Mein Auge ruht auf dir - Thriller
Ankauf von gestohlenem Schmuck bot Billy den Typen daher ein Möbelstück an, als eine Art »Bonus«, wie er es nannte.
»Such dir was aus, von dem du glaubst, es könnte deine Wohnung verschönern«, sagte er dann immer etwas großspurig.
Ihre Vorschläge, was er ihrer Meinung nach mit seinem Gerümpel anstellen sollte, ließen ihn regelmäßig in schallendes Gelächter ausbrechen.
Jetzt aber war ihm das Lachen vergangen. Der Schmuck, den er in Rio verkaufen wollte, lag versteckt unter den Bodendielen im Hinterzimmer. Es war zwei Uhr. Ich mach den Laden zu, schnapp mir den Schmuck und fahre sofort zum Flughafen, dachte er. Ich hab mei nen Pass und eine Menge Bares, ich kann sofort aufbrechen. Und wenn ich eine Weile in Rio bleibe, na und?
So schnell wie möglich humpelte er nach hinten und zuckte vor Schmerzen in seinem chronisch geschwollenen Knöchel zusammen – Folge eines Sprungs aus einem Fenster im ersten Stock, als ihn die Polizei abholen wollte, nachdem er mit seinen damals sechzehn Jahren ein Auto geknackt hatte.
Er holte seinen für solche Notfälle immer gepackten Koffer aus dem Schrank, kniete sich hin, rollte den Läufer zusammen und hob die Dielen über dem im Boden verborgenen Safe an. Er gab die Kombination ein, öff nete den Safe und zog den Stoffbeutel mit dem Schmuck heraus. Schnell schloss er den Safe und legte die Bretter und den Läufer darüber.
Er richtete sich auf, nahm den Koffer, warf sich den Stoffbeutel über die Schulter und schaltete im Hinterzimmer das Licht aus.
Er hatte den Ausstellungsraum schon halb durchquert, als am Eingang mehrere Male resolut geklingelt wurde. Ihm drehte sich der Magen um. Durch das Gitter an der Glastür konnte er mehrere Männer erkennen, einer von ihnen hielt einen Ausweis hoch.
»Polizei!«, rief eine Stimme. »Wir haben einen Durch suchungsbeschluss. Öffnen Sie sofort die Tür.«
Seufzend ließ Billy den Koffer und den Beutel zu Boden fallen. Vor sich sah er Wallys rundes Gesicht und dessen falsches breites Grinsen. Wer weiß?, fragte sich Billy und fand sich damit ab, erneut auf Kosten des Staates New York Logis zu beziehen. Vielleicht landen wir beide ja wieder in derselben Zelle.
65
U m Viertel nach drei wurde Peter Jones von Richter Kenneth Browns Referendarin angerufen. »Sir«, begrüßte ihn die junge Frau sehr respektvoll, »wir wollten Ihnen nur mitteilen, das psychiatrische Gutachten über Kathleen Lyons ist eingetroffen, Sie können es jetzt abholen, falls Sie es wünschen.«
Am meisten wünsche ich mir, dass der Kathleen-Lyons-Fall sich einfach in nichts auflöst, dachte er gequält. »Ich danke Ihnen«, erwiderte er. »Ich komme sofort.«
Während er auf den Aufzug in den dritten Stock wartete, musste er an den Beginn seiner juristischen Laufbahn als Referendar bei einem Strafrichter denken. Richter Brown hat den gleichen Gerichtssaal wie mein Richter damals, dachte er. Mom wusste, wie sehr ich die Stelle wollte, und dann, als ich sie hatte, freute sie sich so sehr, dass man hätte meinen können, ich wäre zum Präsidenten des Obersten Gerichtshofs ernannt worden.
Am Ende des einjährigen Referendariats war er als Stellvertretender Staatsanwalt übernommen worden. Das war nun neunzehn Jahre her. Seitdem hatte er in verschiedenen Abteilungen gearbeitet, unter anderen in der für Kapitalverbrechen, bevor er fünf Jahre zuvor zum Stellvertretenden Generalstaatsanwalt ernannt worden war.
Than von Glamis, Than von Cawdor und dann König von Schottland , ging ihm einer seiner Lieblingsverse von Shakespeare durch den Kopf. Ich wähnte mich auf dem richtigen Weg. Bis jetzt.
Mit einem Schulterzucken fuhr er die zwei Stockwerke hinauf, stieg aus und trat ins Büro. Er wusste, dass Richter Brown im Moment zu Gericht saß. Er begrüßte die Sekretärin, bog um die Ecke und steuerte den Schreibtisch der Referendarin an.
Sie war eine kleine, äußerst attraktive junge Frau, die man leicht für eine Erstsemester-Studentin hätte halten können. »Hallo, Mr. Jones«, begrüßte sie ihn und reichte ihm das zehnseitige Gutachten.
»Hat der Richter schon Zeit gefunden, einen Blick darauf zu werfen?«, fragte Jones.
»Das weiß ich nicht, Sir.«
Gute Antwort, dachte Jones. Sag nie etwas, was sich gegen dich richten könnte. Drei Minuten später, wieder in seinem Büro, schloss er hinter sich die Tür und teilte seiner Sekretärin mit: »Ich bin für niemanden zu sprechen. Ich muss mich konzentrieren.«
»In Ordnung, Peter.« Gladys
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