Mein feuriges Herz
Zeit hier. Derek Stiles, Grays Halbbruder. Wie ich höre, wird er heute Nachmittag erwartet.“
In dem langen Schweigen war nur das Ticken der Kaminuhr zu hören. Wieso hatte ihr das niemand gesagt? Warum hatte sie diesen Namen noch nie gehört?
Aber irgendwie kam er ihr vertraut vor. Und dann entsann sie sich, dass es vor ein paar Jahren Klatsch über Derek Stiles gegeben hatte, den unehelichen Sohn des verstorbenen Earl of Tremaine. Derek hatte einen ähnlichen Ruf als Frauenheld wie Gray. Es war Corrie lediglich noch nie in den Sinn gekommen, dass ein unehelich geborener Sohn im Schloss ein und aus gehen würde.
„Ihr seid ja beide verrückt.“ Gray bedachte Corrie mit einem finsteren Blick und wollte zur Tür.
„Ich glaube, deine Frau hat recht“, sagte Dolph und brachte Gray damit zum Stehen. „Ich glaube, dass die Countess das Buch tatsächlich gefunden hat, wie sie behauptet. Demnach könnte einer der Männer deiner Familie der Vater von Laurel Whitmores Kind sein.“
In Grays Wange vibrierte ein Muskelstrang. „Was willst du damit unterstellen, Dolph?“
„Nichts. Aber Coralee glaubt, dass ihre Schwester ermordet wurde. Sollte das der Fall sein, muss ihr Gerechtigkeit widerfahren. Falls Laurel eine Affäre mit einem deiner Verwandten hatte, weiß er vermutlich etwas, das zur Aufklärung der Umstände führen kann, die zu ihrem Tod und dem ihres Neugeborenen in jener Nacht führte.“
Grays Blick durchbohrte Corrie. „Laurel Whitmore hat sich das Leben genommen. Das kann nicht ungeschehen gemacht werden. Sollte einer meiner Brüder oder mein Vetter eine Affäre mit ihr gehabt haben, hat ihn ihr Tod schwer getroffen. Aber keiner von ihnen ist ein Mörder.“ Er wandte sich an Dolph. „Was in diesem Raum soeben gesprochen wurde, bleibt unter uns.“
„Das versteht sich von selbst.“
Gray wandte sich wieder an Corrie. „Du bist meine Ehefrau, Coralee. Ich wünsche, dass dieser Irrsinn augenblicklich ein Ende hat. Du hast mit deiner Wahnvorstellung über die Umstände, die zum Tod deiner Schwester geführt haben, bereits genug Scherereien gemacht.“
Er machte auf dem Absatz kehrt und ging, während Corrie mit den Tränen kämpfte. Die Kehle war ihr so eng geworden, dass sie kaum schlucken konnte. Genug Scherereien. Sie hatte ihm mit dieser Heirat nur Scherereien aufgehalst.
Sie spürte Dolphs Hand auf ihrer Schulter. „Es tut mir leid, Mylady. Ich hätte nicht so offen mit ihm reden dürfen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es war nicht Ihre Schuld. Ich wollte ohnehin mit ihm darüber sprechen, weil ich hoffte, er würde Verständnis zeigen.“
„Geben Sie ihm ein wenig Zeit. Gray ist hart, aber auch fair. Gerechtigkeit ist ihm sehr wichtig.“
Sie dachte an seine guten Seiten, die er ihr gezeigt hatte. Vielleicht würde er mit der Zeit verstehen, warum es ihr so wichtig war, die Wahrheit herauszufinden.
Wie angekündigt kam Derek Stiles am Nachmittag im Schloss an. Er war etwa in Grays Alter, Anfang dreißig, auch er ein gut aussehender Mann, auch er ein Mann, der als Laurels Geliebter infrage kommen könnte. Derek hatte blondes Haar wie Charles, eine gerade Nase wie Gray und braune Augen, nicht ganz so dunkel wie die seines Halbbruders.
Er war charmant wie sein Vetter Jason und fürsorglich wie Charles, die ihn beide herzlich begrüßten.
„Du hast es also doch noch geschafft, dich von den Damen loszureißen, um deine neue Schwägerin kennenzulernen“, scherzte Jason bei der Begrüßung im Blauen Salon.
Derek hob Corries behandschuhte Finger an die Lippen. „Zu schade, dass ich die Hochzeit verpasst habe. Irgendwie muss die Einladung verloren gegangen sein.“
Corrie errötete peinlich berührt. „Es blieb keine Zeit, Einladungen zu verschicken.“
Gray knurrte. „Es war nur eine Feier im kleinen Kreis. Im Übrigen hasst du Hochzeiten.“
„Nur den Gedanken an meine eigene“, entgegnete Derek schmunzelnd. Und Corrie fragte sich, wie weit dieser Mann gehen würde, um nicht zu einer Heirat gezwungen zu werden. Sie versuchte, den Gedanken daran zu verdrängen, dass Gray diesen Schritt nur getan hatte, weil ihr Vater ihm sozusagen das Messer auf die Brust gesetzt hatte.
Rebecca schwebte herein und schenkte Derek ein strahlendes Lächeln. „Hör bloß auf damit, du Strolch. Wie Coralee schon sagte, es blieb kaum Zeit für die Vorbereitungen. Aber du wirst zum Empfang eingeladen, den ich zu Ehren der Frischvermählten demnächst gebe.“
Gray machte den Mund auf, doch
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