Mein Auge ruht auf dir - Thriller
aus.
»Ja. Dort ist alles in tadellosem Zustand. Ich muss sagen, Lillian ist ein sehr ordentlicher Mensch. Aber dann sehe ich auf dem Beistelltisch im Wohnzimmer ihr Handy liegen, ich meine das Gerät, dessen Nummer sie mir gegeben hat. Ist das zu glauben?«
Es war, wie Benet wusste, eine rein rhetorische Frage.
»Natürlich habe ich es kurz eingeschaltet, um die Nummer zu überprüfen. Ja, sie ist mir bekannt vorge kommen. Und dann habe ich noch nachgesehen, ob im Kalender für heute irgendwelche Termine eingetra gen sind.«
Benet drückte einen Knopf an seinem Telefon. »Mrs. Meehan, ich meine, Alvirah, meine Kollegin, Detective Rodriguez, ist ebenfalls anwesend. Wenn Sie nichts dagegen habe, lasse ich sie mithören.«
»Eine gute Idee. Sie ist eine kluge junge Frau. Wie auch immer, in Lillians Kalender ist für heute acht Uhr eine Sitzung mit Kollegen ihrer Fakultät an der Columbia University eingetragen. Ich habe dort schon mal angerufen. Sie ist nicht erschienen und hat auch nicht abgesagt. Außerdem hat sie um elf einen Termin bei ihrem Friseur im Bergdorf Goodman. Mal sehen, ob sie den einhält.«
»Einen Moment, Alvirah«, unterbrach Rita. »Gestern haben Sie uns gesagt, als Ms. Stewart gestern aus der Bank gekommen ist, habe sie mit ihrem Handy telefoniert, oder?«
»Das habe ich Ihnen gesagt, und das hat sie auch getan. Es war jedenfalls nicht das Handy, das auf dem Beistelltisch in ihrer Wohnung liegt. Sie muss also mehrere besitzen.«
Die Detectives warteten. Alvirah zögerte, bevor sie mit fester Stimme fortfuhr: »Wollen Sie meine Meinung hören? Lillian Stewart ist ebenso verschwunden wie Rory Steiger. Und wollen Sie wissen, was ich mir noch denke? Es ist traurig, wenn ich es sagen muss, aber als sie sich darauf eingelassen hat, Richard Callahan das Pergament zu verkaufen, hat sie sich wahrscheinlich in tödliche Gefahr begeben.«
»Da mögen Sie recht haben«, erwiderte Benet leise.
»Gut. Das ist im Moment alles. Ich werde um elf im Schönheitssalon von Bergdorf sein und Sie von dort aus anrufen.« Es klickte. Sie hatte aufgelegt.
Die beiden Detectives sahen sich an. Bevor einer von ihnen etwas sagen konnte, klingelte es erneut.
Benet meldete sich.
»Detective Benet, hier ist Richard Callahan.«
»Wo stecken Sie, Mr. Callahan?«, kam es barsch von Benet.
»Ich stehe mit meinem Wagen vor Ihrem Gebäude und möchte mich dafür entschuldigen, dass ich gestern den Termin mit Ihnen versäumt habe. Wären Sie jetzt nicht zu erreichen gewesen, hätte ich gefragt, ob ich mit jemand anderem aus dem Büro der Staatsanwaltschaft reden könnte.«
»Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Benet. »Detective Rodriguez und ich sind hier. Unser Büro liegt im zweiten Stock. Wir erwarten Sie.«
57
V erschwommene Bilder schwirrten Kathleen durch den Kopf. Überall waren Menschen, und alle redeten auf sie ein.
Rory war wütend. »Kathleen, warum stehen Sie am Fenster? Warum sind Sie nicht im Bett?«
»Die Waffe wird schmutzig …«
»Kathleen, Sie träumen. Gehen Sie jetzt ins Bett!«
Auch Jonathan war da, er umarmte sie. »Kathleen, es ist alles in Ordnung. Ich bin ja da.«
Der Lärm.
Der Mann, der zu ihr hinaufsah.
Die Tür, die geschlossen wurde.
Das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren.
Wo ist sie?
Kathleen begann zu weinen. »Ich will …«, stöhnte sie. Wie hieß das noch? Da, wo das Mädchen ist. » … nach Hause«, flüsterte sie. »Ich will nach Hause.«
Dann kam der Mann mit dem verhüllten Gesicht zurück. Er schwebte durchs Zimmer zu ihr und dem Mädchen mit den schwarzen Haaren.
Mariah.
Jetzt richtete er die Waffe auf sie beide.
Kathleen setzte sich im Bett auf und griff nach dem Wasserglas auf dem Tisch. Sie hielt es dem Mann hin und versuchte den Abzug zu betätigen, konnte ihn aber nicht finden.
Sie warf mit dem Glas nach ihm.
»Aufhören!«, kreischte sie. »Aufhören!«
58
D er Stellvertretende Generalstaatsanwalt Peter Jones saß in seinem Büro, nicht weit von dem Raum entfernt, in dem gerade Richard Callahan von Simon Benet und Rita Rodriguez befragt wurde. Nachdem er mit ihnen über den Anruf von Wally Grubers Verteidiger Joshua Schultz gesprochen hatte, war er zu seinem Vorgesetzten gegangen, Generalstaatsanwalt Sylvan Berger, um ihn über die neuesten Entwicklungen in dem Fall zu unterrichten. Berger hatte dafür plädiert, Schultz zurückzurufen. »Sagen Sie ihm, er soll uns die gestohlenen Autokennzeichen und den Mautpass übergeben, und wenn alles so
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