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Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Titel: Mein Auge ruht auf dir - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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meint es ernst, dachte Schultz, als er zusah, wie sein Mandant in seine Zelle zurückgeführt wurde. Schultz zuckte mit den Achseln. Na, vielleicht sollte ich wirklich die positiven Seiten sehen, dachte er.
    Denn im Gegensatz zu vielen anderen Mandanten hat Wally meine Rechnungen bislang immer gezahlt.

69
    A m Donnerstag um achtzehn Uhr trat Mariah vom Aufzug in die psychiatrische Abteilung des Bergen Park Medical Center. Ihre Absätze hallten auf dem gewienerten Boden, als sie auf den Wachmann zuging, der am Ende des Flurs an einem Tisch saß.
    Er sah auf, und seine Miene war weder freundlich noch ablehnend. Wie der Rezeptionistin in der Lobby nannte sie auch ihm ihren Namen und legte den Ausweis vor, den man ihr gegeben hatte. Daraufhin griff er zum Telefon. Hoffentlich sagt er mir jetzt nicht, dass ich Mom aus irgendeinem unerfindlichen Grund doch nicht besuchen kann, dachte sie besorgt. Bitte nicht!
    Der Wachmann legte den Hörer auf. »Eine Schwester wird Sie gleich abholen und zum Zimmer Ihrer Mutter bringen«, sagte er. In seiner Stimme schwang ein Anflug von Mitgefühl mit.
    Sehe ich so mitgenommen aus, wie ich mich fühle?, fragte sich Mariah. Nach Lloyds Anruf hatte sie noch genügend Zeit gehabt, um zu duschen und sich umzuziehen. Schließlich war sie doch recht erhitzt gewesen, nachdem sie die Schubladen geschleppt und ihre Kleidung von einem Zimmer ins andere gebracht hatte.
    Jetzt trug sie eine rote Leinenjacke und eine weiße Freizeithose. Sie hatte ihre langen Haare nach oben gebunden und mit einer Spange befestigt. Und nachdem sie sich daran erinnerte, dass ihre Mutter früher das Haus nie ohne Make-up verlassen hatte, hatte sie sich an den Toilettentisch gesetzt und Mascara und Lidschatten aufgetragen. Vielleicht freut sich Mom darüber, wenn sie merkt, dass ich mich für sie zurechtgemacht habe, dachte sie. Solche Dinge fallen ihr manchmal auf. Und dann, nach einigem Überlegen, öffnete sie den kleinen Wandsafe im begehbaren Schrank und nahm die Perlenkette heraus, die ihr ihr Vater zwei Jahre zuvor zum Geburtstag geschenkt hatte.
    »Deine Mutter«, hatte er ihr damals lächelnd gesagt, »deine abergläubische Mutter hat immer behauptet, Perlen seien Tränen. Meine Mutter aber hat diese Kette sehr geliebt.«
    Danke, Dad, dachte Mariah, als sie die Kette anlegte.
    Und dann war sie froh gewesen, dass sie sich Zeit genommen hatte, sich noch umzuziehen, denn Greg hatte angerufen, als sie bereits auf dem Weg zum Krankenhaus war. Er hatte darauf bestanden, sie um halb neun abzuholen. »Wir gehen zum Essen«, hatte er gesagt. »Ich weiß doch, wie viel oder, besser, wie wenig du isst. Du bist nur noch Haut und Knochen, und ich werde dafür sorgen, dass sich das ändert.«
    »Morgen Abend werde ich meinen Appetit hoffentlich wiedergefunden haben«, hatte sie ihm darauf geantwortet. »Ich habe so das Gefühl, dass Charles Michaelson dann schon verhaftet sein wird.«
    Bevor er darauf eingehen konnte, hatte sie das Gespräch beendet: »Greg, ich kann jetzt nicht reden. Ich bin im Krankenhaus. Wir sehen uns später.«
    Als sie nun beim Wachmann wartete, fiel ihr wieder Lloyd Scotts Warnung ein, niemandem von dem mög lichen Zeugen zu erzählen. Also, viel habe ich ja nicht verraten, dachte sie, als die Tür hinter dem Wachmann aufging. Eine kleine Frau mit asiatischen Gesichtszü gen lächelte sie an. Sie trug eine weiße Jacke und eine weiße Hose, um den Hals hatte sie einen Ausweis. »Ms. Lyons, ich bin Schwester Emily Lee. Ich bringe Sie zu Ihrer Mutter.«
    Mariah musste schlucken und sich die Tränen verkneifen, als sie zusammen an einer Reihe geschlossener Türen vorbeigingen. An der letzten Tür klopfte die Schwester kurz an und öffnete sie.
    Mariah folgte ihr ins Zimmer und wusste nicht recht, was sie erwarten würde – jedenfalls nicht die kleine Gestalt im Krankenhauskittel, die im Halbdunkel am Fenster saß.
    »Heller will sie es nicht haben«, flüsterte die Schwester, bevor sie in fröhlichem Ton sagte: »Kathleen, Mariah ist hier, um Sie zu besuchen.«
    Keinerlei Reaktion.
    »Steht sie unter starken Medikamenten?«, fragte Mariah aufgebracht.
    »Ihr wurde nur ein leichtes Beruhigungsmittel gegeben. Das besänftigt sie, wenn sie wütend oder verängstigt ist.«
    Langsam wandte Kathleen Lyons den Kopf, als Mariah auf sie zuging. Die Schwester machte das Licht etwas heller, damit Kathleen ihre Tochter besser erkennen konnte. Kathleens Miene aber bleib so versteinert und verständnislos wie

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