Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
zusammennehmen, um nicht die Fassung zu verlieren. Die Umarmungen und Küsse waren schlimm genug. Doch dass Bobby nicht verstehen konnte, warum sie zurück nach Los Angeles fuhr, versetzte ihr einen besonders schmerzhaften Stich.
„Ich hab Mommy doch gebeten, dich zu meinem Geburtstag einzuladen. Der ist nächste Woche“, sagte der Kleine.
„Das stimmt, mein Herz“, erwiderte Keri. „Aber du weißt, dass ich in Kalifornien wohne, am anderen Ende des Kontinents.“
„Du bist doch meine Freundin, und Freunde kommen zu ihren Geburtstagsfeiern!“
Keri stand kurz davor, sich endgültig in Tränen aufzulösen.
Schnell legte Lisa Bobby eine Hand auf die Schulter. „Wir schicken ihr eine Einladung. Vielleicht schafft sie es ja trotzdem. Wir werden sehen.“
Wir werden sehen.
Keri erinnerte sich an diese magischen Worte ihrer Eltern aus ihrer Kindheit. Sie waren der unverbindliche Ausweg aus Situationen, die nicht zu dem Ziel führten, das sich das Kind wünschte.
Keri gab Terry ihre Visitenkarte und war überrascht, wie stürmisch sie umarmt wurde. Sie drückte die Frau, die einmal ihre beste Freundin gewesen war, und ließ ein paar Tränen zu.
„Ich könnte jetzt so wütend auf dich sein“, flüsterte Terry ihr ins Ohr, „wenn es dich nicht genauso fertigmachen würde wie ihn.“
Keri nickte, brachte aber kein einziges Wort heraus. Sie löste sich aus Terrys Umarmung. Mit einem gequälten Lächeln winkte sie der ganzen Familie noch einmal zu.
Sie brauchte drei Anläufe, um sich anzuschnallen, und es grenzte an ein Wunder, dass sie das Auto gerade auf der Straße hielt. Durch den Tränenschleier konnte sie praktisch nichts sehen.
Das geht vorbei, redete sie sich im Stillen ein.
Genau wie damals.
Wenn sie erst zurück in ihrer schicken Wohnung war, einen Tag im Wellnesscenter verbracht hatte und sich auf ihre Beförderung freuen konnte, würde sich der Schmerz in leichte Nostalgie verwandeln.
Das hoffte sie zumindest.
Wahrscheinlich hätte Joe sich zusammennehmen können, wenn jetzt nicht ausgerechnet seine Mutter zu ihm gekommen wäre.
Joe kauerte auf einem der Stühle und starrte ins Nichts, als jemand die Hütte betrat. Sofort erkannte er seine Mutter an ihrem Duft nach Lavendel und Insektenspray, und noch bevor Mary ihn in den Arm nehmen konnte, war es um seine Selbstbeherrschung geschehen.
„Joseph“, sagte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Ich habe sie gebeten, zu bleiben“, sagte er mit gebrochener Stimme, was ihm ein bisschen peinlich war.
„Und?“
„Sie hat mich gebeten, mit nach Kalifornien zu kommen.“
„Warum bist du dann noch hier?“
Glaubte seine Mutter etwa, sie würden ihm alle so wenig bedeuten, dass er einfach seine Sachen packen und Tausende von Meilen wegziehen konnte? Es würde dauern, bis er über Keri hinweg war, doch ein Leben ohne seine Familie konnte er sich nicht einmal vorstellen.
Der Kloß in seinem Hals hinderte ihn daran, seiner Mutter das zu erklären. Joe saß zitternd da, und die Tränen liefen ihm über die Wangen.
Mary schmiegte das Kinn an seine Schulter und drückte ihre Wange an seine. „Es tut mir so leid, Liebling.“
Er nickte und war erleichtert, dass sie ihn nur noch einmal drückte und dann zur Tür ging.
„Ich sage deinen Brüdern, dass sie schon einmal mit dem Aufladen der Maschinen anfangen sollen“, erklärte sie.
„Nein.“ Er räusperte sich. „Wartet ein paar Minuten, ich komme gleich.“
„Wenn du willst, kannst du zusammenpacken und schon abhauen, Joseph. Das ist kein Problem.“
„Ich weiß. Aber mir ist gerade nicht danach, allein zu sein.“
Seine Mutter schaute ihn an. Der Ausdruck in ihren Augen war sanft. Doch der bestimmte Zug um ihren Mund zeigte deutlich, dass es ihr vollkommen egal war, wie groß oder wie alt er war: Joe hatte ihr jetzt zuzuhören. „Komm doch mit zu uns, Joe“, meinte Mary. „Du kannst eine Weile in deinem alten Zimmer schlafen.“
Das allerdings würde jeden in den Suff treiben. „Ich muss nicht bei euch übernachten, Ma. Und ihr müsst mich auch nicht mit Samthandschuhen anfassen. Ich will lieber weitermachen, als herumzusitzen und zu schmollen.“
Sie nickte. „Schön. Ich sage deinen Brüdern, dass du in ein paar Minuten da bist und ihnen hilfst.“
Alle verhielten sich mehr oder weniger normal, als Joe sich endlich dazu aufgerafft hatte, gemeinsam mit den anderen die Quads aufzuladen. So normal, wie sich die Kowalskis eben am Abreisetag üblicherweise
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