Mehr Sex weniger Abwasch
Verwalter – erhalten jeweils einen Betrag von 10 Euro. Der Anleger kann nun entscheiden, wie viel von diesen 10 Euro er beim Verwalter hinterlegen möchte. Er weiß, dass die von ihm gewählte Summe verdreifacht wird, sobald er sie dem Verwalter übergibt (bei 5 Euro beispielsweise bekommt der Verwalter 15 Euro). Danach muss der Verwalter bestimmen, wie viele Euro er an den Anleger zurückgeben möchte und kalkuliert dabei ein, dass dieser Betrag nicht verdreifacht wird.
Theoretisch ist Kooperation die beste Strategie: Übergibt der Anleger dem Verwalter den vollen Betrag von 10 Euro, werden daraus in den Händen des Verwalters 30 Euro. Wenn der Verwalter dem Anleger 20 Euro zurückgibt, gewinnen beide jewe ils 2 0 Euro – und haben damit das Doppelte der Ausgangssumme.
In der Realität jedoch riskiert der Anleger eine ganze Menge, wenn er dem Verwalter 10 Euro übergibt. Was, wenn der beschließt, das Geld in die eigene Tasche zu schieben und sich mit 40 Euro davonzumachen? Welchen Anreiz hat der Verwalter, dem Anleger auch nur einen Cent zurückzugeben?
Bei der Durchführung des Experiments fanden die Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr und Bettina Rockenbach heraus, dass die Anleger im Schnitt mehr als 50 Prozent ihres Geldes (6,50 von 10 Euro) den Verwaltern überlassen, und dass die Verwalter rund 40 Prozent des verdreifachten Betrags (7,80 Euro) wieder an die Anleger zurückgeben. So hat der Verwalter am Ende die hübsche Summe von 21,80 Euro eingestrichen, der Anleger dagegen nur 11,30 Euro. Der Verwalter hat den Anleger aber auch nicht komplett leer ausgehen lassen, wie es Ökonomen der traditionellen Schule vorausgesagt hatten – getreu einer Grundannahme der Verhaltensforschung, dass der Mensch immer zur Optimierung seiner eigenen Interessen handelt.
Fehr und Rockenbach führten noch eine zweite Spielvariante durch: Hier hatte der Anleger die Möglichkeit, einen festen Betrag als Strafe festzulegen, wenn er vom Verwalter nicht den Geldbetrag zurückerhält, den er gefordert hatte. Und nun passierte etwas Eigenartiges: Drohte der Anleger dem Verwalter, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen und eine Strafe zu vollziehen, zahlte der Verwalter weniger Geld zurück als bei der ersten Spielvariante. Versprach der Anleger aber, von einer Strafe abzusehen, gab der Verwalter mehr Geld zurück.
Was hat das alles zu bedeuten? Es bedeutet, dass wir einander vertrauen müssen. Warum? Weil die Androhung von Strafe dem anderen vermittelt, dass kein Vertrauen vorhanden ist. Eindeutiges Fazit: Vertrauen wird belohnt, Drohungen werden bestraft.
Hat man hingegen die Möglichkeit zu bestrafen, macht von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch, vermittelt man seinem Partner, dass man ihm vertraut, das Richtige zu tun. Und dieses Vertrauen wird meist belohnt.
Vertrauen funktioniert nicht nur im Labor – es ist das Fundament der freien Marktwirtschaft. Sie geben Ihrer Bank Geld, weil Sie darauf vertrauen, dass die Bank es Ihnen nicht stiehlt. Sie kaufen im Internet Weingläser, weil Sie darauf vertrauen, dass sie unversehrt geliefert werden. Sie spenden an Greenpeace, weil Sie darauf vertrauen, dass Ihr Geld für Maßnahmen gegen die globale Klimaerwärmung verwendet wird und nicht, um dem Geschäftsführer den nächsten Urlaub zu finanzieren.
Nun werfen Sie einmal einen Blick von außen in Ihr heimisches Wohnzimmer. Was sehen Sie? Sie sitzen mit Ihrem Partner auf dem Sofa. Im Gegensatz zu den Probanden im Versuchslabor, die einen Tag lang zusammen an einem Experiment teilnehmen und danach wieder getrennte Wege gehen, wird dieser Partner neben Ihnen hoffentlich auch morgen und übermorgen noch da sein, und wohl auch an allen Tagen danach, bis der Tod Sie am Ende scheidet. Die Natur der Ehe, die mit tagtäglicher Nähe und mit einem ewigen Auf und Ab verbunden ist, macht Vertrauen umso wichtiger, um offen und empfänglich füreinander zu bleiben. Ohne Vertrauen werden aus kleinen Rissen schnell große Klüfte.
» Bei Paaren in Langzeitbeziehungen wirken die gleichen Kräfte wie in der Marktwirtschaft«, erläutert der Ökonom Colin Camerer, der das Thema Vertrauen erforscht. » Nur in verstärktem Maß.«
Was hat Jenny gelernt? (Es hat ihr nicht geschadet, dass sie im Zuge ihrer Recherchen zu diesem Buch Colin Camerer interviewt hat, der ihr (unwissentlich) eine Lehrstunde über verstärkte Wirkkräfte in ihrer eigenen Ehe und dem entsprechenden Umgang damit erteilte.)
Als Thorold am » Abend der nicht
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