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Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick D. Cowden
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folgender Episode nicht behaupten kann – der ist nämlich schon voll auf Linie:
    Kein Budget für Kundenbesuche
    Â»Der intensive Kontakt zu Kunden ist in unserem Geschäft überlebenswichtig. Gerade, wenn es darum geht, einen Neukunden zu gewinnen. Da schlägt man innerhalb von ein paar Wochen oft mehrmals im Büro des potenziellen Kunden auf. Bisher hat bei uns jeder Berater selbstverantwortlich seinen Flug, die Bahnreise, das Mietauto und auch mal die Unterkunft gebucht. Sind die Kosten aus dem Ruder gelaufen? Nein, weil keiner von uns eine Übernachtung bucht, wenn eine Heimreise nach dem Kundentermin noch möglich ist. Vier Sterne braucht von uns auch niemand. Und zweiter Klasse mit der Bahn tut es für die meisten auch.
    Einmal gab es einen neuen Mitarbeiter, der bei seinem bisherigen Arbeitgeber einiges an Luxus gewöhnt war. Als sich im Team herumsprach, dass er sich öfter mal ein Mercedes-Cabrio für Kundenbesuche gemietet hatte, musste kein Chef eingreifen. Einige erfahrene Berater aus dem Team machten ihm klar, dass das bei uns nicht üblich sei. Das hat er auch bald verstanden.
    Umso geschockter waren wir, als unser Vorgesetzter uns mitteilte, dass ab jetzt alle Reisekosten über seinen Tisch gehen sollen. Er hatte einen Rüffel vom Controlling bekommen, denen die Extratouren unseres neuen Mannes aufgefallen waren. Und was macht unser Chef? Er nimmt uns unter Generalverdacht. Allein aus der Angst heraus, dass das Controlling verbreiten könnte, er hätte sein Team und die Kosten nicht unter Kontrolle. Was für ein Schwachsinn!«
    Martin M., Consultant
    Was, bitte schön, sollen Mitarbeiter von ihren direkten Vorgesetzten halten, denen permanent das Controlling im Nacken sitzt? Die gegen ihren Willen das Geld für die Reisekosten ihrer Mitarbeiter zum Kunden halbieren müssen, obwohl das ihrer Einschätzung nach geschäftsschädigend ist?
    So raubt das Controlling im Auftrag des Top-Managements seinen Führungskräften die Eigenständigkeit. Und beschädigt damit deren Ansehen bei den eigenen Mitarbeitern – egal, wie gut ein Chef seine Mitarbeiter und Projekte sonst auch führen mag.
    Noch unangenehmer für die Mitarbeiter aber wird es, wenn einem Vorgesetzten der Druck von oben wie gerufen kommt. Weil dieser ihm die Legitimation verleiht, seine Mitarbeiter noch enger an die Leine zu nehmen und jede noch so kleine Rechnung über seinen Tisch gehen muss. Wenn Zentralcontrolling auf Chefs trifft, die gar nicht erst zu Memmen gemacht werden müssen, dann brennt für die Mitarbeiter die Hütte – von morgens bis abends.
    Compliance: Boss, Du sollst nicht betrügen!
    Korruptionsskandale wie der bei Siemens oder Bilanzfälschungen wie beim amerikanischen Unternehmen Enron haben in den vergangenen Jahren die Wirtschaft erschüttert. Die Folge: Fast die Hälfte der Großunternehmen haben mittlerweile eine Compliance-Abteilung oder oft auch ein eigenes Vorstandsressort, um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und interner Richtlinien im Unternehmen durchzusetzen.
    So eine Compliance-Abteilung ist wie eine Fernbedienung der Konzernzentrale für das Imperium. Die Ober-Memmen ersparen sich durch diese unternehmensinternen Gerichtshöfe jegliches personifizierte Eingreifen an den Standorten, ganz besonders, wenn mal etwas schiefläuft. Compliance ermöglicht Führung ohne Kontakt. Wie Hobeln ohne Späne. Es ist kein Chef vor Ort vonnöten, der persönlich den ganzen Laden umschmeißt, von dem er selbst ein zentraler Bestandteil ist. Die Macht, die hier handelt, ist eine anonyme. Sie kommt als Anweisung per E-Mail und als herunterzuladendes Programm. Vielleicht noch in Person eines Coachs, der entsandt wird, die Führungskräfte und ihre Mitarbeiter in den Filialen einzuweisen und nach dem Willen der Zentrale zu formen.
    Funktionieren kann Führung so natürlich nicht. Zumindest nicht lange. Leitende Angestellte, denen man kein Vertrauen schenkt, die man aber von oben unter Druck setzt und ihnen zugleich den Raum nimmt, selbständig zu handeln und zu entscheiden, die neigen irgendwann zur Frustration.
    Deshalb erstaunt es mich nicht, dass eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vom August 2011 unter dem vielsagenden Titel »Wirtschaftskriminelle oft langjährige Mitarbeiter in Führungspositionen« ergab, dass die Zahl der Delikte trotz des massiven Ausbaus der

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