Mein Ex, der Schneesturm und ich
fünfhundert Puzzles.“
„Mrs Palmer hat das Regiment über die Puzzles übernommen. Sie kann ganz schön gemein werden, wenn man nicht zuerst den Rahmen auslegt.“
„Ist ja auch einfacher so.“
„Sie hat Mr Bergen einen Klaps auf die Hand gegeben. Er ist fast siebzig. Ein Kind könnte lebenslange Albträume davontragen.“
Nun musste Delaney doch lachen. Als er mit einfiel, krampfte sich ihr Magen zusammen. „Du suchst doch nur einen Vorwand, um unsere Kinder mit Glücksspiel zu verderben.“
Seine grünen Augen glänzten vor Vergnügen. Delaney senkte schnell den Blick und konzentrierte sich auf seinen Mund – ein Fehler. „Ach, so schlimm verderben werde ich sie schon nicht.“
„Warum ausgerechnet Poker?“
„Weil ich gut darin bin.“
Delaney seufzte. Das wusste sie selbst. Wenn die Fänge ausblieben, vertrieben sich die Fischer die Zeit mit Poker. Er hatte sogar einige Male versucht, ihr das Spiel beizubringen. Doch sie war so schlecht, dass nicht einmal die Aussicht, ihr beim Strip-Poker sämtliche Kleidungsstücke abzuluchsen, ihn dazu bewegen konnte, mit ihr zu spielen.
„Weißt du eigentlich, wie ich mein Geld verdient habe?“, fragte er und wurde ernst.
„Sandy meinte, du hättest ihr und Mike damals, als sie das Haus kaufen wollten, sehr helfen können, weil du Immobilienmakler bist.“
„Aber mein erstes Grundstück habe ich mit dem Geld finanziert, das ich beim Pokern gewonnen hatte. Dank dieses Spiels bin ich von hier weggekommen und habe meine Karriere gestartet.“
Das hatte sie nicht gewusst. Doch das weckte ganz andere Sorgen in ihr, als das jemand die Nase darüber rümpfen würde, dass die Kinder um Büroklammern spielten. „Setz den jungen Leuten keine Flausen in den Kopf – zum Beispiel, dass sie sich beim Pokern ein neues Leben erspielen können.“
„Was ist denn falsch daran, wenn man Träume hat?“, entgegnete er und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Gar nichts. Aber die meistendieser Jugendlichen werden entweder als Fischer arbeiten oder für kaum mehr als den Mindestlohn schuften und trotzdem mit ihrem Leben zufrieden sein. Wer etwas anderes will, muss entweder für seine Träume kämpfen oder nicht. Nur weil du zufällig Glück gehabt hast, bedeutet das noch lange nicht, dass man nicht hart kämpfen muss.“
„Delaney, ich beabsichtige sicher nicht, die Jugendlichen von Tucker’s Point einzulullen und von hier wegzulocken wie ein Poker spielender Rattenfänger. Pokern macht einfach Spaß. Es ist genau das Richtige für die jungen Leute, und auch für die Erwachsenen, die keine Lust auf – ich zitiere – ‚Kinderkram’ haben, oder darauf, sich von Mrs Palmer auf die Finger hauen zu lassen.“
„Treffen wir eine Abmachung. Ich helfe dir, etwas aufzutreiben, dass ihr als Pokerchips verwenden könnt, wenn du dir im Gegenzug von den Eltern der jüngeren Kinder vorab die ausdrückliche Erlaubnis dafür einholst, ihnen das Spiel beizubringen.“
„Einverstanden.“
„Eine gute Freundin von mir unterrichtet hier eine erste Klasse. Wir plündern ihr Klassenzimmer.“
Delaney war sich sehr wohl bewusst, dass, sobald sie mit Brody durch die Doppeltür in den Flur verschwand, das Gerede losgehen würde, aber daran ließ sich leider nichts ändern. Sie wollte keine der anderen Hilfskräfte mit ihm losschicken, denn sie hatte ohnehin schon Bedenken, einfach so die Klassenräume zu durchstöbern. Zudem war sie persönlich für die Schulschlüssel verantwortlich. Sie ließ sich nur auf die Sache ein, weil sie mit Patti Worth befreundet war.
Das Quietschen ihrer Schuhsohlen auf den gebohnerten Böden war das einzige Geräusch, das sie auf dem Weg durch eine verwirrende Vielzahl von Korridoren begleitete. Schließlich erreichten sie den Klassenraum. „Miss Worth“, stand auf einem farbenfrohen, handgemalten Schild an der Tür. Delaney schloss auf und hatte seltsamerweise das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Lag es daran, dass sie heimlich in einem Klassenzimmer herumschlich, oder weil sie mit Brody allein war?
Ja, sie waren wirklich vollkommen allein.
„Welch himmlische Ruhe“, bemerkte Brody und schlug die Tür zu. „Am liebsten würde ich mich hier mit Kissen und Decke unter einem Tisch verkriechen, bis der Sturm vorüber ist.“
„Ja, es wäre wunderbar, wenn wir die Klassenzimmer nutzen dürften, zum Beispiel für Sandy und Noah. Aber leider ist uns das aus Versicherungs- und Haftungsgründen untersagt.“
„Du würdest dich nicht mal
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