Mein argentinischer Maerchenprinz
Jungen, der sich nach seinem Vater sehnte, fast selbst spüren. „Konntest du nicht bei ihm bleiben?“
„Kinder bleiben bei ihren Müttern. Das ist so üblich, nicht? Sie erzählte mir, wir würden in Urlaub fahren.“ In jedem Wort klangen seine Qualen mit. „Erst, als wir in Australien landeten, sagte sie mir, dass wir nicht zurückkehren würden.“
Faith fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und legte Raul eine Hand auf den Arm. „Du musst ihn sehr vermisst haben.“
„Ja, ich habe versucht auszureißen, aber natürlich war ich noch zu klein.“ Sein zynisches Lächeln sagte mehr, als Worte es vermocht hätten. „Ich war in einem fremden Land, voller Sehnsucht nach meinem Vater, nach Argentinien, nach der Estancia . Ich hasste das Leben, das meine Mutter führte, die mich im Grunde ja nicht wollte. Aber ich lernte schließlich, meine Gefühle zu verbergen.“
„Und das tust du immer noch …“
Raul verzog den Mund. „Ich glaube, ich kann gar nicht mehr anders.“ Er schwieg kurz. „Sobald ich es als Erwachsener ermöglichen konnte, kehrte ich hierher zurück; da erst erfuhr ich von dem Verkauf der Estancia .“ Mit belegter Stimme fuhr er fort: „Verkauft, damit ich nicht Not leiden musste. Das hatte sie ihm gesagt: dass ich sonst Not leiden müsste.“
Berührt von seinem Geständnis, lehnte Faith sich an ihn und legte die Arme um ihn. „Also hast du dein eigenes Geschäft gegründet. Und hast etwas Beeindruckendes erreicht.“
„Ich schwor mir, alles zurückzukaufen. Stück für Stück. Und das habe ich.“
„Auch das Land, das Pedro gehörte …“
„Ist jetzt mein Land. Das letzte Stück, das noch fehlte. Die Estancia meines Vaters ist wieder im Besitz der Familie.“ „Und dein Vater?“ Er versteifte sich. „Nach dem Verkauf arbeitete er als
Gaucho, mit den Pferden anderer Ranches. Das weiß ich, weil ich seiner Spur gefolgt bin. Er zog rastlos umher. Er starb, bevor ich meine erste Million gemacht hatte“, sagte Raul schroff, „starb, ohne zu wissen, dass ich wieder zurück war.“
Leise sagte Faith: „Du hast sein Talent, mit Pferden umzugehen, geerbt, und seine Liebe zu diesem Land.“
Durchdringend sah er sie an. „Was meine Mutter ihm angetan hat …“, sagte er heiser. „Ich schwor mir, dass keine Frau das jemals mit mir oder einem Kind von mir tun wird.“
Faith brauchte einen Moment, ehe sie antworten konnte. „Also ist es nicht so, dass du nicht willst oder kannst. Du fürchtest, zu lieben und zu verlieren. Jetzt weiß ich, weshalb du mich heiraten wolltest. Du wolltest sichergehen, alle Rechte an dem Kind zu haben.“
„Faith …“
„Ich mache dir deshalb keine Vorwürfe. Wenn ich so etwas erlebt hätte, würde es mir sicher genauso gehen. Ich wünschte, du hättest mir das gleich erzählt. Ich hätte es verstanden.“
„Du wärst mitsamt meinem Baby meilenweit weggelaufen.“ Er schwieg gequält. „Und du bist weggelaufen! Wie alle Frauen, wenn etwas schiefgeht. Genau wie meine Mutter.“
Allmählich begriff sie, weshalb ihr Verhalten diese Gefühle in ihm ausgelöst hatte. „Das stimmt natürlich“, gab sie zu. „Aber sieh es auch aus meiner Sicht. Du warst richtiggehend erleichtert, als du von der Fehlgeburt hörtest.“
„Ich war nicht darauf vorbereitet, mich überhaupt mit einer Schwangerschaft auseinanderzusetzen. Ich dachte nur, du würdest das Gleiche machen wie meine Mutter. Jetzt verstehe ich, wie sehr ich dich verletzt habe, und bereue es mehr, als du dir vorstellen kannst. Ich habe mich wie ein echter Mistkerl verhalten – aber aus reinem Selbstschutz.“
„Weil du dachtest, ich würde dir später wehtun?“
„Bei allen meinen früheren Frauen ging es mir nur um Sex“, gestand er. „Und jetzt?“ „Musst du fragen? Du raubst mir den Verstand und die Beherrschung, das weißt du, Cariño , aber bitte glaub mir, es geht mir bei dir nicht nur um Sex. Ich liebe deine Klugheit, ich liebe, dass du sagst, was du denkst, denn das macht es so einfach, dich zu verstehen.“
Faith war erstaunt. „Du magst es doch nicht, dass ich über alles reden will!“
„Das stimmt nicht“, widersprach er und küsste sie sacht auf die Lippen. „Dein Schweigen hat mich wahnsinnig gemacht, weil ich nur noch raten konnte, was in dir vorgeht.“
Mit zitternden Beinen ließ Faith sich auf die Couch sinken. „Das … überrascht mich.“ Sie atmete tief durch. „Als du mich vorhin einfach stehen gelassen hast, dachte ich, du wärst
Weitere Kostenlose Bücher