Mein Auge ruht auf dir - Thriller
Hause gekom men … Es sei denn, er hat gewusst, dass ich schon am Sonntagmorgen zu Besuch komme.«
»Wäre es trotzdem möglich«, fragte Alvirah, die ihre Aufregung nur noch schwer verbergen konnte, »dass die beiden in diesen fünf Tagen wirklich keinen Kontakt mehr miteinander hatten? Was könnte dann also zwischen ihnen vorgefallen sein? Mariah, wir hatten bislang wenig Zeit, uns zu unterhalten, aber Sie haben angedeutet, dass Ihr Vater im Besitz eines wertvollen Pergaments war, von dem jetzt keiner weiß, wo es sich befindet. Ich frage mich, ob er dieses Dokument Lillian gegeben hat. Sind sie möglicherweise darüber in Streit geraten? Hat er deswegen sterben müssen? Und ist Kathleen jetzt das zweite Opfer geworden, weil jemand den Verdacht auf sie lenken möchte?«
»Falls mein Vater wirklich fünf Tage lang keinen Kontakt zu Lillian gehabt hat, wäre das sehr ungewöhnlich und hätte sicherlich etwas zu bedeuten«, erwiderte Mariah leise. »Pater Aiden hat mir bei der Beerdigung erzählt, Dad habe ihn am Mittwochnachmittag besucht und sei von der Echtheit des Pergaments überzeugt gewesen. Allerdings war er besorgt, weil einer der Experten, denen er den Brief zur Begutachtung vorgelegt hat, nur am finanziellen Wert interessiert gewesen sei. Angeblich wollte dieser Experte das Pergament auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Dad jedenfalls hatte fest vor, es der Vatikanischen Bibliothek zurückzugeben.«
»Wissen Sie zufällig, ob Ihr Vater an dem Tag bei Pater Aiden auch zur Beichte gegangen ist?«, fragte Alvirah.
»Pater Aiden hat davon nichts erzählt. Aber das würde er so oder so nicht tun, weil er damit das Beichtgeheimnis verletzen würde.«
»Ich bin nicht katholisch«, warf Lloyd Scott ein, »aber wenn Ihr Vater zur Beichte gegangen ist, dann hat er doch um Vergebung ersucht für Dinge, die er für falsch gehalten hat, oder?«
»Ja«, antwortete Alvirah sehr entschieden. »Und gehen wir gleich noch einen Schritt weiter. Wenn Jonathan bei der Beichte war, muss er sich dazu durchgerungen haben, mit Lillian Schluss zu machen. Nehmen wir also an, dass es so war. Und nehmen wir weiterhin an, dass er ihr das an diesem Mittwochabend mitgeteilt hat – an dem sie laut eigener Aussage zum letzten Mal mit ihm gesprochen hat.«
»Die Polizei hat heute Kartons mit Papieren aus seinem Büro mitgenommen«, sagte Mariah. »In einigen davon lagen die von ihm übersetzten Schriften, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er einen so wertvollen Fund wie dieses Pergament dort unterbringen würde. Ich würde sogar sagen, er hat es noch nicht einmal im Haus aufbewahrt, weil er wusste, dass meine Mutter manchmal in seinem Arbeitszimmer herumstöberte. Das wissen wir, weil sie ja auch auf die Fotos von ihm und Lillian gestoßen ist.«
»Mir erscheint es logisch«, sagte Lloyd, »dass er das Pergament Lillian anvertraut hat. Sie haben sich sehr nahegestanden. Sie hätte es in ihrer Wohnung oder an einem anderen sicheren Ort aufbewahren können. Die nächstliegende Vermutung lautet also: Jonathan wollte am Mittwochabend das Pergament zurückhaben – vorausgesetzt, sie hatte es mittlerweile nicht woanders hingebracht. In diesem Fall hätten sie sich aber an einem der folgenden Tage irgendwo treffen müssen. Es könnte also sein, dass sie es ihm wirklich gegeben und es sich am Abend seines Todes tatsächlich in seinem Arbeitszimmer befunden hat.«
»Ich sage es noch einmal. Als Lillian mich angerufen hat, klang sie, als wollte sie etwas loswerden«, erwiderte Alvirah. »Sie hält also etwas zurück, und das hat möglicherweise mit dem Pergament und vielleicht auch mit Jonathans Tod zu tun.«
»Ich würde sagen, wir sollten uns umgehend um die Aufzeichnungen von Jonathans Telefonaten kümmern«, sagte Lloyd. »Wenn er sie angerufen hat, ob über Festnetz oder auf seinem Handy, dann wissen wir, ob Lillian wirklich die Wahrheit sagt.«
»Ich bezweifle es«, sagte Mariah. »Ich habe ihn einmal mit einem Handy ertappt, das nicht sein übliches war. Ich habe das Gefühl, er wollte unter allen Umständen vermeiden, dass seine Telefonate mit Lillian auf den normalen Telefonrechnungen auftauchen. Wahrscheinlich hat er befürchtet, ich könnte sie zu sehen bekommen.«
»Ach, das kenne ich zur Genüge«, sagte Alvirah. »Wer seine Telefonate geheim halten will, besorgt sich einfach ein Prepaid-Handy und lädt das Guthaben wieder auf, wenn alles vertelefoniert ist.«
»Meiner Meinung nach ist es durchaus möglich, dass
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