Mein feuriges Herz
rückte seinen Stuhl näher an den Schreibtisch und näher zu Corrie. „Wo fangen wir an?“
„Wie gesagt, die Frauen geben Anzeigen in den Zeitungen auf. Wir weigern uns zwar, solche Anzeigen zu drucken, aber im Daily Telegraph und in der Domestic Times finden sich täglich mindestens ein Dutzend davon.“
„Wir besorgen uns die Zeitungen“, erklärte Gray mit Bestimmtheit, „gehen allen Hinweisen nach und bieten jedem eine hohe Belohnung, der uns helfen kann, das Kind zu finden. Joshua Michael wurde am 30. Januar entführt; damals war er vier Wochen alt.“
„Ja, richtig“, bestätigte Corrie.
„Wir suchen also nach einem sechs Monate alten Jungen.“
„Wie wollt ihr wissen, ob euch das richtige Kind gezeigt wird?“, fragte Krista.
„Allison sagt, der Kleine war ein schönes Baby“, entgegnete Corrie. „Er kam mit dunklen Haaren und blauen Augen zur Welt, aber die Farben verändern sich. Jetzt könnte er blonde Haare und braune Augen haben.“
Gray räusperte sich. „Wir wissen, wie alt er ist, aber wir wissen nicht, wie er aussieht. Vielleicht gibt es etwas Schriftliches darüber, wer ihn gebracht und für seine Pflege bezahlt hat, das wir uns zeigen lassen können.“
Corrie hatte eine Idee. „Möglicherweise hat das Baby ein Muttermal an der linken Schulter“, sagte sie aufgeregt. „Mein Vater hat dieses Mal, und Laurel hatte es auch.“
Wieder drückte Gray ihr die Hand. „Wir beginnen unsere Suche noch heute. Vielen Dank, Krista. Jetzt wissen wir wenigstens, wo wir ansetzen müssen.“
„Mir wäre lieber, du bliebst hier im Haus“, sagte Gray im Arbeitszimmer seines Stadthauses. In den letzten drei Tagen hatten sie die Anzeigen in den Tageszeitungen durchforstet und mühsam die Adressen von Pflegemüttern herausgefunden, die die Anzeigen aufgegeben hatten.
Diese Frauen scheuten die Öffentlichkeit. Manche nahmen nur ein Kind auf, aber Corrie hatte von Krista erfahren, dass einige von ihnen im Laufe der Jahre den Tod von fünfzig und mehr Säuglingen verschuldet hatten. Über diese Kindsmisshandlungen wurde das Tuch des Schweigens gebreitet, da es keine gesetzliche Handhabe gab, um diesen erbarmungslosen Scheusalen das Handwerk zu legen.
„Ich begleite dich, Gray“, entgegnete Corrie. „Joshua ist mein Neffe. Wenn er noch am Leben ist und wir ihn finden, braucht er die Fürsorge einer Frau. Im Übrigen fühle ich mich an deiner Seite geborgener als hier im Haus ohne dich, auch wenn du mich von zehn Leibwächtern bewachen lässt.“
Gray trat leise fluchend ans Fenster. Ein Bewacher stand im Garten, ein zweiter patrouillierte auf der Straße.
„Na schön, einverstanden“, knurrte er widerwillig.
Sie lächelte zufrieden. „Du bist ein kluger Mann.“
„Und du bist eine störrische Frau, aber das ist ja nichts Neues.“
„Sollten wir Charles nicht doch Bescheid geben?“, fragte sie nach einigem Überlegen.
„Darüber haben wir bereits gesprochen. Charles hat genug gelitten. Wenn wir Gewissheit hätten, dass sein Sohn noch am Leben ist …“
„Du hast recht“, seufzte Corrie.
Gray trat auf sie zu. „Bist du sicher, dass du das durchstehst? Gott allein weiß, was uns erwartet.“
Corrie hob das Kinn und verdrängte entschieden die Schreckensbilder, die auf sie einstürmten. „Ich muss es tun.“
Er nickte knapp. „Gut, dann wollen wir. Vor uns liegt ein langer Tag.“
Deavers und Franklin standen auf dem hinteren Trittbrett der Kutsche, als sie ihre Suche begannen, die sie in die Elendsviertel der Stadt führte, von Southwark nach Turnbull und Cow Cross zu einer Frau in Holburn und einer in St. Giles.
Sie mussten an mehrere Türen klopfen, bis sie die gesuchte Frau ausfindig machten. Hatten sie das richtige Haus gefunden, wurden sie meist nicht eingelassen. Die Altersangabe des Kindes genügte, dass die Frauen ihnen kopfschüttelnd die Tür vor der Nase zuschlugen.
„Da kann ich Ihnen leider nicht helfen“, erklärte eine Witwe namens Cummins auf den morschen Holzstufen vor ihrem Haus in der Bedford Street. „Wir haben kein Kind in diesem Alter.“
Das bedeutete, dass keines ihrer Pflegekinder das Alter von sechs Monaten erreichte.
„Kann es sein, dass Sie einen vier Wochen alten Jungen um den ersten Februar herum bei sich aufgenommen haben?“,fragte Gray, wie schon so oft an diesem Tag. „Das Kind stammt aus der Gegend um Castle-on-Avon und könnte von einem Mann namens Biggs zu Ihnen gebracht worden sein. Wenn das so ist und Sie es beweisen
Weitere Kostenlose Bücher