Mein bis in den Tod
Männern. Damals hatte er den Ort nicht gemocht. Es hieß, dass britische Bösewichte hier residierten – die die laxen spanischen Ausländergesetze ausnutzten – und auch ein paar alternde Nazi-Größen, die hier ihre Kriegsbeute verzehrten. Mittlerweile wirkte alles schicker.
Eine Möwe kreiste über dem Felsen-Wellenbrecher der Hafenmole, schwang sich in die Lüfte und flog dann träge nach Westen.
Er setzte seine Sonnenbrille auf und sah sich um. Der ganze Hafen stank nach Geld. Superschicke Yachten säumten die Anleger. Junge Blondinen lagen auf Sonnendecks. Auf den Brücken stolzierten dickbäuchige Männer mittleren Alters in Shorts und Seglermützen herum, Bierdose und Handy in der Hand.
Die Urlauber hielt man mittels Sicherheitskräften auf Abstand, sie durften von der nahtlosen Reihe der gut besuchten Bars, Cafés und Restaurants direkt am Wasser nur zuschauen. Eine 2-Millionen-Pfund teure Sunseeker-Motoryacht zog gerade die Aufmerksamkeit auf sich. Die Leute sahen zu, wie sie Richtung Hafenausfahrt fuhr, und horchten so hingerissen auf das Dröhnen der Maschine, als lauschten sie einem Opernorchester.
Es war die Zeit der allmorgendlichen Ausfahrten. Zeit zum Ablegen. Eine Gruppe Filipinos lud Kühltaschen auf einen Trolley. Eine hölzerne Riva legte wenig gekonnt von einem Ponton ab, die Maschine heulte zu laut auf, während der Skipper mächtig ins Schwitzen geriet und seiner blonden Gefährtin Anweisungen zuschrie, die bei ihren Bemühungen, andere Boote abzuwehren, wie eine geisteskranke Löwenbändigerin mit einem Bootshaken fuchtelte.
Ross folgte seinem Begleiter an einem Sicherheitsposten vorbei auf einen Steg, an dem die größten Yachten lagen. Hier war es ruhig: nur das Klappern der schlaffen Halyards, das Flappen der Flaggen und der leise Takt der Musik, die aus dem Inneren dieser schwimmenden Villa drang.
Der Zuhältertyp blieb vor der Gangway eines Bootes stehen, das mehr wie ein Linienschiff als eine Yacht aussah. Auf dem Rundheck prangte der Name
Soozie-B-too
in goldenen gestochenen Großbuchstaben, darunter, in etwas kleinerer Schrift, der Name des Landes, in dem die Yacht registriert war,
Panama
. Ross, der sich ein wenig mit Booten auskannte, schätzte den Preis der Luxusyacht auf weit über 15 Millionen Pfund.
Zwei Diener in schwarzen Anzügen und Designer-Sonnenbrillen erschienen und musterten Ross, der hinter dem Zuhältertypen die mit einem roten Läufer ausgelegte Gangway hinaufging, vorbei an einem kleinen rotweißen Schild, auf dem Schuhe mit Pfennigabsätzen durchkreuzt waren. Schließlich betrat er das Teakdeck.
Ross steckte die Sonnenbrille ein und betrat den Hecksalon, er war schwach beleuchtet und auf vulgäre Weise plüschig: helle Ledermöbel, tiefweißer Teppich, goldgerahmte Spiegel und in einer Ecke eine geschwungene, mit Tierhäuten überzogene Bar. Es roch stark nach Zigarrenrauch, und weil sich Ross’ Augen schnell an das Schummerlicht gewöhnt hatten, sah er die Quelle sofort: der unverkennbare, kleine, untersetzte Ronnie Milward.
Ronnie Milward saß gemütlich auf einem Sofa in der Nähe der Bar, er trug ein dunkles, zugeknöpftes Polohemd, eine weiße Hose, neue Turnschuhe und eine Sonnenbrille von der Größe einer Terrassentür. Zwischen den Lippen ein brennendes Zigarillo, spielte er auf dem Glastisch vor sich höchst konzentriert irgendein elektronisches Spiel. Neben dem Aschenbecher stand ein großes Glas mit Eis und den Resten eines rosafarbenen Drinks.
Ronnie Milward war Ende sechzig, doch mit seinem glatten, gebräunten Gesicht, das an den Tankermilliardär Aristoteles Onassis denken ließ, und dem schwarz gefärbten Haar, das nur an den Schläfen etwas grau war, hätte man ihn mühelos für einen Mittfünfziger halten können.
Ohne aufzuschauen, als Ross näher kam, sagte er in seinem groben East Londoner Akzent: »Spieln Sie Bridge, Ross? Ich versuch’s grade zu lernen. Spieln heutzutage ja alle. Willste Freunde haben, musste Bridge spielen.« Ein dünnes Rauchwölkchen stieg von seinem Zigarillo auf, während er eine, dann noch eine Taste drückte. »Gut für die grauen Zellen. Und die brauch ich jetzt, neue Gehirnzellen. Sie haben mir alles andre gegeben, aber das, was ich wirklich brauch, haben Sie mir nicht gegeben. Frische graue Masse. Oder ’nen neuen Schwanz.«
»Eins davon kann ich Ihnen geben.«
Milward drückte eine andere Taste. »Verflucht, ich bin aus dem Rhythmus gekommen.«
Ross musterte interessiert Milwards Gesicht.
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