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Mein digitales Ich

Mein digitales Ich

Titel: Mein digitales Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ariane Christian u Greiner Grasse
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Domestizierung von Computern beschreiben. So wurden die komplexen und unsichtbaren Prozesse dieser »unmenschlichen« Maschinen im Alltag nachvollziehbar und vor allem handhabbar. Trotz allem: Der Mensch wird weiterhin dazu gezwungen, sich der Maschine anzupassen. Auch wenn die Sprache kein Hindernis mehr darstellt, muss doch der haptische Umgang mit dem Rechner erlernt werden.
    Eine natürliche Interaktion zwischen Mensch und Computer etabliert sich erst langsam – im vierten Jahrzehnt der Existenz von Heimcomputern. Plötzlich zeichnet sich eine Umkehr des Verhältnisses ab: Heute beherrschen Computersysteme die Anpassung an die naturgegebenen Bedürfnisse des Menschen. Dank moderner Touchscreens bedarf es lediglich einer simplen Berührung, um ein Programm zu starten. Computer interpretieren jetzt menschliche Gesten und setzen beispielsweise das Spreizen von Daumen und Zeigefinger in eine Zoom-Funktion um. Wir erwarten zunehmend, dass wir Informationen anfassen können, und zwar so, wie wir es bei den jeweiligen Entsprechungen in der materiellen Welt erlernt haben. Digitale Bücher auf dem iPad blättern sich fast genauso natürlich wie die Seiten eines echten Buchs, und durch clevere Geräusch-Imitationen klingt das Löschen einer virtuellen Datei wie das Zerknüllen eines Blatt Papiers samt anschließendem Wurf in den Papierkorb. Diese immersive digitale Nachahmung menschlicher Gewohnheiten ist ein Beleg für die zweite Phase der Domestizierung des Computers. Wir müssen uns nicht mehr an die Maschine anpassen, wir können einfach Menschsein, denn der Rechner lernt uns zunehmend besser zu verstehen. Und das sogar wortwörtlich. Die neuesten Entwicklungen im Bereich Sprachsynthese und Sprachsteuerung übersetzen unsere Worte in die des Computers. Das zeigen Assistenzsysteme wie die »SIRI« getaufte Software von Apple, die in aktuellen iPhones integriert ist. Sie erlaubt das Diktieren von Text und antwortet auf Fragen, die ein Nutzer ihr stellt. Die stummen Vorgänger dieser Idee reichen zurück bis in die Mitte der Sechzigerjahre – als der deutsch-amerikanische Informatiker Joseph Weizenbaum sein Programm ELIZA entwickelte. Bereits damals zeigte es die auf natürlicher Sprache basierenden Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Mensch und Computer auf, indem ein Gespräch zwischen Patient und Psychotherapeut simuliert wurde.
    Ein weiterer Aspekt der aktuellen Phase der Domestizierung des Computers bezieht sich auf die Steuerung per Körpergesten. Mit Geräten wie dem Kinect-Controller von Microsoft tritt die technische Schnittstelle komplett in den Hintergrund. Der Computer erkennt die Bewegung des Menschen, reagiert auf Gesten und interpretiert sie. So erlangt man die Aufmerksamkeit der Software beispielsweise mit dem Winken der Hand und kann virtuelle Objekte am Bildschirm mit natürlichen Armbewegungen steuern, was das Benutzen einer Maus überflüssig macht.
    Die gewachsene Bequemlichkeit im Umgang mit dem Computer hat jedoch auch einen Nachteil: Kaum ein Nutzer schaut noch hinter das System, und immer weniger User verstehen es. Der Umgang ist selbstverständlich geworden, so selbstverständlich, dass das System kaum noch hinterfragt wird. Ein weiterer Nachteil der Rechner-Domestizierung besteht darin, dass der Computer als universeller Alleskönner immer mehr verschwindet. Der kanadische Science-Fiction-Autor und Netzaktivist Cory Doctorow will einen wirtschaftlich initiierten Krieg gegen den Allzweckrechner erkannt haben, den er als »war on general purpose computing« 23 bezeichnet. Demnach hätte eine Spielekonsole, ein internetfähiger Fernseher, ein Tablet-PC oder ein im Auto integrierter Bordcomputer zwar Vorteile im Bereich der einfachen Bedienbarkeit, diese gehe jedoch mit einem eingeschränkten Zugriff und sinkender Kontrolle über die Masse der Spezial-Computer einher.
Das Netz ist überall
    Die volle Kraft eines Computers wird erst durch die intelligente Vernetzung mit anderen Rechnern wirksam. So kann beispielsweise die Rechenlast bei komplexen Anwendungen und Diensten optimal verteilt werden, auch Daten können dank der Vernetzung von Computern kopiert, mehrfach gespiegelt und gesichert werden. Die Geburtsstunde des Internets ist in den späten Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts verankert und begann als ein Projekt des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums. Die frühe Vernetzung von Großrechnern wurde hauptsächlich dazu genutzt, um Informationen zwischen Universitäten und

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