Mein Boss, die Memme
die Kurve kriegt:
Unser neuer, alter Boss
»Unser Boss war der fieseste Hund, den man sich nur vorstellen kann. Er drangsalierte meine Kollegen und mich, wo es nur ging. Gute Ergebnisse erzielen, das bedeutete für ihn die Knute rauszuholen. Mahnen und Drohen, Schreien und Ausflippen, das war sein Repertoire. An den guten Tagen brauchte man ein dickes Fell, um ihn zu ertragen. An den schlimmen Tagen war er wie Klaus Kinski gone wild.
Der Mann knüppelte 80 Stunden die Woche. Weil er aus uns und sich selbst alles rausholen wollte. Geh doch endlich nach Hause, wollte ich ihm manchmal sagen.
Und auf einmal blieb er tatsächlich zu Hause. Was passiert war? Seine Frau und seine Kinder hatten ihn verlassen. Wir wunderten uns darüber nicht.
Da tauchten wohl die ersten Risse in seiner selbstherrlichen Fassade auf. Dann kam es noch härter. Eine schwere Krankheit streckte ihn kurze Zeit später nieder. Wir schickten ihm Genesungswünsche, und der eine oder andere schaute auch mal im Krankenhaus bei ihm vorbei.
Als er nach einer längeren Auszeit wieder am Arbeitsplatz erschien, war es, als stünde ein anderer Mensch vor uns. Er war noch immer zielstrebig und organisierte seinen Laden weiterhin konsequent. Aber etwas war anders. Er nahm uns als Menschen wahr. Er redete mit uns, er hörte zu, ruhig und interessiert.
Wir hatten einen neuen Chef bekommen. Für uns Mitarbeiter war es ein Geschenk. Eines, das er teuer hatte bezahlen müssen. «
Timo J., Ingenieur in einem Baukonzern
Das Verhalten der Ego-Shooter hat hohe Nebenkosten. Nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Chefs selbst. Sich sein ganzes unmittelbares Umfeld zum Feind zu machen ist auf Dauer nicht gesund. Intakte Beziehungen zu unseren Mitmenschen sind für das eigene Wohlergehen so wichtig wie Sonnenlicht und Nahrung. Das, was Ego-Shooter täglich veranstalten, ist ein Raubbau an emotionaler Energie â an unserer wie an ihrer eigenen. Und das hat Folgen.
Irgendwann, nachdem sie unzählige Mitarbeiter verbrannt haben, kommt auch bei ihnen der groÃe Knall. Implodieren ihre Waffen in der eigenen Hand. Burnout, Kollaps, Schlag anfall. Für einige, die das überstehen und zugleich die Zeit zum Nachdenken nutzen, bedeutet es eine Gelegenheit. Eine Chance zur Veränderung.
Für die Mitarbeiter mag die Erneuerung wie ein Wunder erscheinen: Der ehemals ungeliebte Boss auf neuen Beziehungswegen. Im besten Fall verbindet er seine bisherigen Stärken, wie zum Beispiel Durchsetzungsvermögen, mit neuen Fähigkeiten â dem aufrichtigen, partnerschaftlichen Umgang mit seinen Mitarbeitern etwa.
Ihr Dank ist ihm sicher.
Leider werden nicht alle Ego-Shooter auf diesem Wege bekehrt. Die Resistenz gegen Veränderung ist eine Frage der Haltung: Die pathologischen Schwächen dieser Art Memme sind in vielen Fällen äuÃerst resistent gegen Besserung.
Diese Abhärtung gegen positive äuÃere Einflüsse liegen in der Natur ihres Charakters: Der Ego-Shooter ist ein zutiefst unsicherer, ängstlicher, feiger Typ Mensch, dessen Sicht auf die Welt kein gutes Haar an seinen Mitmenschen lässt. Hinter jedem Busch wähnt er eine Bedrohung, hinter jeder aufrichtigen Geste einen faulen Zauber. Ihn zu bekehren ist schwierig bis unmöglich: Er muss aus eigenem Antrieb in voller Fahrt gegen die Wand krachen, um das Leben mit anderen Augen zu sehen.
Der Ego-Shooter ist die gefährlichste aller Memmen, die uns am Arbeitsplatz begegnen kann. Er kämpft ständig mit unfairen Mitteln â weil er davon ausgeht, dass alle anderen es auch tun.
Trost kann uns angesichts eines solchen Bosses manchmal nur eines spenden: Der Ego-Shooter ist selbst nicht glücklich. Genau genommen ist er ein armes Würstchen.
4. Fazit: eine zweite Chance
Sozialallergiker, Kuschel-Junkies, Ego-Shooter â drei Memmen-Typen, die uns mitten hinein ins Beziehungsdesaster führen. Haben Sie Ihren eigenen Chef in einem der Typen wiedererkannt?
Wenn Ihr Chef nur wahrnehmbar ist, wenn er etwas zu Âmeckern hat, sich ansonsten aber abkapselt, Ihnen auf den Bürofluren ausweicht und überhaupt jeden persönlichen Kontakt mit seinen Untergebenen genauso meidet wie unangenehme Entscheidungen und Ihr Team über die Methoden und Ziele seines Führungsstils im Unklaren lässt, dann haben Sie es mit einem Sozialallergiker zu tun.
Dass Sie mit dem umgekehrten Extrem konfrontiert
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