Mein Auge ruht auf dir - Thriller
gestanden«, sagte Pater Aiden. »Auf mich hat sie einen sehr fürsorglichen Eindruck gemacht.«
»Vielleicht hat sie die Verabredung einfach vergessen und ist verreist«, schlug Willy vor. »Mariah hat den Detectives doch erzählt, dass sie sie für die ganze Woche bezahlt hat und Kathleen frühestens am Freitag nach Hause kommen wird. Rory wäre nicht die Erste, die eine Verabredung zum Essen vergisst. Vielleicht wollte sie ein paar Tage Urlaub machen. Ich wette, am Freitag taucht sie wieder auf.«
»Ich glaube, so einfach ist es nicht«, widersprach ihm Alvirah. »Gut, vielleicht ist sie weggefahren, aber warum geht sie nicht ans Handy?«
Die nächste Viertelstunde schwiegen sie, bis sie die Mautstelle an der George-Washington-Brücke erreichten, über die es nach Manhattan ging. Dann fragte Willy: »Meine Liebe, meinst du, es wäre besser gewe sen, wenn du gleich an Ort und Stelle den Detec tives die Aufnahme von Lillians Nachricht vorgespielt hättest?«
»Ich habe kurz überlegt, aber mir kam es noch verfrüht vor«, erwiderte sie. »Richard könnte sagen, es gehe um den Verkauf von Lillians Auto, und sie hätten über die Höhe des Betrags bloß Witze gerissen. Ich werde Lillian morgen einen weiteren Besuch abstatten müssen. Ich werde sie überraschen und ihr die Aufzeichnung vorspielen. Wir haben doch alle gehört, wie nervös und verängstigt sie klingt. Und jemand, der sich so fühlt, braucht eine gute Freundin, die ihr hilft, die Dinge wieder klarer zu sehen. Und diese gute Freundin werde ich sein.«
Albert West und Charles Michaelson waren auf dem Weg zum Haus der Lyons’ in Streit geraten. Auf Alberts Aussage, er gehe davon aus, dass er, Charles, das Pergament gesehen und es vielleicht sogar in seinem Besitz habe, hatte Charles mit einer schneidenden Bemerkung reagiert.
»Du hast mir vor Jahren einmal aus der Patsche geholfen, aber das gibt dir noch lange nicht das Recht, mich in dem Fall der Lüge zu bezichtigen«, hatte Charles aufgebracht geantwortet. »Ich habe es so oft gesagt und wiederhole es noch einmal: Jonathan wollte es mir zeigen, aber dann ist er umgebracht worden. Ich habe keine Ahnung, wo das Pergament steckt. Ich vermute, er hat es Lillian zur Aufbewahrung gegeben, damit es nicht seiner verwirrten Frau in die Hände fällt. Muss ich dich daran erinnern, was sie mit seinen Fotos angestellt hat? Und wenn wir schon dabei sind, Albert, wie steht es mit dir ? Woher soll ich wissen, dass du nicht sehr viel mehr weißt, als du zugibst? Du hast in den letzten Jahren ein hübsches Sümmchen mit dem Verkauf von Antiquitäten verdient. Du weißt sicherlich, wie man auf dem Schwarzmarkt Kontakt zu möglichen Käufern herstellt.«
»Du weißt ganz genau, Charles, dass ich ausschließlich für Inneneinrichter arbeite und nur Antiquitäten kaufe, die ganz offiziell angeboten werden«, blaffte Albert. »Ich habe nie mit alten Schriften gehandelt.«
»Es gibt immer ein erstes Mal, wenn das große Geld winkt«, gab Charles zurück. »Du lebst von deinem Professorengehalt, du gehst bald in den Ruhestand und musst dann mit deiner Professorenpension auskommen. Mit Reisen um die ganze Welt hat es sich dann.«
»Das Gleiche gilt für dich, Charles, aber im Gegensatz zu dir habe ich bislang nicht einen Cent dadurch verdient, dass ich einen Sammler übers Ohr gehauen habe.«
Das Gespräch hatte geendet, als sie Mariahs Haus erreichten.
Auf dem Rückweg nach Manhattan kam es abermals zu Spannungen zwischen ihnen. Beide waren gebeten worden, am nächsten Tag im Büro der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und eine Aussage abzugeben.
Beide wussten, dass die Polizei unweigerlich ihre Handy-Gesprächsaufzeichnungen auswerten würde. Trotz Kathleens Verhaftung ermittelten die Detectives weiterhin in der Sache und untersuchten die Umstände von Jonathans Tod, des vermissten Pergaments und nun auch noch der vermissten Krankenpflegerin.
Aus Gregs Wohnung im Time Warner Center hatte man einen Blick auf den südlichen Teil des Central Park. Als er nach dem Essen wieder zu Hause war, stand er lange vor dem Fenster und beobachtete die spätabendlichen Spaziergänger auf den Wegen am Rand der Grünfläche. Ein weiteres Mal ging er die Ereignisse des Abends Schritt für Schritt durch.
Konnte er wirklich noch zu hoffen wagen, dass Mariah seine Gefühle erwiderte? Er hatte gespürt, wie sie auf seine überschwängliche Umarmung reagiert, sich dann aber zurückgezogen hatte. Wenn er sie für sich gewinnen wollte,
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