Mein digitales Ich
ihnen erlaubt, den einzelnen Menschen bei der Wahl der Therapie mehr zu berücksichtigen. Sie wollen eine Medizin, die eine auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnittene Vorsorge, Diagnostik, Früherkennung und Therapie ermöglicht, um individuelle Krankheitsrisiken genauer vorhersagenzu können und unerwünschte Nebenwirkungen sowie ineffiziente Therapien möglichst zu vermeiden.
Für Wilhelm Breitenbürger ist das alles nicht neu. Er engagiert sich schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert für einen medizinpolitischen Wandel hin zu mehr Rücksicht auf Individualität. Er korrespondiert mit Politikern, spricht vor Publikum und tauscht sich mit Kollegen aus. Aber viel getan hat sich in all den Jahren nicht.
Sein 1984 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichter Artikel »Plädoyer für eine alternative Praxisführung – Wie kann der Patient im ärztlichen Alltag zu Eigenverantwortlichkeit geführt werden?« 21 , in dem er ausführlich die Vorteile für alle Beteiligten – Arzt, Patient und Gesundheitssystem – darlegt, die ein Praxisstil mit mehr Zeit für den einzelnen Patienten mit sich bringt, hat ihm zwar viele positive Reaktionen aus der Ärzteschaft eingebracht. Dennoch hat sich die Lage seit damals nicht verbessert. Das persönliche Gespräch wird von den kassenärztlichen Vereinigungen noch immer stiefmütterlich behandelt. In deren Abrechnungslogik ist das Patientengespräch kaum Geld wert. Reich werden kann man als Arzt auf die Weise also immer noch nicht. Zumindest nicht im finanziellen Sinn.
Betrachtet man nun alles zusammen: erstens das Drängen der Ärzte nach mehr Möglichkeiten, individuell und gründlich auf den einzelnen Patienten eingehen zu können; zweitens die Notwendigkeit, im entspannten, sich ohne Zeitdruck entwickelnden Gespräch mit dem Patienten herauszufinden, welche Aspekte seines Lebens ihn tiefgreifend stören und ihm daraufhin zu zeigen, was er selbst tun kann, um gesund zu werden; und drittens den enormen Datenschatz, den ein Selbstvermesser fortlaufend generiert und der ein komplexes Bild seines Körpers in seinem spezifischen Alltag liefert, so liegt der Schluss nahe, dass die Kombination aus Quantified Self und ärztlicher Unterstützung zur Verbesserung des überforderten Gesundheitswesens beitragen könnte.
Die positive Vision, unsere Vision, wäre ein Arzt mit genug Zeit (Systemvoraussetzung), Geduld und echtem Interesse am Patienten und seiner Erzählung (persönliche Voraussetzungen), der im Gespräch mit dem Patienten dessen Lebenslage erörtert, entscheidende Punkte gegebenenfalls mit durch Quantified Self erhobenen Daten vergleicht und dann mit dem Patienten gemeinsam Ziele formuliert und ein Gesundheitsprogramm entwickelt, das der Patient wiederum dank Quantified Self besser befolgen kann, was nach und nach dazu führt, dass er die Botschaften seines Körpers entschlüsseln und damit sich selbst besser verstehen kann.
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http://www.cooking-hacks.com/index.php/documentation/tutorials/ehealth-biometric-sensor-platform-arduino-raspberry-pi-medical
Die Macher des Elektronik-Magazins »Cooking Hacks« haben eine Bauanleitung für ein umfangreiches medizinisches Analyse- und Vermessungsgerät veröffentlicht.
Das Smartphone, ohnehin ständiger Begleiter, wird durch verschiedene Gesundheits-Apps zur Dokumentation von beispielsweise Blutdruck, Schlafverhalten, emotionalen Zuständen oder Blutzucker zur zentralen Schalt- und Sammelstelle der eigenen Gesundheitsdaten. Mit diesem ausgelagerten »Körpergedächtnis« zum Arzt zu gehen, ihm die Daten in der Sprechstunde zu zeigen, um das Gemessene auch angemessen interpretieren zu können, würde einen großen Schritt in Richtung einer modernen Medizin bedeuten.
7 . Menschmaschinen und Maschinenmenschen: Wie Mensch und Computer eins werden
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Der Gedanke ist eigentlich ganz einfach und logisch. Die Techniken der digitalen Selbstvermessung erweitern den Menschen und geben ihm zumindest indirekt Fähigkeiten eines Computers. In Zukunft werden Mensch und Maschine eine immer engere Verbindung eingehen. Mensch, Computer und Internet werden eine noch stärkere Einheit bilden, als das schon heute der Fall ist. Ein Blick in die computergestützte Technologiegeschichte lässt diese Vermutung als eine ganz »natürliche« und logisch nachvollziehbare Entwicklung erscheinen.
30 Jahre ist es her, als das erste kommerzielle Mobiltelefon auf den Markt kam. Das Dynatac 8000X von Motorola wog etwa 800 Gramm,
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