um Zucker geht, ist dieses Land eine entscheidende Größe, sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Brasilien ist der mit Abstand größte Zuckerproduzent der Welt – und es weiß diese Rolle auch sehr geschickt zum eigenen Vorteil zu nutzen. Bis Mitte der 1970er-Jahre wurde der große Teil der Zuckerernte, der nicht im eigenen Land verbraucht wurde, exportiert. Danach wurde dann die überschüssige Zuckerernte schlagartig zu einem großen Teil in die Ethanolproduktion gesteckt. Dieser Zucker fehlte demnach plötzlich auf dem Weltmarkt – und das in einer Situation, in der das Angebot kaum die Nachfrage decken konnte. Klar, was das damals für den Zuckerpreis bedeutete: Er schoss nach oben!
Der Zuckerpreis explodierte Mitte der 1970er-Jahre regelrecht. Hatte er 1971 noch bei 4,5 Cent je Pfund gelegen, so waren es Mitte 1974 satte 57 Cent (monatlicher Durchschnittswert) – ein Plus von 1166,7 Prozent in drei Jahren. Übrigens: Den absoluten Tiefstwert hatte der Zuckerpreis 1966 markiert, mit 1,4 Cent je Pfund, der Tageshöchstkurs wurde 1974 mit 66 Cent erreicht. Beide Werte wurden innerhalb von zehn Jahren erreicht. Innerhalb dieser Dekade war der Zuckerpreis von Extremwert zu Extremwert um das 47-Fache gestiegen.
Alles wie üblich eine Frage des Gesetzes von Angebot und Nachfrage. Dieses Gesetz bestimmte auch unbestechlich, dass der Zuckerpreis schon kurz danach wieder einbrechen musste. Denn nach diesem Top 1974 gab es weltweit einige Rekordernten bei Zucker. So etwa im Erntejahr 1975/1976, als die Weltproduktion von Zucker auf das damalige neue Allzeithoch von 90,3 Millionen Tonnen stieg. Der Wegfall von brasilianischem Zucker konnte problemlos durch große Anbieter wie die damals noch existierende Sowjetunion – einst der größte Zuckerrübenproduzent der Welt – aufgefangen werden. Der Zuckerpreis brach ein. Er ging wieder bis auf 8 Cent je Pfund zurück.
Damals war die Entwicklung des Zuckerpreises spannend wie ein Krimi. Bald darauf, im Erntejahr 1979/1980, sah es schon wieder komplett anders aus. Die sowjetische Zuckerrübenernte fiel schlecht aus, der Taifun »Rita« hatte die Zuckerrohrplantagen auf den Philippinen stark beschädigt, in Australien ging die Zuckerernte um 10 Prozent zurück und Brasilien steckte mittlerweile ein Viertel seiner gesamten (nicht nur der überschüssigen) Zuckerernte in die Ethanolproduktion. Das führte zu einer regelrechten Rallye des Zuckerpreises, der 1981 nochmals Richtung altes Rekordhoch schoss, dieses aber nicht ganz erreichte. Immerhin ging es wieder von rund 10 Cent je Pfund auf knapp 51 Cent je Pfund nach oben. Ein Anstieg um den Faktor 5.
Doch der rasante Anstieg des Zuckerpreises Mitte der 1970er-Jahre hatte zu einer seltenen Situation geführt: Die Massenmedien und breite Verbraucherschichten waren auf diese Entwicklung aufmerksam geworden. Spätestens nach der zweiten Zuckerpreisexplosion im Jahr 1981 setzte deshalb ein breit angelegter Substitutionsprozess ein, und zwar sowohl in den USA als auch in Europa. Es wurden Ersatzsüßstoffe entwickelt, zudem wurde der Konsum von zu viel Süßem zunehmend als ungesund erkannt. In den USA begann der Siegszug von Diet Coke und Diet Pepsi.
In den 1980er-Jahren geriet der Zuckerpreis deshalb erneut unter massiven Druck, jedoch diesmal nicht von der Angebots-, sondern von der Nachfrageseite her. Es kam, wie es kommen musste: Der Zuckerpreis gab die Gewinne der 1970er- und frühen 1980er-Jahre wieder ab. Danach bewegte er sich ohne weitere »Exzesse« bis Ende 2003 in einer
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