Mein Flirt mit der Blutfrau
Bei uns?«
Er sprach so aufgesetzt, daß ich ihm kein Wort glaubte. »Schon gut, Meister«, sagte ich, nickte ihm zu und verließ das Hotel. Ich hatte vor, mir den Ort anzusehen.
Den normalen Weg nahm ich nicht. Da hätte ich durch die Anlage vor dem Hotel gehen müssen, wo der Rasen bereits ein sattes Grün zeigte und erste Blumen blühten.
Ich suchte den Weg zum Anbau, denn dort war die Leiche aus dem Haus getragen worden.
Nach einigem Suchen fand ich den Weg, der in eine normale Straße mündete. Dort standen zwei Polizeiwagen, bewacht wurden sie von zwei Beamten mit den flachen Lackhüten auf dem Kopf.
Ich hielt mich zurück, wollte auch keine Fragen stellen, um nicht Mißtrauen zu sähen.
Bevor ich den Aufpassern ins Auge stach, war ich schon wieder verschwunden.
Vom Flughafen aus waren wir mit einem Bus gefahren. Die E 26 hatte uns fast bis ans Ziel gebracht. Der Rest war ein Kinderspiel gewesen. Mir schien es so, als wäre Etula unter den Strahlen der Sonne zum Leben erwacht. Die Stadt blühte auf, die Geschäfte waren sauber herausgeputzt worden, und viele Inhaber hatten ihre Waren schon nach draußen gestellt, in Erwartung kauflustiger Touristen. Man trug wieder lockere Kleidung. Die jungen Frauen und Mädchen sehr kurz, so daß es für mich eine Augenweide war, ihnen beim Gehen zuzuschauen.
Ich schlenderte durch den Ort, schaute mal hier nach, ging auch in ein Geschäft, kaufte Zigaretten und betrat eine kleine Bar, in der es kühl war und nach Wein roch.
Unter einer Glastheke standen einige Appetithäppchen, die mich hungrig machten.
Ich bestellte Weißwein und einige Schwartemagenwürfel, die ich in eine grüne Soße tunken mußte. Beides schmeckte hervorragend. Der Wirt, ein temperamentvoller Mann, der zwei Handtücher über seine Schulter gelegt hatte, wollte mir noch frische Tintenfische verkaufen. Ich vertröstete ihn auf ein nächstes Mal.
Dann bekamen wir Besuch. Das heißt, es war ein Beamter der Guardia Civil, der die kleine Bodega betrat und sich neben mich stellte. Ich erkannte ihn sofort. Mit seinem Kollegen hatte er am Ende der Gasse gewartet.
»Was möchtest du trinken?« fragte der Bodegero.
»Wasser.«
»Auch etwas essen?«
»Gib mir Tintenfische.«
»Bekommst du - ist besonders gut heute.«
Ich mußte mich sehr konzentrieren, um die beiden verstehen zu können. Zum Glück hatte ich mal einige Stunden Spanisch in einem Intensivkurs belegt, so stand ich wenigstens nicht dabei wie der Ochs vor dem Berg.
»Arger, Romero?«
»Kann man wohl sagen.«
»Darfst du reden?«
Der Polizist hob die Schultern. »Eigentlich nicht, aber darüber muß ich sprechen. Es wird sowieso bekannt werden. Der zweite Mord!« flüsterte er.
Der Wirt ging einen Schritt zurück und stieß dabei gegen sein Flaschenregal. »Der… der zweite?« ächzte er. Auf seiner breiten Stirn glitzerten Schweißperlen.
Romero, der Polizist, nickte.
Ich hörte gespannt zu. Im Raum war es ziemlich dunkel. Durch die kleinen Fenster strahlte nur wenig Sonnenlicht. Das Gesicht des Wirts geriet in den Lichtschein einer Messingleuchte. Ich sah die Angst in seinen Augen. Keinen Schrecken, wie man ihn empfindet, wenn man die Nachricht bekommt, daß ein Mord geschehen ist. Nein, das war tatsächlich Angst. Der Mann mußte sich vor irgend etwas fürchten. Romero trank einen Schluck Wasser. »Die Tintenfische nicht. Ich kann jetzt nicht essen.«
»Verständlich.« Der Bodegero nickte. »War es wieder so schlimm wie beim erstenmal?«
»Ja — noch schlimmer sogar.«
»Gehst du heute mit zur Beerdigung?«
»Nein.« Romero senkte den Kopf und schüttelte ihn. »Wir haben zu tun. Wenn das so weitergeht, müssen wir noch eine Sonderkommission bilden.«
»Habt ihr denn eine Spur?«
»Keine. Das ist ein Irrer. Pablo hat niemandem was getan. Gut, er war schwul, aber was ist das schon?! Wir werden nicht mehr von Franco regiert.«
»Der Fischhändler war nicht schwul.«
»Eben.« Romero schaute auf seine Uhr. »In einer halben Stunde wird er beerdigt.«
Der Wirt nickte. »Maria bügelt mir die schwarze Jacke auf…«
»Die braucht man selten.«
»Jetzt nicht mehr. Pablo ist der zweite, aber wer wird der dritte Tote sein?«
»Hör auf!« Der Polizist schüttelte sich. Dann schaute er auf seine Uhr.
»Was habe ich zu zahlen?«
»Heute nichts.«
»Danke.« Er tippte gegen seine Mütze und ging.
Der Bodegero schaute zu mir rüber. Auch ich hatte meine Peseten auf den lisch geblättert, um die Rechnung zu begleichen. Sie
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