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Mein digitales Ich

Mein digitales Ich

Titel: Mein digitales Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ariane Christian u Greiner Grasse
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meisten alltäglich ist, wäre vor nicht einmal 20 Jahren pure Science-Fiction gewesen. Der digitale Nachrichtenstrom, der von außen zu uns herangetragen wird, ist immens. Die Technik dient uns dabei bisher hauptsächlich als Filterwerkzeug für die Verarbeitung, Organisation und Optimierung der uns umgebenden Welt. Stück für Stück rückt sienun jedoch immer dichter an unseren eigenen Körper heran. So dicht, dass wir mit ihr nicht mehr nur die Welt um uns herum betrachten, sondern den digitalen Blick auch nach innen richten und ihn dabei zunehmend schärfen. Digitale Schrittzähler dokumentieren unsere körperliche Aktivität, mit EEG-Stirnbändern können wir unsere Hirnaktivität und so zum Beispiel unseren Schlaf überwachen, und dank spezieller Smartphone-Apps lässt sich die eigene Ernährung verbessern. Wir werden gleichzeitig zum Datenlieferanten und Informationskonsumenten. Nachdem die digitale Vermessung und virtuelle Kartografierung der Welt in vollem Gange ist, rücken wir nun selbst in die vernetzte Betrachtung und werden zunehmend ein passendes Teil im digitalen Puzzle – aktiv und passiv, in Körpernähe, direkt am Körper und bald sogar im Körper selbst. Aber welche Daten stecken eigentlich in unserem Körper, wie können wir sie auslesen, und was bringt uns das digitale Spiegelbild des Selbst?
Aus Kilogramm wird Kilobyte
    Fast jeder kennt sein Gewicht und seine Körpergröße, diese beiden Variablen zur Beschreibung des Selbst gelten in unserer Gesellschaft quasi als Pflichtwissen. Bereits vor 7000 Jahren wurde gemessen, wie schwer ein Objekt im Vergleich zu einem anderen ist, zumindest lässt sich die bislang älteste bekannte Balkenwaage auf diesen Zeitraum zurückdatieren. Seitdem sie vor knapp 7000 Jahren einem ägyptischen Grab beigelegt wurde, hat sich die grundsätzliche Erfassung des Gewichtsnur unwesentlich verändert. Neben der Schwere eines Körpers messen moderne (Körper-)Waagen aber noch ein bisschen mehr. Mit der sogenannten bioelektrischen Impedanzanalyse können Muskel- und Knochenmasse, Körper- oder sogar Organfettanteil erfasst werden. Beim Betreten einer solchen Körperfettwaage wird ein geringer Strom durch den Körper gelenkt. Währenddessen misst die Waage den Widerstand und die Schwankung des Stromflusses. Die so erfassten Werte ermöglichen Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des gewogenen Objekts. Praktischerweise errechnen die Geräte nach einmaliger Angabe von Geschlecht, Alter und Körpergröße auch gleich den entsprechenden Body-Mass-Index sowie andere Körpermaßzahlen. Die neuesten Modelle erfassen sogar den Herzschlag und messen die Luftqualität im Raum – und werden damit zu einer Art Gesundheitsmessgerät.
    Wirklich interessant wird die Waage aber erst im Zusammenspiel mit dem Internet. Die sogenannten WLAN-Waagen senden die gemessenen Daten an ein persönliches Online-Konto, wo die entsprechenden Werte chronologisch aufgelistet und gespeichert werden. Betreten Sie eine solche Waage, können Sie im Nachhinein am Computer, Smartphone oder Tablet die Ergebnisse ausführlicher betrachten. Die nackten Zahlen werden online in schicke Grafiken, Verlaufskurven und Trend-Diagramme verwandelt und können bei einigen Herstellern sogar exportiert werden, etwa für einen Arztbesuch. Der selbst erklärte Marktführer bei WLAN-Waagen, die Firma Withings, schreibt: »Erstellen und drucken Sie (für Ihren Arzt) Ihre Wachstums-, Gewichts-, Größen- und BMI-Kurven im Gesundheitspass-Format.« Wer will, kann sein Gewicht auch mit anderen Personenteilen. So erhält beispielsweise der Fitnesstrainer, der Ernährungsberater oder der virtuelle Twitter-Freundeskreis via Internet Zugriff auf die Körperdaten. Immer mehr Menschen nutzen soziale Netzwerke, um sich über ihre Diätziele, Erfolge oder Misserfolge auszutauschen. Der Twitter-Nutzer Steve Schutzbier alias aviationsteve teilt zum Beispiel öffentlich mit: »Mein Gewicht: 107,7 kg. Noch 7,65 kg abzunehmen.« Das Öffentlichmachen des eigenen Körpergewichts kann die Motivation steigern und dabei helfen, das angestrebte Wunschgewicht tatsächlich zu erreichen, so die Theorie. Außerdem ermöglicht das Teilen der eigenen Daten einen Austausch mit anderen Nutzern, die gerade ein ähnliches Ziel verfolgen. So wird das Abnehmen zum gemeinschaftlichen, gegenseitig motivierenden Event. Die erwähnten Mess- und Mitteilungsfunktionen stehen übrigens nicht nur einem Benutzer innerhalb eines Haushalts zur Verfügung. Die

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