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Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Titel: Mein Auge ruht auf dir - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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letzten Besuch überreden können, dachte Lillian. Am Dienstag wollte er eigentlich zu mit kommen. Aber dann hat ihn Kathleen am Montagabend erschossen.
    O Gott, was soll ich bloß machen?
    Alvirah hatte sich bereit erklärt, sich mit ihr um eins zum Essen zu treffen. Ich mag sie sehr, dachte Lillian. Aber ich weiß jetzt schon, was sie mir sagen wird. Und ich weiß, was jetzt das Richtige wäre.
    Aber werde ich es auch tun? Vielleicht ist es noch zu früh, eine Entscheidung zu treffen. Ich bin ja noch so durcheinander, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann.
    Unruhig ging sie in ihrer Wohnung auf und ab, mach te das Bett, räumte das Bad auf, gab einige Frühstücks teller in den Geschirrspüler. Das Wohnzimmer mit seinem erdfarbenen Teppich, den dunklen Möbeln und den Bildern von antiken Stätten an den Wänden war immer Jonathans Lieblingszimmer gewesen. Sie musste an die Abende denken, an denen sie beide hier noch einen letzten Drink zu sich genommen hatten. Sie sah ihn vor sich, mit seinen langen Beinen ausgestreckt im wuchtigen Ledersessel, den sie ihm zum Geburtstag geschenkt hatte. »Da drin fühlst du dich hoffentlich so wie zu Hause, wenn du nicht zu Hause bist«, hatte sie einmal zu ihm gesagt.
    »Wie kannst du dich einfach so von mir abwenden, wenn du mich doch angeblich so sehr liebst?«, hatte sie wütend erwidert, als Jonathan ihr mitteilte, dass er die Beziehung beenden werde.
    »Eben deswegen«, hatte er geantwortet. »Weil ich dich liebe, weil ich Kathleen und weil ich Mariah liebe.«
    Alvirah hatte vorgeschlagen, sich in dem relativ neuen Restaurant zu treffen, das nur eine Straße weiter in der Central Park South lag, dann aber plötzlich ihre Meinung geändert. »Nein, nehmen wir den Russian Tea Room«, sagte sie.
    Lillian meinte den Grund zu kennen, der Alvirah dazu bewogen hatte. Das Restaurant in der Central Park South hieß Marea. Das klang viel zu sehr nach »Mariah«, vermutete sie.
    Lillian war früh am Morgen im Central Park joggen gewesen, hatte geduscht und sich danach zum Frühstück einen Morgenmantel übergestreift. Jetzt stand sie vor ihrem Schrank und entschied sich für eine weiße sommerliche Freizeithose und einen blauen Leinenblazer, eine Garderobe, die Jonathan besonders gemocht hatte.
    Wie üblich trug sie Schuhe mit hohen Absätzen. Jonathan hatte sich immer lustig gemacht. Erst einige Wochen zuvor hatte er ihr erzählt, dass Mariah sarkastisch gefragt habe, ob sie auch bei den Grabungen in hochhackigen Schuhen herumlaufe. Und ich bin aufgebraust, worauf er sich für die Bemerkung entschuldigt hat, erinnerte sich Lillian, während sie Rouge auftrug und dann ein letztes Mal ihr kurzes dunkles Haar in Form brachte.
    Aber solche Kommentare seitens Mariah haben ihm zugesetzt, dachte Lillian verbittert.
    Als sie gerade aufbrechen wollte, klingelte das Telefon. »Lily, wie wär’s, wenn ich dich abholen komme und wir zusammen essen gehen?«, war die Stimme zu hören. »Ich nehme an, es geht dir heute nicht besonders.«
    »Ja, stimmt. Aber ich habe mit Alvirah Meehan telefoniert. Sie ist von ihrer Reise zurück, und wir sind zum Essen verabredet.«
    Die nachfolgende Pause kam ihr unangenehm lang vor. »Ich hoffe doch stark, dass du gewisse Dinge für dich behältst.«
    »Das weiß ich noch nicht«, antwortete sie.
    »Dann bewahre Stillschweigen. Wirst du mir das versprechen? Wenn du redest, ist alles aus. Nimm dir die Zeit, um über alles in Ruhe nachzudenken. Du bist Jonathan nichts schuldig. Und außerdem, wenn bekannt wird, dass er mit dir Schluss gemacht hat und du im Besitz von Dingen bist, die eigentlich ihm gehören, bist du nach seiner Frau schnell die zweite Tatverdächtige. Glaub mir, der Anwalt seiner Frau könnte argumentie ren, du seist im Haus aufgetaucht, weil du wusstest, dass die Krankenpflegerin nicht da war. Jonathan hat dir die Tür geöffnet. Sie könnten behaupten, du wärst mit maskiertem Gesicht in die Wohnung eingedrungen, hättest ihn erschossen, seiner verrückten Frau die Waffe in die Hand gedrückt und wärst wieder verschwunden, um den Verdacht auf seine Frau zu lenken.«
    Lillian, die das Gespräch am Apparat im Wohnzimmer entgegengenommen hatte, sah zum Sessel, in dem Jonathan so oft gesessen und wo sie sich an ihn gekuschelt hatte. Ihr Blick schweifte zur Tür, und wieder konnte sie ihn vor sich sehen, wie er hereinkam und sagte: »Es tut mir leid, Lily, es tut mir so schrecklich leid.«
    »Das ist absolut lächerlich!«, rief sie

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