Mein Auge ruht auf dir - Thriller
immer ein wenig so, als würde man ihn grundlos behelligen, dachte sie. Sie hatte ihm nie ganz verziehen, dass er sich auf das Täuschungsmanöver eingelassen und so getan hatte, als wären er und Lillian ein Paar, was es ihrem Vater ermöglichte, sich unverfänglich mit Lillian zu treffen.
Auch er sagte, dass er sehr gern zum Essen komme, und fragte anschließend genau wie Albert nach dem Pergament.
Sie wiederholte, was sie schon Albert gesagt hatte, fügte aber noch hinzu: »Wenn mein Vater dieses Pergament wirklich für den Vatikanischen Brief gehalten hat, dann hätte er ihn dir doch auf jeden Fall gezeigt. Keiner ist auf diesem Gebiet versierter als du. Hast du ihn gesehen?«
»Nein«, kam es von Michaelson entschieden. »Er hat mir eine Woche vor seinem Tod davon erzählt und versprochen, ihn mir zu zeigen. Aber dazu ist es leider nicht mehr gekommen. Mariah, hast du den Brief oder weißt du, wo er sich befindet?«
»Die Antwort auf beide Fragen lautet: nein.« Und warum glaube ich dir nicht?, fragte sie sich, nachdem sie aufgelegt hatte. Ich hätte wetten können, dass du der Erste gewesen wärst, dem Dad den Brief gezeigt hätte. Sie runzelte die Stirn und versuchte sich daran zu erinnern, warum ihr Vater vor einigen Jahren einmal erwähnt hatte, er sei von Charles sehr enttäuscht gewesen. Worum war es damals bloß gegangen?, überlegte sie.
Als Letztes rief sie Richard Callahan an. »Mariah, natürlich habe ich an dich denken müssen. Man kann sich wahrscheinlich kaum vorstellen, was du und deine Mutter jetzt durchmacht. Hast du sie schon besuchen können?«
»Nein, Richard, noch nicht. Erst wird das Gutachten erstellt. Ich bete zu Gott, dass sie am Freitag nach Hause darf.«
»Das hoffe ich auch, Mariah, das hoffe ich auch.«
»Richard, alles in Ordnung? Du klingst so niedergeschlagen, so besorgt.«
»Du hast eine sehr feine Wahrnehmung. Mein Dad hat gestern Abend das Gleiche zu mir gesagt. Ich habe viel nachgedacht und eine Entscheidung getroffen, die ich schon viel zu lange aufgeschoben habe. Wir sehen uns morgen.« Dann sagte er noch leise: »Ich freue mich sehr darauf, dich zu sehen.«
Richard hat sich dazu entschlossen, wieder ins Priesterseminar der Jesuiten einzutreten, dachte Mariah und fragte sich, warum sie darüber so bestürzt war. Er ist immer eine Bereicherung, wenn er mit am Tisch sitzt. Aber wenn er erst mal wieder im Orden ist, werden wir ihn wohl leider kaum mehr zu sehen kriegen.
Um neunzehn Uhr zog sie sich um, wählte einen langen blauen Rock, dazu eine weiße Seidenbluse, frischte das Make-up auf, bürstete die Haare und ging dann hinüber zu den Scotts. Lisa kam an die Tür. Wie immer sah sie fantastisch aus, trug eine farbenfrohe Designerbluse, eine Freizeithose mit silbernem Gürtel und silberne Schuhe mit zehn Zentimeter hohen Absätzen.
Lloyd telefonierte gerade. Er winkte Mariah zu, als sie Lisa ins Wohnzimmer folgte, wo auf einem Beistelltisch Käse und Cracker hergerichtet waren. Lisa schenkte ihnen beiden Wein ein. »Ich glaube, er telefoniert mit der Polizei«, vertraute Lisa Mariah an. »Es geht um den Einbruch. Mein Gott, wäre es nicht toll, wenn ich meinen Schmuck zurückbekommen würde? Vor allem meine Smaragde vermisse ich ganz schrecklich. Ich könnte mich in den Hintern treten, dass ich sie nicht auf die Reise mitgenommen habe.«
Kurz darauf kam Lloyd zu ihnen. »Ich habe ein sehr interessantes Telefonat geführt«, sagte er. »Die New Yorker Polizei ruft nämlich potenzielle Kunden eines Parkhauses in der West 52nd Street neben dem Franklin Hotel an. Unsere Namen stehen auf der Liste des Wohltätigkeitsballs, an dem wir vor zwei Monaten teilgenommen haben. Und jetzt hat einer der Parkwächter gesehen, dass einer seiner Kollegen am Wagen eines Kunden einen GPS -Sender angebracht hat. Der Kunde wohnt in Riverdale. Die Polizei hat daraufhin seinen Wagen untersucht, den Peilsender gefunden und ihn gebeten, mit seiner Frau für ein paar Tage in die Hamptons zu fahren. Die Vorgehensweise des Gauners ist nämlich immer die Gleiche: Mithilfe des GPS -Senders kann er die Wagen überwachen, und stellt er fest, dass sie für längere Zeit nicht mehr bewegt werden oder sich an einem anderen Ort befinden, sieht er sich das Haus an, um festzustellen, ob noch jemand da ist. Die Polizei in Riverdale hat also das Haus observiert, und schon nach drei Tagen hat der Typ versucht, dort einzubrechen. Ich bin gebeten worden, nachzusehen, ob an unserem Wagen ebenfalls ein
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