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Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick D. Cowden
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Compliance-Abteilungen in den vergangenen Jahren rasant ansteigt, nämlich um ganze 25 Prozent gegenüber dem Jahr 2007. Bei den meisten Delikten geht es um die Veruntreuung von Vermögenswerten, etwa beim Einkauf von Waren und Dienstleistungen.
    Bemerkenswert ist das Täter-Profil. Meist über 40 Jahre alt, männlich, häufig mehr als zehn Jahre im Unternehmen und meist in einer gehobenen Position. Als Gründe für die Verstöße nennt die Studie Frustration und zunehmenden Leistungsdruck.
    Ich sehe das so: Je mehr im Laufe der Jahre von oben die Luft zum Atmen genommen wird, desto wahrscheinlicher wird die Enttäuschung in einem finalen Akt der Rache oder der Selbstermächtigung münden – als Kompensation der eigenen Ohnmacht und Bitterkeit.
    Ein Natural Born Leader würde aufbegehren. Manch eine Memme versucht stattdessen, wenigstens auf diesem Wege etwas für ihr Ego abzugreifen.
    Interessanterweise sind Compliance-Abteilungen in Mittelstandsunternehmen nur schwer durchzusetzen. Als Grund führt der Herausgeber der Studie die Firmenkultur an: »Bei Familienunternehmen ist Vertrauen das Ein und Alles. Die Kontrolle der Compliance-Abteilungen wird da nur schwer akzeptiert.«
    Controlling, Human Resources, Compliance – unsere Unternehmensführer machen uns mit ihren Kontroll-Abteilungen die Arbeit nicht leichter. Stattdessen entmündigen sie uns nur immer weiter, entziehen unseren Chefs und uns Stück für Stück das Vertrauen. Budget-Kontrolle, Abteilungen für Personalunwesen und kriminelle Umtriebe – das sind die Folgen des institutionalisierten Misstrauens in die Mitarbeiter und insbesondere in ihre Führungskräfte.
    Die tatsächliche Botschaft:
    Liebe Mitarbeiter, ihr könnt nicht mit Geld umgehen!
    Wenn man Dir, lieber Abteilungsleiter, nicht auf die Finger schaut, schmeißt Du es einfach zum Fenster heraus oder klaust es gar. Deine Mitarbeiter steigen bei auswärtigen Kundenterminen in den teuersten Nobelherbergen ab. Dein Team sprengt bei jedem Projekt das Limit an Ausgaben.
    Du weißt nicht, wie man mit Mitarbeitern spricht.
    Du hast keine Ahnung, wie man ein Angebot richtig verfasst.
    Du hast keinen inneren Kompass, der Dir anzeigt, wann man eine Einladung eines Kunden zum Essen annehmen darf und wann nicht. Und weil du keine Ahnung hast, haben deine Mitarbeiter erst recht keine.
    Jede dieser Anschuldigungen ein kleiner Stich fürs Manager-Ego. Jede Anweisung ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Resignation. Bis unsere Chefs klein beigeben und tun, wie ihnen geheißen. Bis sie zu echten Memmen werden – gleichgeschaltet im Memmen-Biotop.
    Die bürokratische Fußfessel:
»Patrick, wo steckst Du?«
    Der wohl älteste Kontrollmechanismus der Ober-Memmen über ihre vermeintlich nicht ganz zurechnungsfähigen Angestellten ist die Präsenzpflicht am Arbeitsplatz. Dabei ist die angesichts der tatsächlich nutzbringenden technischen Möglichkeiten unserer Zeit ungefähr so zeitgemäß wie ein C-Netz-Handy im Kofferformat.
    An keinem anderen Instrument des Konzernmanagements erkennt man deutlicher, wie viel Angst die Zentrale hat, dass wir Mist bauen und sie den Job oder den Bonus kosten könnten. Aber das merkt man erst, wenn man einmal vorbehaltlos darüber nachdenkt, wofür eine Präsenzpflicht in vielen Jobs heute überhaupt noch gut ist.
    Im Juli 2011 startete die Deutsche Telekom ein Programm zur Teilzeitarbeit. Endlich, möchte man sagen. Wohlge merkt ein Modell für mehr als 100 000 Mitarbeiter, dessen Vorzüge jeder Mitarbeiter erst einmal beantragen muss. Vor der Freiheit kommt die Bürokratie.
    Wie größtmögliche Freiheit aussehen kann, zeigt dagegen das schwäbische Maschinenbauunternehmen Trumpf. Seit 1. Juli 2011 kann jeder Mitarbeiter dort in Rücksprache mit seinem Vorgesetzten selbst entscheiden, wie viel er oder sie arbeiten möchte. Gemeinsam festgelegt wird eine Basisarbeitszeit zwischen 15 und 40 Stunden pro Woche. Ein fünfwöchiger Urlaub oder eine längere Auszeit – auch das ist möglich. Die Firmenchefin Nicola Leibinger-Kammüller vertraut darauf, dass ihre motivierten Mitarbeiter da sind, wenn es darauf ankommt. Und das sind sie. 2011 erzielte das Unternehmen einen Rekord beim Umsatzwachstum.
    Noch aber ist so ein Modell eher die Ausnahme als die Regel. Noch regiert in der deutschen Wirtschaft die

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