Mein bis in den Tod
ruhig. »Dies ist mein Zuhause. Dies ist eines der Zimmer in meinem Zuhause, und ich sitze darin. Hast du ein Problem damit?«
Er erwiderte ihren Blick, als sei er unsicher, wie er mit dieser Antwort umgehen sollte. »Ist dies das Zimmer, in dem du ihn gern fickst?«
»Was redest du da?«
»Wo warst du gestern?«
»In London, das habe ich dir gesagt.«
»Du vögelst ihn in London?«
»Wen vögeln? Ich war einkaufen – für deinen Geburtstag. Wie ich dir gesagt habe.«
»In Knightsbridge?«
»Ja. Bei Harrods, Harvey Nichols, dann bin ich zur General Trading Company gegangen.«
Er sah sie an, lange und zweifelnd. »Ich kenne den Stadtteil, Faith. Ich war Arzt am St. George’s Hospital – das Gebäude neben Hyde Park Corner, in dem heute das Lanesborough Hotel untergebracht ist. Ich kenne mich in der Gegend aus.«
Er wandte sich von ihr ab, ging zu einer Kommode hinüber, nahm den Weidenkorb mit dem Duft-Potpourri, der darauf stand, in die Hand und roch am Inhalt. »Die Blüten müssen ersetzt werden, sie haben ihren Duft verloren. Du führst das Haus nicht besonders gut. Denkst wohl ständig an deinen Geliebten, was? Ich möchte nicht, dass
mein
Sohn von seiner Mutter ignoriert wird, weil sie mit ihrem Liebhaber loszieht. Begreifst du das?
Ist das klar?«
»Ich habe keinen Geliebten.«
Er stellte den Korb ab, nahm eine Blüte heraus und zerkrümelte sie zwischen den Fingern. »Über Knightsbridge fliegen keine Hubschrauber. Das ist nicht gestattet.« Er hob eine weitere Blüte auf und zerkrümelte auch diese.
»Hubschrauber?«
»Als ich dich auf dem Handy angerufen habe und du rangegangen bist, habe ich einen Helikopter gehört. Du warst nicht in Knightsbridge. Wo warst du?«
»Hast du deshalb meine Kreditkarten gesperrt? Weil du einen Hubschrauber gehört hast?«
»Glaub ja nicht, ich wüsste nicht, wo du bist, nur weil du ein Handy hast. Ich habe bei Vodafone nachgefragt. Die haben Funkmasten im ganzen Land, wusstest du das? Dein Anruf ging über den Funkmast in Winchmore Hill in Nord-London. Mit wem warst du zusammen, Faith? Mit Dr. Oliver Cabot? Nennst du das, eine
gute Mutter
zu sein?«
Sie erwiderte seinen wütenden Blick. Woher zum Teufel hatte er Kenntnis davon?
Plötzlich hob er eine Faust voll von dem Potpourri und ging wutentbrannt auf sie zu. Das war nicht ihr Ehemann, das war irgendein Teufel. Der sagte: »Du hast auch deinen Duft verloren, du beschissene Hure.«
Und damit warf er ihr die Blüten so heftig ins Gesicht, dass es brannte, schritt aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
[home]
29
F aith saß da und horchte auf Ross’ Schritte, die auf dem Treppenabsatz verklangen.
Mistkerl.
Sie wischte sich ein paar der Blätter und Blüten von der Brust und den Beinen und überlegte, wie sie auf seine Anschuldigungen reagieren konnte.
Und dann dachte sie: Verflucht, du bist 32, du musst niemandem Rechenschaft ablegen über das, was du tust oder wohin du gehst, auch nicht deinem Mann.
Aber es war einfacher, so zu denken, als es ihm ins Gesicht zu sagen. Ross hatte etwas, das ihr
Angst machte.
Angst vorm eigenen Mann?
Das erging vielen Frauen so. In den Zeitungen erschienen ständig Geschichten über Frauen, die Scheusale geheiratet hatten – seltener über Männer, die welche geehelicht hatten.
Sie hatte Angst, dass Ross beim Sex irgendwann zu weit gehen und sie umbringen würde. In den letzten Jahren schien es ihn zunehmend zu erregen, wenn er sie hart rannahm. Er war Furcht einflößend kräftig, und manchmal, wenn er mit Alec herumalberte, ihn herumschwang und zu Boden rang, war sie überzeugt, dass er sich seiner Kräfte nicht bewusst war.
Sie stand auf – noch mehr Blüten fielen von ihren Jeans auf den Boden –, ging durchs Zimmer und besah sich im Spiegel. Aus einem rasiermesserdünnen Schnitt tropfte Blut auf ihre linke Wange.
Sie betupfte die Wunde mit ihrem Taschentuch, klaubte sich ein Blatt aus den Haaren und warf es in den Papierkorb. Der Boden rund um den Sessel war übersät mit Blättern, Blüten und Streifen getrockneter Orangenschale. Die konnten dort liegen bleiben. Das war Ross’ Problem.
Wie kann ich bloß den Hubschrauber erklären?
Sie musste es gar nicht. Er hatte gewusst, wo sie war.
Die haben Funkmasten im ganzen Land, wusstest du das? Dein Anruf ging über den Funkmast in Winchmore Hill in Nord-London. Mit wem warst du zusammen, Faith? Mit Dr. Oliver Cabot?
Die Schnittwunde hatte sich noch nicht geschlossen, es tröpfelte
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