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Mein digitales Ich

Mein digitales Ich

Titel: Mein digitales Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ariane Christian u Greiner Grasse
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sowie eine neue Welle der Aufklärung auslösen. Die Suche nach einem persönlichen »Daten-Doppelgänger«, der mit mir in Lebenslauf und Aktivitäten übereinstimmt, würde ebenso zur zukünftigen Realität gehören wie das zuverlässige Vorhersagen von Naturkatastrophen. Die ersten Schritte des Big-Data-Zeitalters haben demnach bereits begonnen und sind in den Bereichen der personalisierten Medizin, der intelligenten Stromzähler und des datengestützten Alltags zu finden. Dass diese Tendenzen und Prophezeiungen durchaus realistisch sind, zeigt ein Blick in die Wissenschaft. Das in der Schweiz angesiedelte EU-Forschungsprojekt FuturICT will die Unmengen von Informationen eines Big-Data-Netzwerks aufbereiten und Soziologen und anderen Forschern als Rohmaterial für einen fachlichen Diskurs zur Verfügung stellen. Damit soll eine Grundlage für eine neue Ebenein den Gesellschaftswissenschaften geformt werden, die sogar gesellschaftliche Entwicklungen vorhersagen können soll. Konkret wollen die Forscher sämtliche öffentlich per Internet zugänglichen Daten aus den Bereichen Finanzen, Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt sammeln und damit den sogenannten »Living Earth Simulator« füttern. Die komplexe Analyse-Software soll mit der umfassenden akkumulierten Datengrundlage am Computer eine virtuelle Weltgesellschaft modellieren, so wie es heute bereits für komplexe Systeme in der Physik und in der Biologie gemacht wird. Auch wenn die Macher des Projekts dem Datenschutz nach eigenen Aussagen die höchste Priorität einräumen, ist die Kritik an solchen Vorhaben offensichtlich. Schließlich könnten solche gesamtgesellschaftlichen Analyse- und Simulationswerkzeuge auch für die Überwachung und Steuerung einer Gesellschaft verwendet werden. Das zeigt die brodelnde Kritik an dem ebenfalls von der EU finanzierten Forschungsprojekt INDECT, dem »Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment« (Intelligentes Informationssystem zur Unterstützung von Überwachung, Suche und Erfassung für die Sicherheit von Bürgern in städtischer Umgebung). Innerhalb des Projekts werden Techniken und Methoden für eine automatische Erkennung von strafrechtlich relevanten Bedrohungen und Taten erarbeitet. Dazu wird die automatisierte Auswertung von Bildern aus öffentlicher Videoüberwachung und deren Verknüpfung mit Informationen aus dem Internet und einer Vielzahl weiterer Datenquellen untersucht. Dass Computer uns Menschen immer besser verstehen und unser Verhalten und unsere Vorlieben kennen, lesen und vorhersagenkönnen, hilft auch möglichen negativen Entwicklungen der aktuellen Phase der Mensch-Maschine-Vernetzung.
Wie Computer immer menschlicher werden
    Computer können heute mehr oder weniger alles, was Menschen auch können, nur besser. Ein Großteil der Fließband- und Fabrikarbeit wird von ihnen erledigt, denn sie arbeiten präziser, schneller und konstanter, als wir es je könnten. Sie steuern riesige Schwenkarme und schweißen Autoteile zusammen, löten und montieren Elektrogeräte und erledigen immer mehr körperliche Arbeit für uns. Aber auch kreative Leistungen werden zunehmend vom Rechner bewältigt. Sportberichte etwa werden bereits heute von Computerprogrammen verfasst, denn sie »verstehen« die menschliche Sprache immer besser und können Fakten schneller sortieren und analysieren als wir. Diese Form der künstlichen Intelligenz und die Fähigkeit, »eigenständig« Kontexte einordnen und verarbeiten zu können, bewies die von IBM entwickelte Wissensmaschine Watson im Februar 2011 auf beeindruckende Weise. Das nach dem IBM-Gründer benannte Computerprogramm demonstrierte seine Leistungsfähigkeit in dem US-amerikanischen Fernsehquiz Jeopardy , wo es seine zwei menschlichen Gegner regelrecht deklassierte. Einige Jahre zuvor, im Mai 1997 , schlug das Watson-Vorgängerprogramm Deep Blue den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow, indem es bis zu 200 Millionen Schachstellungen pro Sekunde berechnete.
    Auch in sozialen Netzwerken tummeln sich bereits einige Computerprogramme. Sogenannte Social Bots lesen und schreiben Twitter-Nachrichten und Facebook-Meldungen und unterhalten sich mit menschlichen Kommunikationspartnern. Wissenschaftler der University of British Columbia haben solche Programme entwickelt. Die künstlichen Nutzer melden sich selbstständig bei Social-Media-Plattformen an und versuchen anschließend, möglichst viele

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