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22,14 Millionen Tonnen Zucker wie in der vorigen Saison produzierte Indien im Erntejahr 2004/2005 nur 15,45 Millionen Tonnen. Und der Monsun wird in Indien und damit für die Weltzuckerproduktion weiter ein unkalkulierbarer Faktor bleiben.
Dies bedeutet im Umkehrschluss: Wenn Sie wissen wollen, was der Zuckerpreis macht, sollten Sie auch einen Blick auf klimatische Faktoren wie eben den Monsun in Asien werfen. Ein massiver Ernteeinbruch in Indien ist – bei ansonsten unveränderten Faktoren – preistreibend für Zucker. Die wichtigsten Zuckerproduzenten können Sie Abbildung 9 entnehmen.
Weltweite Zuckerproduktion, Verteilung nach Produzenten
Abbildung 9: Die Grafik zeigt die Entwicklung der Anteile der Produzentenländer an der Zuckerproduktion der Welt seit der Jahrtausendwende. Auf dem Vormarsch: ganz eindeutig Brasilien; Quelle: Eigene Berechnung
Diese Grafik zeigt mehrere für den Zuckermarkt wichtige Fakten:
Weltweit sind fünf Produzentenländer für gut die Hälfte der Zuckerproduktion der Welt verantwortlich. Diese fünf Zuckerriesen sind: Brasilien (21,25 Prozent der Weltproduktion, bezogen auf das Erntejahr 2011/2012), die Europäische Union (9,95 Prozent), Indien (16,82 Prozent), China (7,04 Prozent) und Thailand (6,04 Prozent). Kuba mit seinen Zuckerrohrplantagen kommt auf weniger als 1 Prozent der Weltproduktion. Die Ukraine erzielt aktuell rund 4,25 Prozent. Die USA tragen aktuell weniger als 1,5 Prozent zur Weltproduktion bei, Australien etwa 2,5 Prozent. Nennenswerte Produzenten sind noch Pakistan (2,5 Prozent) und Indonesien (1,24 Prozent). Der Rest verteilt sich auf eine Vielzahl anderer Staaten.
Der Anteil der EU an der weltweiten Zuckerproduktion ist gesunken – und er könnte weiter schrumpfen. Das liegt nicht an den klimatischen Bedingungen, denn in der EU gedeiht die Zuckerrübe prächtig. Es ist eine politische Entscheidung. Die EU ist ohnehin ein Sonderfall, was landwirtschaftliche Produkte betrifft. Die Zuckerproduktion wird hier stark subventioniert. Ende 2005 lag der von der EU gezahlte Garantiepreis für Zucker in etwa beim Dreifachen des damaligen Weltmarktpreises. 14 Der ehemalige EU-Agrarkommissar Franz Fischler erwog, bis 2013 die Exportsubventionen für Zucker ganz zu streichen, davon habe ich in jüngster Zeit aber nichts mehr gehört.
Über diese hohen Subventionen kann man streiten – völlig inakzeptabel ist aber die Tatsache, dass die EU diesen hoch subventionierten Zucker auch in Entwicklungsländer exportiert und damit dortigen Zuckerbauern das Leben schwermacht. Rudolf Bunzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst hat völlig recht, wenn er feststellt: »Wer das Recht in Anspruch nimmt, seine eigenen Bauern zu schützen, darf nicht die Weltmärkte erobern wollen.« 15 Beides zusammen ist inakzeptabel, das sieht auch die WTO (Welthandelsorganisation) so. Da ich nicht davon ausgehe, dass die EU innerhalb der nächsten Jahre die Zuckersubventionen völlig streichen wird, bedeutet dies, dass die EU ihre Zuckerexporte weiter zurückfahren muss. Dafür wird mindestens die WTO sorgen. Das wird die EU durch einen Rückgang der eigenen Zuckerproduktion erreichen wollen.
Das ist durchaus nichts Neues, denn diese Entwicklung sehen wir bereits seit Jahren. Mitte des letzten Jahrzehnts produzierte die EU noch gut 21 Millionen Tonnen Zucker. Im Erntejahr 2011/2012 waren es dann nur noch 16,74 Millionen Tonnen. Die Zuckerproduktion der EU könnte weiter sinken, die EU-Zuckerrübenbauern werden verstärkt für den eigenen Markt und nicht für den Export produzieren. Die mögliche Lösung, dass die EU nicht die Zuckerproduktion, sondern die Ethanolproduktion fördert und damit Europa unabhängiger von Erdölimporten macht, steht weniger zur Debatte.
Eindeutig auf dem Vormarsch ist Brasilien, das seinen Anteil an der weltweiten Zuckerproduktion seit Jahren ausweitet. Ganz anders als die EU hat sich Brasilien positioniert. Seit 1975 fördert der Staat die Produktion von Ethanol, das dort aus Zuckerrohr gewonnen wird. Die staatliche Brasil Alcool S.A. kontrolliert die Ethanolproduktion. Diese (und damit auch der Zuckerrohranbau) hat seit der Ölkrise der 1970er-Jahre einen sehr prominenten Platz auf der wirtschaftspolitischen Agenda Brasiliens.
In Brasilien stimmt das Umfeld für die Zuckerproduktion: Zuckerrohr kann großflächig angebaut werden, das Klima ist günstig, es gibt genügend Arbeitskräfte, die Löhne sind noch relativ niedrig. Brasiliens Anteil an der
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