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Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Titel: Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt
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französische Regierung der internen Stabilitätspolitik eindeutige und klare Priorität gibt. Sie ist wie wir der Ansicht, dass handelspolitischer Protektionismus keinen Ausweg bieten kann aus einer schwierigen Zahlungsbilanzsituation. Ich möchte der Klarheit wegen hervorheben, dass sich diese Auffassung des französischen Staatspräsidenten über den richtigen wirtschaftspolitischen Kurs seines Landes nicht erst im Gespräch mit mir gebildet hat.
    Die deutsche und die französische Wirtschaftspolitik liegen also auf demselben, an dem Ziel der Geldwertstabilität orientierten Kurs. Ich nehme an, dass dies durch konkrete französische Maßnahmen in der allernächsten Zeit noch etwas deutlicher werden wird. Auf der Grundlage einer stabilitätsorientierten Politik fühlt sich im übrigen Frankreich ökonomisch durchaus stark genug, die Zeit bis zur Besserung seiner Zahlungsbilanz aus eigener Kraft zu überbrücken.
    Zusammenfassend und vielleicht in der Bewertung ein wenig schon das vorwegnehmend, was Herr Kollege Genscher sogleich noch durch seinen Bericht über Luxemburg bestätigen wird, möchte ich feststellen: Die Bundesregierung hat aus Verlauf und Inhalt der drei hier besprochenen oder gleich noch zu berichtenden europapolitisch bedeutsamen Zusammenkünfte der letzten Tage mit Befriedigung die Schlussfolgerung gezogen, dass die in den letzten Monaten sich zugespitzt habende Lage der Europäischen Gemeinschaft sich in den letzten sieben Tagen erheblich entspannt hat. Diesen positiven Impuls wollen wir erhalten.

Lebt Europa von Krisen? ( 1975 )
    Von Anfang an beschäftigte der Streit ums Geld die Organe der Europäischen Gemeinschaft: Wer zahlt wie viel in die gemeinsame Kasse, und nach welchen Schlüsseln wird der zur Verfügung stehende Betrag dann verteilt? Am 29 . Januar 1974 hielt Helmut Schmidt – damals noch Finanzminister im zweiten Kabinett Brandt – vor dem Royal Institute of International Affairs in London eine Rede über die finanzpolitischen Querelen zwischen den Mitgliedsstaaten. Hintergrund seiner von Pessimismus gezeichneten Rede war das absehbare Scheitern des Europäischen Wechselkursverbundes, den die Mitgliedsstaaten zur gegenseitigen Stabilisierung ihrer Währungen gegenüber dem US -Dollar im April 1972 vereinbart hatten (»Währungsschlange«). 1973 war Italien aus der »Schlange« ausgetreten, Frankreich folgte ein Jahr später diesem Schritt; damit waren sämtliche Pläne zur Errichtung einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion vorerst gescheitert. Dass Schmidt ausgerechnet in London die finanzpolitischen Probleme so offen ansprach, dürfte Wasser auf die Mühlen der Europaskeptiker gewesen sein, die nirgendwo so zahlreich vertreten waren wie in Großbritannien, das ein Jahr zuvor zusammen mit Irland und Dänemark der EG beigetreten war. Der von Schmidt geforderte europäische Rechnungshof, von dem er sich eine »verstärkte Kontrolle der Finanzen der Gemeinschaft« versprach, wurde 1975 eingerichtet.
    L assen Sie mich mit einer vielleicht frivolen Bemerkung beginnen: Europa lebt – aber mir scheint, es lebt von Krisen.
    Wenn ich das sage, dann denke ich zum Beispiel an den 15 . Januar dieses Jahres, morgens um drei Uhr, als der französische Agrarminister unter Protest den Agrarrat verließ. Weder die Europäische Kommission, noch die übrigen Minister hatten den französischen Vorstellungen über den Preis für Rindfleisch folgen können. Und da hatten wir die Agrarkrise Nummer … – haben Sie mitgezählt?
    Ich denke dann auch an die Außenminister, die parallel zum Agrarrat tagten, allerdings Gott sei Dank schon vor drei Uhr morgens Schluss gemacht hatten. Sie sind glücklicherweise noch nicht zu der bei den Agrariern wohl verständlichen Auffassung gelangt, dass die besten Lösungen dann zustande kommen, wenn auf dem Hühnerhof ein neuer Tag beginnt. Trotzdem ging es ihnen nicht besser: keine Einigung über die gemeinschaftliche Regionalpolitik.
    Lassen Sie mich weiter erinnern an die Bemühungen um gemeinschaftliche Solidarität bei der Energieversorgung. Hier darf die Frage gestellt werden, ob Bilateralismus die richtige Verhaltensregel ist.
    Vor wenigen Tagen ist nun auch noch die »Schlange« amputiert worden, dieses empfindliche Haustier Europäischer Währungsverbund, dieses Symbol einer besonders engen Verpflichtung zur gemeinsamen, europäischen Politik. Und wir haben nicht viel mehr als die Hoffnung, dass bei Schlangen verlorene Teile wieder nachwachsen und

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