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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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einen Kontakt zu jemandem herstellen können, der das kann.«
    Aus seiner Aktentasche holte Ross einen braunen Briefumschlag, schüttelte zwei Fotos heraus und reichte sie ihm.
    Milward blickte auf das erste Foto, die Nahaufnahme eines Mannes. Das zweite war aus größerer Entfernung aufgenommen und zeigte den Mann im Profil. Ein großer Mittvierziger mit schmalem Gesicht und grauem Haarschopf.
    Er legte die Fotos auf den Tisch und sah erneut Ross an. »Sollte ich den kennen? Sieht aus wie dieser französische Gesangsopa, wie heißt er noch mal?«
    »Nein, Sie kennen ihn nicht. Er ist Amerikaner, lebt in London. Sein Name ist Oliver Cabot. Dr. Oliver Cabot. Er vögelt meine Frau.«
    »Sie wollen, dass jemand ihm eine Lektion erteilt? Eine richtige Abreibung verpasst?«
    Plötzlich bekam Ross einen trockenen Mund. Er griff zum Glas und trank ein wenig von dem eiskalten Wodka. Dann beugte er sich vor, starrte angestrengt in die dunkle, undurchdringliche Brille, senkte die Stimme und sagte: »Ich will seinen Tod.«

[home]
    49
    E in Jahr?«, sagte Faith. »Ein
Jahr?«
    »Bei achtzig Prozent der Diagnostizierten.«
    Es dauerte eine Weile, bis ihr zu Bewusstsein kam, was die Antwort bedeutete. Und Faith wollte sie verdrängen, wollte weiterreden, als könnten sie, wenn sie nur lange genug redeten, diese
Sache
, diese Lendtsche Krankheit, diese Barbarenhorde von Mikroorganismen, die in den menschlichen Organismus eindrangen und zwei von drei ihrer Opfer töteten, auf irgendeine andere Weise betrachten.
    Oliver zeigte ihr ein Bild eines der Erreger auf seinem iMac. Die Vergrößerung eines Fotos, aufgenommen mit einem Elektronenmikroskop. Zunächst war es schwierig zu erkennen, was sie sich in der unregelmäßigen, wirbelnden Masse von grünen und roten Schattierungen ansehen sollte, dann deutete Oliver auf einen weißen Fleck in Gestalt einer Kidneybohne.
    »Das da?«
    »Hm.«
    »Wie – groß ist es?«
    »Ungefähr hundert davon passen auf einen Stecknadelkopf.«
    Als sie aufstand, hatte sie das Gefühl, von aller Welt verlassen zu sein. Tränen traten ihr in die Augen, aber sie konnte nicht weinen: Dafür war sie zu schockiert, zu betäubt, zu verwirrt. Die unterschiedlichsten Gedanken stürmten auf sie ein.
    Achtzig Prozent
.
    Vier von fünf Infizierten binnen zwölf Monaten tot
.
    Sie sah aus dem Fenster. Etwa hundert Meter entfernt sah sie einen hübschen Dachgarten mit üppigem Grün und Hängepflanzen, viele davon in Blüte. Der Mai war zu Ende; vielleicht war es der letzte Frühling, den sie erlebte. Der letzte Sommer. Das letzte Weihnachten. Sie würde Alec nicht aufwachsen sehen.
    Ich werde nur noch einen Geburtstag von Alec erleben
.
    Wusste Ross das? War dies der Grund, warum er am Wochenende so lieb zu ihr gewesen war? Log er sie an, was die Tabletten betraf – worum es sich bei ihnen in Wirklichkeit handelte?
     
    Oliver starrte auf den iMac. Es gab keinen angenehmen Weg, jemandem eine Hiobsbotschaft zu überbringen, und sie ausgerechnet Faith beizubringen war wirklich hart.
    Er wünschte, es gäbe noch Raum für Zweifel, doch die Ergebnisse der Tests waren absolut eindeutig. Und dass Faith ein Medikament aus einer klinischen Versuchsreihe von Moliou-Orelan bekam, reichte ihm zur Bestätigung. Es war das einzige Unternehmen, das bislang ein Mittel zur Behandlung der Lendtschen Krankheit entwickelte.
    Und weder ihr Hausarzt noch ihr Mistkerl von Ehemann hatten ihr die Wahrheit gesagt – nicht einmal einen Teil davon.
    Nach den bisherigen Studien starben 65 Prozent der Erkrankten innerhalb eines Jahres. Auch gab es keinerlei Hinweise darauf, dass die anderen 35 Prozent der Probanden, die am Ende des Jahres noch lebten, geheilt waren. Bekannt war nur, dass das Mittel zumindest ein wenig Hoffnung bot.
    Aufgrund eigener früherer Forschungen vermutete er jedoch – obgleich er das nicht beweisen konnte –, dass Moliou-Orelan die Versuchsreihen manipulierte und die Leute dort alles daransetzten, dass man ihnen nicht auf die Schliche kam. Ihre Moral war zweifelhaft. Er war nicht bereit, Ergebnissen zu vertrauen, die das Unternehmen veröffentlichte, umso weniger bei einer lebensbedrohlichen Krankheit – lebensbedrohlich für die einzige Frau, in die er sich seit zehn Jahren wieder verlieben könnte.
    Außerdem wusste er, dass zwanzig Prozent der Patienten fast jede Krankheit länger als erwartet überlebten, einfach aufgrund ihrer genetischen Ausstattung, ihres Immunsystems oder schierer Willenskraft. Das

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