Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
bereits die ganze Familie versammelt hatte – nur Stephanie fehlte, die wohl mit Evan unterwegs war. Doch der Platz befand sich im Schatten, und gerade den schienen Mücken besonders zu mögen. Vielleicht lag es aber auch an Keris minzfrischem Atem. Jedenfalls dauerte es nur wenige Sekunden, bis sie wie eine Wahnsinnige um sich schlug.
„Was ist denn mit dir los?“, fragte Leo in seiner typischen Lautstärke, sodass alle auf ihn aufmerksam wurden.
„Ich hasse Mücken.“
„Dann sprüh dich mit Insektenspray ein, Dummchen.“
„Leo!“, rief Mary. „Untersteh dich, Joes Freundin ein Dummchen zu nennen.“
Joes Freundin.
Keri konnte nicht glauben, dass jemand sie so genannt hatte. Ihr Magen verkrampfte sich. Das letzte Mal war lange her, und sie hatte beinahe vergessen, wie sehr sie es gehasst hatte.
Leo hob die Hände. „Wie bitte? Sie weiß nicht, dass ein Mückenabwehrmittel Mücken abwehrt? Dann ist sie ein Dummchen!“
„Während Joe und ich frühstücken waren, ist auf geheimnisvolle Weise mein gesamter Vorrat an Mückenspray verschwunden“, erklärte Keri und schaute Terry dabei finster an.
Mary entging nichts. „Theresa, hast du Keris Insektenspray versteckt?“
Wenn sie so direkt darauf angesprochen wurde, traute Terry sich offensichtlich nicht, zu lügen. „Ja“, antwortete Joes Schwester ihrer Mutter.
„Warum?“, wollte Mary wissen.
In dem Moment bemerkte Keri, wie Lisa mit einem Mal große Augen bekam, und warf Joe einen vielsagenden Blick zu. Sie hatte es ihm ja gleich gesagt!
„Weil sie …“ Terry brach ab und lächelte ihre Mutter mit gespielter Reue an. „Es war ein Streich, Ma, nichts weiter.“
„Dann geh und hol es, ehe die Mücken sie bei lebendigem Leib auffressen.“
Nachdem die Sache damit einen etwas lahmen Abschluss gefunden hatte, setzten die anderen ihre Diskussion über die heutige Tour fort. Das gab Keri die Gelegenheit, zum Tisch hinüberzugehen und sich den letzten Kaffee einzuschenken. Sie wollte gerade fragen, ob sie eine neue Kanne aufsetzen sollte, als eine ihr unbekannte Frau und ein kleiner Junge auf Lisa zukamen.
„Hallo, bist du Bobbys Mutter? Ich bin Seans Mutter.“ Die beiden Frauen lachten und verabredeten, dass Bobby mit zu Sean gehen und mit seinen Lastern spielen durfte.
Keri bekam von diesem Gespräch kaum etwas mit.
Hallo, bist du Terrys Mutter? Ich bin Keris Mutter.
Da war es schon wieder. Hatte Mary sie nicht eben
Joes Freundin
genannt?
Keri war sich nicht mehr sicher, wann sie begriffen hatte, dass ihre Mutter keine eigene mehr Identität besaß. Wahrscheinlich hatte sich die Erkenntnis nach und nach eingestellt und nicht plötzlich von einer Sekunde zur anderen.
Keris Mutter. Eds Frau. Mrs Daniels. Ihr Vater sagte
Schatz
zu ihr und Keri
Mom
. Keri hatte nie gehört, dass jemand sie
Janie
nannte. Natürlich wusste sie, dass es dennoch Menschen gab, die das taten: Mrs Kowalski zum Beispiel. Die beiden waren schließlich Freundinnen, und deshalb sprachen sie sich vermutlich mit Vornamen an.
Eine Zeit lang hatte Keri sogar besonders darauf geachtet. Vielleicht war sie deshalb so geschockt gewesen, als bei ihrer Abschlussfeier eine Frau einer anderen zugeflüstert hatte: „Das ist die Freundin des Abschlussredners.“
„Ja, richtig“, hatte die andere geantwortet. „Ich hab schon gehört, dass Eds Tochter jetzt Joes Freundin ist.“
Keri hatte den ganzen Abend darüber nachgedacht, wie sie in letzter Zeit genannt worden war. Eds Tochter. Das Mädchen von den Daniels. Püppi (der Kosename, den ihr Vater benutzte) und Pfirsich (so nannte ihre Mutter sie). Joes Freundin.
Baby.
Auf dem Namensschild an ihrem Stuhl hatte
K. DANIELS
gestanden.
„Keri“, hatte sie sich selbst zugeflüstert. Und als sie ihren Umhang glatt gestrichen und sich den Doktorhut auf das toupierte Haar gesetzt hatte, war ihr die Frage durch den Kopf geschossen, ob ihre Mutter jemals das Gleiche getan hatte.
Keri wollte ihren Namen in Leuchtschrift sehen. Oder in den Klatschspalten. Sie hatte sich entschieden, noch ehe Joe mit seiner Rede begonnen hatte: Die Welt würde den Namen Keri Daniels zur Kenntnis nehmen.
Und jetzt war sie so dicht dran, ihn ganz oben im Impressum eines bekannten Wochenmagazins zu sehen.
Dafür musste sie sich nur konzentrieren – und sich ins Gedächtnis rufen, dass Joe ihr wie keinem anderen Reporter zuvor Zutritt zu seinem Leben gewährte.
Blitz.
„Sag Cheese!“
Und zu dem seiner Familie.
14. KAPITEL
T erry saß in ihrem
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