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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ein bisschen betrunken – mit ihren Freundinnen ausgegangen war und sich amüsiert hatte. Es fiel ihr schwer, sich auf irgendetwas länger als ein paar Sekunden zu konzentrieren, aber he, wer musste das schon?
    In ihrem Kopf schwirrten viele Kästchen herum, mit denen sie sich befassen musste, ein Alec-Kästchen, ein Lendtsche-Krankheit-Kästchen, ein Oliver-Cabot-Kästchen, aber sie hatte einfach nicht genug Zeit. Es schien, als sei der Tag nicht in Stunden oder Minuten unterteilt, sondern in Visiten. Die Pillen-Schwester-Visite. Die Mahlzeiten-Schwester-Visite. Die Schwester-die-mit-dem-Stationsarzt-kam-Visite. Die-anderen-die-ihr-Fragen-stellten-Visiten. Die Dr.-David-DeWitt-Visiten. Die Ross-Visiten. Jede Menge Ross-Visiten.
    Sie waren alle so nett zu ihr, wahrscheinlich, weil Ross Arzt war. Ärzte, die sich gegenseitig halfen.
    Jetzt kam die Pillen-Schwester ins Zimmer. Dunkle Haare und ein fröhlich-unbeschwerter Tonfall. »Und wie geht’s uns heute?«
    »Phantastisch!«
    Die Schwester runzelte die Stirn. Faith fragte sich, warum. Dann hielt ihr die Schwester einen kleinen Papierbecher mit Wasser an die Lippen. Sie nippte daran. Die Anstrengung war so groß, dass sie den Becher nicht selbst halten konnte, und sie fühlte sich so schwer, als flösse Blei, nicht Blut, in ihren Adern. Es war so bequem, einfach regungslos dazuliegen, wie ein Baum, und sich bedienen zu lassen. Zwei Kapseln, die aus einem kleinen Behälter geschüttelt und ihr in den Mund geschoben wurden, eine nach der anderen.
    »Na bitte! War doch gar nicht schlimm, oder?«
    Faith schluckte. Das Sprechen fiel ihr ungeheuer schwer, aber sie musste reden, brauchte die Antwort auf die Frage, die sie nicht wieder losließ. Die Antwort auf die große Frage. »Dieses Dingsda«, sagte sie mit verwaschener Stimme. »Wie heißt es?«
    »Die Kanüle? In Ihrem Arm? Die Kanüle, in die der Tropf führt?«
    »Tropf!«, sagte Faith so erfreut, dass sie das Wort wiederholte. »Tropf!«
    »Ihre Infusionslösung«, fügte die Schwester hilfreich hinzu, »besteht nur aus physiologischem Kochsalz und Wasser. Ihr Mann hat sich Sorgen gemacht, Sie könnten dehydrieren.«
    Ross kam ins Zimmer.
    »Sie hat gerade ihre Mittagstabletten eingenommen«, sagte die Krankenschwester zu ihm.
    »Gut. Wie geht’s ihr?«
    »Gut, stabil, scheint ganz ruhig.«
    He, ich bin ein Mensch, kein Möbel, ihr könnt mit mir reden!
, hätte Faith beinahe gesagt, aber sie wollte nicht unhöflich scheinen. Wie auch immer, es spielte keine Rolle.
    »Ich lasse Sie jetzt mit Ihrem Mann allein«, sagte die Pillen-Schwester.
    Ross küsste Faith auf die Stirn. »Wie geht’s dir, Liebling?«, fragte er ganz sanft.
    »Ich amüsiere mich prächtig.«
    Er hob den Blick.
    »Tropf«, sagte sie. »Nabelschnur.«
    Ross betrachtete prüfend ihre Augen, dann ging er zur Tür, die offen stand.
    »Geh – geh – geh – noch – nicht.«
    Er schloss die Tür, durchquerte dann wieder das Zimmer und trat hinter ihr Bett, außerhalb ihres Gesichtsfeldes. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, und sie blickte auf. Der Tropfbeutel bewegte sich. Ross machte irgendetwas damit. Trennte ihn.
    Ein winzige Welle der Besorgnis schwappte durch sie hindurch. »Was tust du da?«
    »Nachsehen«, sagte er. »Ich möchte sichergehen, dass mein Liebling genau die richtige Menge bekommt – die Leute hier sollen nicht an deiner Versorgung sparen.«
    Jetzt saß er auf dem Stuhl neben dem Bett. Etwas stimmt mit seiner Jacke nicht, dachte sie. Die eine Tasche wölbte sich. Hatte er den … genommen?
    Sie sah hoch. Der Tropfbeutel war da, die Lösung füllte die Röhre, die Schnur, die Nabelschnur.
    Er kümmerte sich einfach nur um sie. War ein guter Ehemann.
    Nun stand er neben dem Waschbecken. Sie hörte laufendes Wasser. Er steckte irgendetwas in seine Tasche.
    »Ich muss in einer halben Stunde im Theater sein. Ich komme heute Abend noch einmal vorbei«, sagte er und gab ihr einen Kuss. »Ich liebe dich, Faith.«
    »Ich liebe dich auch«, sagte sie.
    Die Tür klickte.
    Sie blickte erneut zu dem Tropfbeutel hinauf. Wie schön es war, hier zu liegen, derart glücklich zu sein, sich so geliebt zu fühlen. Sie wandte den Blick von dem Beutel ab, musste aber sofort noch einmal hinsehen.
Nabelschnur,
dachte sie.
    Mutter.
    Eine Verbindung, eine schlechte, ein paar schwache Fünkchen, mehr nicht. Es gab da eine Art von Verknüpfung. Der Tropfbeutel. Ihre Mutter.
    Hier zu sein.
    Aber jetzt war sie zu müde, als dass sie dem

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