Mein Auge ruht auf dir - Thriller
Dokuments interessiert war. Ich glaube keine Sekunde lang, dass die vier, die gestern Abend im Haus waren, darüber nicht mehr wissen. Ich kann es kaum erwarten, sie am Nachmittag zu befragen.«
»Und wir sollten uns um einen richterlichen Beschluss für die Gesprächsaufzeichnungen ihrer Telefonate im letzten Monat bemühen«, sagte Rita. »Lillian Stewarts Gedächtnisverlust hinsichtlich der Nummern der beiden Prepaid-Handys bedeutet, dass wir dazu leider nichts erfahren werden. Aber, Simon, wir sollten noch eine Möglichkeit in Betracht ziehen. Falls nämlich Rory Steiger von jemandem dafür bezahlt wurde, das Pergament zu stehlen und bei ihrem Auftraggeber abzuliefern, dann hat sie mittlerweile nicht nur ihre Schuldigkeit getan, sondern stellt jetzt für denjenigen sogar eine Bedrohung dar. Vielleicht hat ihr Auftraggeber sie also einfach verschwinden lassen. Ihre Wohnung war noch voll mit persönlichen Gegenständen, die sie leicht hätte einpacken können, wenn sie wirklich hätte verschwinden wollen. Und außerdem steht ihr Wagen noch in der Garage.«
Aufgeregt fuhr Rita fort: »Und ihre Freundin, diese Rose Newton, hat gesagt, sie sei von ihr eingeladen worden, weil es etwas zu feiern gebe, aber was, damit hat Steiger nicht herausgerückt. Sie wollte sie überraschen, so Ms. Newton. Vielleicht hat Steiger feiern wollen, dass sie für den Diebstahl des Pergaments ausbezahlt wurde. Was sie ihrer Freundin natürlich niemals verraten hätte. Wahrscheinlich hätte sie ihr weismachen wollen, sie hätte irgendwo für viel Geld eine neue Stelle angeboten bekommen. Mein Gefühl sagt mir, Rose Newton hat nicht gelogen, als sie sagte, sie wisse nicht, warum Rory Steiger sich mit ihr treffen wollte.«
»Wer weiß? Vielleicht ist unserer lieben Ms. Steiger auch nur klar geworden, dass sie in Gefahr schwebt, daraufhin hat sie die Nerven verloren und ist abgehauen.« Simon trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. »Ich glaube noch lange nicht an Kathleen Lyons’ Unschuld. Beim Abendessen wütet sie gegen ihren Mann und dessen Geliebte, und ein paar Stunden später ist er tot. Und vergiss nicht, Kathleen Lyons weiß mit einer Schusswaffe umzugehen. Trotz dem denke ich, dass wir uns mit Staatsanwalt Jones tref fen und ihn über das alles in Kenntnis setzen sollten.«
Rita Rodriguez nickte. Auf keinen Fall wollte sie sich ihre Freude darüber anmerken lassen, dass Simon nicht mehr auf seiner ursprünglichen Meinung beharrte und Kathleen Lyons für die Mörderin ihres Mannes hielt.
38
A m Mittwochabend saß der Stellvertretende Generalstaatsanwalt Peter Jones in seinem Büro und versuchte die Informationen zu verarbeiten, die er soeben von Benet und Rodriguez erhalten hatte. Ihm war klar, dass Rita mittlerweile von einer fälschlichen Verhaftung ausging. Und ebenso klar war ihm, dass Simon keineswegs mehr davon überzeugt war, mit Kathleen Lyons tatsächlich die Mörderin gefasst zu haben.
Jones, sechsundvierzig Jahre alt, groß und auf seine schroffe Art nicht unattraktiv, arbeitete seit zwanzig Jahren für die Staatsanwaltschaft und hoffte, in fünf Monaten, wenn sein Chef in den Ruhestand ging, die Leitung übernehmen zu können. Ihm eilte der Ruf eines aggressiven, aber gerechten Prozessanwalts voraus, sodass er sich berechtigte Hoffnungen auf die Stelle machen durfte. Im Moment aber war ihm das alles schlichtweg zu viel. Nicht zuletzt musste er an seine eigene, zweiundsiebzigjährige Mutter denken, die eben falls erste Anzeichen von Demenz zeigte. Bei dem Gedanken, sie könnte für ein überhaupt nicht von ihr begangenes Verbrechen in Handschellen abgeführt werden, wurde ihm mulmig. Vor seinem geistigen Auge sah er wieder die verwirrte Kathleen Lyons, die völlig verängstigt vor dem Richter stand.
Wenn uns hier ein Schnitzer unterläuft, wird es im Blätterwald nur so rauschen, dachte er. Ihm wurde heiß. Die Zeitungen werden sich kaum mehr einkriegen. Schon gestern war das mitleiderregende Foto von ihr auf allen Titelseiten zu sehen. Dann kann ich mir den neuen Posten abschminken. Dabei bin ich doch sämtliche Indizien akribisch durchgegangen, redete er sich ein, und glaube nach wie vor, dass sie die Täterin ist. Um Gottes willen, sie ist doch im Wandschrank gefunden worden, sie hatte die Tatwaffe in der Hand und war über und über mit seinem Blut beschmiert!
Nachdem sich jetzt allerdings herausgestellt hatte, dass die verschwundene Krankenpflegerin vorbestraft war, lag eine völlig
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