Mein Auge ruht auf dir - Thriller
vorbeigefahren. Es war sowohl innen wie außen hell beleuchtet, sodass er problemlos den Namen der Alarmanlage hatte ablesen können. Es handelte sich um ein ziemlich gutes Modell, dachte er nicht ohne Respekt. An ihr war nur schwer vorbeizukommen, zumindest galt das für die meisten in seiner Branche. Aber nicht für ihn.
Im Lauf der folgenden Woche war der Mercedes ständig zwischen Mahwah und New York hin- und hergependelt. Wally wartete auf den richtigen Augenblick. Dann verging eine Woche, ohne dass der Wagen sich bewegt hätte. Erneut fuhr Wally hinaus. Im Haus brannte in einem Zimmer im Erdgeschoss und in einem Zimmer im ersten Stock das Licht.
Wie üblich, dachte er. Die Lampen wurden über eine Zeitschaltuhr gesteuert, sodass der Eindruck erweckt wurde, jemand wäre zu Hause. Vergangenen Montagabend trat er dann in Aktion. Er stattete seinen Wagen mit gestohlenen Nummernschildern und einem elektronischen Mautpass aus, den er sich von einem der Autos im Parkhaus »geliehen« hatte, fuhr nach Mahwah und parkte eine Straße weiter, wo anscheinend ein Nachbarschaftstreffen stattfand, denn dort waren der Reihe nach sechs oder sieben Autos abgestellt. Wally fiel es nicht besonders schwer, die Alarmanlage auszu schalten, und er hatte eben den Safe leer geräumt, als er einen Schuss hörte und ans Fenster stürzte. Er bekam gerade noch mit, wie jemand aus dem Nachbarhaus gelaufen kam.
Er sah, wie die Person im Licht der Gartenlaterne den vors Gesicht geschlagenen Schal nach unten zog, sich umdrehte und auf der Straße verschwand.
Wally hatte das Gesicht deutlich erkennen können und es sich sofort eingeprägt. Vielleicht würde das noch ganz nützlich werden.
Hatte noch jemand den Schuss gehört? Hielt sich noch jemand im Haus auf, der die Polizei verständigen konnte? Er schnappte sich seine Beute, hastete aus dem Haus und vergaß trotz aller Eile nicht, den Safe zu verschließen und die Alarmanlage wieder zu aktivieren. Mit pochendem Herzen erreichte er seinen Wagen und fuhr davon. Er befand sich schon wieder in Manhattan, als ihm einfiel, dass er eine Kleinigkeit vergessen hatte: den Peilsender, der noch immer am Mercedes in der Garage angebracht war.
Würde der Sender gefunden werden? Wann würde er gefunden werden? Er war überaus vorsichtig gewesen, trotzdem hatte er möglicherweise Fingerabdrücke hinterlassen. Und seine Fingerabdrücke fanden sich in den Polizeiakten. Der Gedanke beunruhigte ihn. Wally wollte nicht mehr ins Gefängnis. Mit großem Interesse hatte er vom Mord an Professor Jonathan Lyons gelesen und den Mutmaßungen der Polizei, dass seine an Alzheimer erkrankte Frau die Mörderin gewesen sein könnte.
Ich weiß es besser, dachte Wally. Falls die Polizei den Peilsender tatsächlich auf ihn zurückführen konnte, bestand seine einzige Hoffnung darin, dass er die Täterbeschreibung gegen eine geringere Strafe oder vielleicht sogar gegen Straffreiheit eintauschen konnte.
Vielleicht hab ich aber auch richtig Glück und sie kommen noch mal zu einer tollen Party nach New York und stellen ihren Wagen wieder in meinem Parkhaus ab.
Trotz seiner Bedenken war ihm klar, dass es viel zu gefährlich wäre, sich in die Garage in Mahwah zu schlei chen und den Sender vom Mercedes zu entfernen.
20
I n der ersten Viertelstunde auf ihrer Rückfahrt nach New York sprach weder Simon Benet noch Rita Rodriguez ein Wort. Beide hingen ihren Gedanken nach.
Als sie den West Side Highway erreichten, schweifte Ritas Blick zu den Booten auf dem Hudson. Unweigerlich musste sie daran denken, wie sie sich – nur wenige Wochen vor dem Anschlag auf das World Trade Center – nach der Arbeit mit ihrem Mann Carlos unten am Hafen in einem Café getroffen hatte. Sie hatten damals Cocktails getrunken und zu Abend gegessen, dabei den warmen Spätnachmittag genossen und die eleganten, vor Anker gelegenen Schiffe bewundert und sich wieder einmal gegenseitig bestätigt, dass New York eben doch eine ganz besondere Stadt war.
Carlos hatte im World Trade Center gearbeitet, dann war das Unglück über sie hereingebrochen. Genau an einem solchen Spätsommertag wie heute, erinnerte sie sich, waren sie hier gewesen. Niemand hatte diese Katastrophe vorhersehen können, ging ihr wieder einmal durch den Kopf.
Ich habe mir nie vorstellen können, ihn eines Tages zu verlieren, dachte sie. Niemals.
Aber wer hätte vor einer Woche vorhersehen können, dass Professor Jonathan Lyons einem Mord zum Opfer fallen könnte? Am Montag,
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