Mein Auge ruht auf dir - Thriller
auf dem Phantombild erkennt, wird die betreffende Person keine zwei Minuten darauf zu einer erneuten Befragung vorgeladen werden. Ich denke mir also: Wenn Jonathans Mörder jetzt die Fernsehnachrichten sieht, wird er eine Heidenangst vor dem Phantombild haben, das angefertigt werden soll. Wird seine Angst so groß sein, dass er flieht? Oder wird er versuchen, sich herauszureden? Was würdest du tun?«
Willy stand auf. »An seiner Stelle würde ich mir darüber beim Essen Gedanken machen. Gehen wir, meine Liebe.«
»Gut, du sollst dein Essen und später deinen Schlaf haben«, sagte Alvirah. »Denn eines kann ich dir schon jetzt sagen: Morgen wird ein sehr anstrengender Tag werden.«
72
G reg wartete bereits auf Mariah, als sie in die Einfahrt einbog. Er sprang aus seinem Wagen und öffnete ihr die Autotür, umarmte sie und gab ihr einen zögerlichen Kuss auf die Wange. »Du siehst so schön aus«, sagte er.
Sie lachte. »Woher willst du das wissen? Es ist so finster, man sieht doch kaum etwas.«
»Die Außenbeleuchtung ist sehr hell. Und selbst wenn, auch in pechschwarzer Finsternis würde ich wissen, dass du schön bist.«
Greg ist so schüchtern, dachte Mariah. Und so ernst, trotzdem klingen solche Komplimente immer irgendwie steif, als wären sie eingeübt.
Und keineswegs so spontan und so amüsant wie bei Richard, wie ihr eine leise Stimme einflüsterte.
»Willst du noch kurz ins Haus?«, fragte er.
Nach dem Besuch bei ihrer Mutter hatte sie auf dem Krankenhausparkplatz in ihrem Wagen gesessen und hemmungslos geschluchzt, sodass sie nachher die verschmierte Mascara wieder hatte wegtupfen müssen. »Nein, schon in Ordnung«, sagte sie.
Sie stieg in seinen Wagen und versank im weichen Leder des Beifahrersitzes. »Oh«, entfuhr es ihr, »das fühlt sich aber wesentlich luxuriöser an als in meinem Wagen.«
»Dann soll er dir gehören«, antwortete er, während er den Motor anließ. »Wir tauschen einfach den Wagen, wenn wir vom Essen zurückkommen.«
»Oh, Greg«, protestierte sie.
»Ich meine es ernst.« Er klang auch so. Und dann, als spürte er, wie unwohl sie sich dabei fühlte, sagte er: »Tut mir leid. Ich habe dir versprochen, dich nicht zu bedrängen. Wie war es bei Kathleen?«
Er hatte einen Tisch im Savini reserviert, einem Restaurant im zehn Minuten entfernten Allendale. Auf dem Weg dorthin erzählte sie also jetzt von ihrer Mutter. »Greg, sie hat mich heute noch nicht einmal mehr erkannt«, sagte sie. »Es hat mir das Herz gebrochen. Es wird immer schlimmer mit ihr. Ich weiß einfach nicht, wie es weitergehen soll, wenn sie wieder nach Hause darf.«
»Du weißt noch gar nicht, ob sie überhaupt nach Hause darf, Mariah. Ich habe die Nachrichten gesehen, dort war von einem sogenannten Zeugen die Rede. Der Typ ist vorbestraft und will doch bloß etwas für sich herausschlagen. Wahrscheinlich blufft er nur, wenn er sagt, dass er nach der Ermordung deines Vaters jemanden aus dem Haus hat laufen sehen.«
»Das wurde in den Nachrichten gebracht?«, rief Mariah aus. »Und mir hat man eingeschärft, nichts davon zu erzählen. Deshalb habe ich bei unserem Telefonat vorhin auch nicht mehr gesagt – ich sollte doch noch alles für mich behalten.«
»Ich wünschte mir, du hättest mehr Vertrauen zu mir«, sagte er traurig.
Sie fuhren vor dem Restaurant vor, und ein Bediensteter öffnete ihr die Autotür, sodass ihr eine Antwort auf Gregs Kommentar erspart blieb. Er hatte einen Tisch im gemütlichen Kaminzimmer des Restaurants reserviert. Auch so ein Ort, an dem ich mit Mom und Dad viele vergnügliche Abende verbracht habe, dachte Mariah.
Am Tisch war bereits eine Flasche Wein kalt gestellt. Um die Spannung zwischen ihr und Greg abzubauen, die nun nicht mehr zu übersehen war, hob sie ihr vom Kellner eingeschenktes Glas und sagte: »Auf dass dieser Albtraum bald vorbei ist.«
Er stieß mit ihr an. »Wenn ich doch nur dafür sorgen könnte«, sagte er zärtlich.
Bei Lachs und Salat versuchte sie das Gespräch auf andere Themen zu lenken.
»Es hat gutgetan, mal wieder im Büro zu sein – meine Arbeit macht mir einfach Spaß.«
»Ich gebe dir Geld zum Investieren«, antwortete Greg. »Wie viel willst du?«
Das kann ich nicht machen, dachte Mariah. Das wäre ihm gegenüber unfair, und ich würde damit unsere Freundschaft aufs Spiel setzen. Außerdem werde ich ihm nie geben können, was er sich von mir erhofft.
Schweigend fuhren sie nach Mahwah zurück. Er stieg mit ihr aus und brachte sie zur
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