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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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das Schlafzimmer und ließ alle Lampen eingeschaltet, obgleich sie genau wusste, dass auch das ihn ärgern würde. Auf dem Treppenabsatz lag ein umgekipptes Spielzeugauto, weiter hinten im Flur lagen ein paar Legosteine, Überreste der Garage, die Alec hatte bauen wollen. Sie ließ die Steine, wo sie waren.
    Sie hörte, durch Rasputins Gebell hindurch, die Haustür aufgehen, dann Ross, der erst den Hund, dann Alec begrüßte.
    »Daddy, darf ich dir zeigen, was ich in der Schule gemalt habe?«
    Dann wieder Ross’ Stimme, der brüllte: »Rasputin! Ruhe, mein Junge!
Ruhe!«
    »Darf ich, Daddy? Darf ich’s dir zeigen?«
    Und zum ersten Mal in ihrer Ehe beschloss Faith, nicht nach unten zu gehen. Sie ging über den Flur in eines der Zimmer am hinteren Ende.
    Sie schaltete das Licht an, schloss die Tür hinter sich und setzte sich in einen tiefen Sessel. Das Zimmer ging nach hinten heraus, von hier blickte man über die terrassierten Rasenflächen, den Swimmingpool, den Tennisplatz, den Obstgarten, auf die Koppel dahinter, doch in dieser stürmischen Nacht, unter dem bedrohlichen Grau des düsteren Himmels, sah sie nur die Regentropfen, die an den Fenstern hinabrannen.
    Sie fröstelte. Das Zimmer kam ihr kalt und unbenutzt vor. Auch die Einrichtung war kühl, geschmackvoll zwar, aber unpersönlich: geraffte Vorhänge passend zur Tagesdecke mit Blumenmuster, Mahagoni-Möbel, ein Stapel alter
Country Lifes
und
Vogues
auf den Nachttischen. Hier hingen die Bilder, die sie aus den anderen Zimmern verbannt hatte, und dekorierten die Wandflächen: eine mittelmäßige Jagdszene, ein paar ziemlich langweilige Architekturzeichnungen des klassizistischen Kurhauses in Bath und ein ebenso mittelmäßiges Aquarell der sanften Hügel der Sussex Downs, das sie gekauft hatten, als sie, beide trunken vom Champagner und der Musik, auf dem Glyndebourne-Musikfestival gewesen waren.
    Die Stille im Zimmer war angenehm. In Faith brodelte eine ungeheure Wut, aber sie musste wieder ruhig werden. Eine Auseinandersetzung mit Ross konnte sie nie gewinnen, und bei zurückliegenden Streitigkeiten war es immer Alec gewesen, der am meisten darunter gelitten und verängstigt und verwirrt reagiert hatte.
    Sie schloss die Augen, dachte an Oliver Cabot. Angestrengt versuchte sie, sich an sein Gesicht zu erinnern, aber immer wieder entschwand es ihr: Mal stand es ihr deutlich vor Augen, dann wieder blieb nur ein schwacher Eindruck zurück. Wärme, daran erinnerte sie sich am meisten. Wärme und Traurigkeit, diese tiefe, zärtliche Traurigkeit, als er über seinen Sohn sprach.
    Sie spürte ein Sehnen in sich, und zwar von einer Art, von der sie geglaubt hatte, dass sie es nie mehr erleben würde. Die Sehnsucht, die sie als Teenager nach einem Jungen namens Charles Stourton empfunden hatte. Er sah aus wie Alec Baldwin und vergötterte sie. Er besaß tadellose Manieren, war charmant, ein blendender Unterhalter und verblüffender Liebhaber. Jeder, der ihm begegnete, mochte ihn. Er hatte damals einen Superjob bei Sothebys, die ihm gerade eine Zwei-Jahres-Stelle in New York angeboten hatten, und wollte, dass sie mitkam. Dann, gerade als sie glaubte, die Beziehung könnte nicht besser sein, hatte er sie sitzen lassen.
    Ein kurzes Telefonat. Er habe jemand anders kennen gelernt.
    Noch Monate danach war sie untröstlich gewesen. Und dann war sie mit dem Fahrrad verunglückt und war Ross begegnet. Er hatte ihre Platzwunde an der Stirn mit vier Stichen genäht, und sie hatte furchtbare Ängste ausgestanden, sie könnte fürs Leben gezeichnet bleiben, doch als nach einigen Wochen die Fäden gezogen worden waren, blieben überhaupt keine Narben zurück. Und seitdem ging sie mit ihm aus.
    Er kam ihr so stark vor, so aufmerksam, es fanden sich noch keine Hinweise auf den Kontrollfreak, zu dem er später werden sollte – vielleicht hatte sie damals auch nur die Augen davor verschlossen in ihrer Verliebtheit für diesen großen, charmanten, unglaublich gut aussehenden, ehrgeizigen jungen Arzt.
    »Was zum Teufel tust du hier drin?«
    Sie drehte den Kopf und sah Ross in der Tür stehen, sein Gesicht rot vor Zorn. Sie blieb sitzen, während er zu ihr herüberschritt.
    »Ich habe dich gefragt, was zum Teufel du hier drin machst?« Direkt vor ihr blieb er stehen, sie überragend, vor Wut bebend; sie packte die Sessellehnen, zu wütend, um Angst vor ihm zu haben, und so wütend, dass sie zurückgeschlagen hätte, falls er sie schlagen würde.
    »Ich wohne hier«, sagte sie ganz

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