Mein feuriges Herz
schließlich bin ich eine verheiratete Frau und hätte nicht zulassen dürfen, dass die Dinge zu weit führen.“
Tremaine antwortete nicht, machte allerdings keineswegs den Eindruck, als bedauere er das, was zwischen ihnen vorgefallen war.
In dem Augenblick rannte Homer herbei und bettelte schwanzwedelnd um ihre Aufmerksamkeit. Froh um die Ablenkung, bückte sie sich und kraulte ihn.
„Ich fürchte, ich muss gehen“, sagte sie. „Ich bin auf dem Rückweg zum Schloss.“ Mit einem Blick zu Pendergasts Lebensmittelladen konnte sie sich ein paar anerkennende Worte nicht verkneifen. „Das haben Sie gut gemacht, Mylord. Ich halte es für übertrieben, ein Kind dafür zu bestrafen, weil es seiner Mutter etwas zu essen besorgen will.“
„Sicher. Aber Diebstahl ist keine Lösung. Wenn der Bursche nicht Wort hält, mache ich meine Drohung wahr, das können Sie mir glauben.“
Daran hatte sie keinerlei Zweifel. Tremaine war ein hoher Offizier in der Armee gewesen. Disziplin und Ehre waren feste Bestandteile seines Lebens. Aber seit wann brachte sie den teuflischen Earl mit dem Begriff Ehre in Verbindung?
„Auch ich bin auf dem Rückweg“, sagte er. „Ich begleite Sie.“
Corrie unterdrückte den Wunsch, ihm zu sagen, dass sie keinen Wert auf seine Begleitung lege. Es reichte ihr schon, unter einem Dach mit ihm leben zu müssen. Aber sie war Gast in seinem Haus und durfte seine Bitte nicht abschlagen.
Der Earl holte sein Pferd aus dem Mietstall, spazierte neben ihr den Wiesenweg entlang, und Homer trottete hinter den beiden her. Unterwegs redeten sie kaum miteinander, und Corrie fühlte sich erstaunlicherweise in seiner Gesellschaft wohl, was sie eigentlich nicht erwartet hatte.
„Unser Dorf scheint Ihnen zu gefallen“, meinte er schließlich. „Da Sie so häufig Ausflüge dorthin machen.“
Es war ihr keineswegs recht, dass ihm das aufgefallen war. „Nun ja, ich gehe gern spazieren“,gab sie achselzuckend zurück, „und rede mit den Einheimischen; es sind freundliche Leute.“
Dickey, der vor dem Haupteingang wartete, übernahm Pferd und Hund. Tremaine nahm Corrie beim Arm und half ihr die Marmorstufen hinauf. Als sie die Eingangshalle betraten, erwartete der dunkelhäutige indische Diener sie bereits.
„Was gibt’s Samir?“, fragte Tremaine.
„Ein Schreiben für die memsahib. “ Er reichte ihr den Brief, der an Letty Moss adressiert war.
„Wenn Sie mich entschuldigen, Mylord“, flüsterte sie.
„Natürlich“, meinte er mit einer angedeuteten Verneigung.
Corrie eilte in ihr Zimmer. Nur Tante Agnes, Krista und Leif wussten, unter welchem Namen sie sich hier aufhielt. Gelegentlich schrieb sie ihren Eltern, um zu verhindern, dass sie Verdacht schöpften, aber deren Briefe kamen nach Selkirk Hall, und Allison brachte sie ihr heimlich ins Schloss.
Dieser Brief kam von Krista. In ihrem Zimmer brach sie das Siegel und las.
Leif beauftragte Dolph Petersen, um Erkundigungen über Grayson Forsythe einzuziehen. Laut Mr. Petersen kam die Gattin des Earls bei einem Bootsunglück ums Leben. Es gab keinerlei Hinweise auf ein Verbrechen. Der Earl ver brachte die Nacht, in der Laurel starb, bei Bethany Cham bers, der Countess of Devane. Dolph meint, Tremaine kannte Laurel nur flüchtig. Bitte komme bald nach Hause. In Liebe, deine Freunde, Krista und Leif.
Corrie konnte nur noch an eines denken. Nicht Gray, nicht Gray. Die Erleichterung über diese Nachricht war so groß, dass ihr schwindlig wurde. Sie sank auf die Polsterbank am Fußende des Bettes, gerade als Allison klopfte und eintrat.
„Was ist denn? Was ist geschehen?“ Ihr Zofenhäubchen verrutschte, als sie sich hastig neben Corrie setzte. „Fühlst du dich nicht wohl? Du bist so blass.“
Corrie hielt ihr den Brief hin. „Es war nicht Gray … ich meine Lord Tremaine. Er war in jener Nacht bei seiner Mätresse.“ Ihr war, als hebe sich ein bleiernes Gewicht von ihren Schultern. Der Mann, der sie so sehr verwirrte, war nicht Laurels Liebhaber gewesen.
Allison las die Zeilen und gab ihr den Brief zurück. „Nun, da feststeht, dass den Earl keine Schuld trifft, können wir endlich wieder nach Hause fahren, nicht wahr?“
Corrie seufzte. „Das Buch, das ich gefunden habe, beweist aber, dass Laurel sich in einen der Männer in diesem Haus verliebte. Wir müssen nur noch herausfinden, wer es war.“
„Mehr nicht?“, fragte Allison sarkastisch.
„Nun ja, einer muss es gewesen sein.“
„Wieso fragst du sie nicht einfach?
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