Mein Flirt mit der Blutfrau
hütete sich, etwas mit den weiblichen Gästen anzufangen, obwohl er unverheiratet war. Dafür lebte er mit einem jüngeren Freund zusammen, der den Küchenbereich unter sich hatte.
An diesem Morgen hatte sich einer seiner Mitarbeiter angemeldet, um mit dem Jefe, dem Chef, zu reden. Es war eine Hilfskraft, ein sehr geschickter Junge, vor zwei Tagen sechzehn Jahre alt geworden. Ein Bursche, den er jetzt zum erstenmal als Hilfskellner einsetzte und darauf hoffte, daß er diese Arbeit auch schaffte.
Was Juan von ihm wollte, war ihm unklar. Zehn Minuten wollte er dem Knaben geben. Sollte dieser sich störrisch anstellen, würde Gomez ihn feuern. Um dessen Job bewarben sich gleich zehn andere. Genau um zehn Uhr klopfte es an die Bürotür. Gomez rief sein >Herein<, schaute von den Abrechnungen eines Getränkelieferanten hoch und sah, daß die Tür vorsichtig geöffnet wurde, als würde sich der Junge nicht so recht trauen.
Gomez grinste knapp und winkte dem Angestellten herrisch zu. »Los, komm her und schließ die Tür!«
Juan trug noch nicht seine Arbeitskleidung. Der erste Dienst würde am späten Nachmittag beginnen.
Einen Stuhl bot Gómez dem Besucher nicht an. Statt dessen ließ er seinen Blick über die farblose Kleidung des jungen Hilfskellners gleiten. Juan trug alte Jeans, einen ausgeleierten Pullover und Turnschuhe, die andere längst weggeworfen hätten.
»Du wirst dich vorher waschen, ehe du den Dienst bei mir antrittst«, bestimmte der Hotelier.
»Ja, das mache ich.«
»Gut, was willst du? Ich opfere dir zehn Minuten.«
Juan blieb eine Körperlänge vor dem Schreibtisch seines Chefs stehen. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt. »Ich freue mich darüber, daß Sie mich eingestellt haben, Señor…«
»Wolltest du mir das sagen?«
»Si, Senor!«
Gomez legte seine Stirn in Falten. Für ihn ein Zeichen von Ärger. »Und deshalb störst du mich?«
»Das ist nicht alles, Senor!«
»Was noch?«
»Ich finde, daß es nicht richtig ist, wie Sie mich bezahlen. Das Hotel wird belegt sein, wie ich hörte. Da ist der Lohn doch zu gering, meine ich.«
Gomez hatte ruhig zugehört. Nur seine Finger zitterten ein wenig nach. Er bewegte die Spitzen und trommelte leise auf dem blanken Holz des Schreibtisches. »Meinst du?« fragte er nach.
»Si!«
»Dann will ich dir mal sagen, daß du deine Meinung für dich behalten kannst.« Er beugte sich vor. Die Adern unter der Stirnhaut schwollen an.
»Es ist eine Unverschämtheit, mir so etwas zu sagen. So ein Rotzlümmel wie du kann froh sein, daß ich ihn von der Straße hole. Wenn mein Hotel belegt ist, darfst du dem Herrgott dafür auf den Knien danken, denn du bekommst mehr Trinkgeld. Eigentlich sollte ich dir überhaupt keinen Lohn für deine Hilisarbeiten zahlen.« Er schüttelte den Kopf. »Das ist mir noch nie vorgekommen. Was hast du dir dabei gedacht!« schrie er.
»Mehr Geld!«
»Das kannst du dir sonstwohin stecken. Von mir bekommst du nichts, verslanden?«
»Si, ich habe begriffen.«
»Dann schleich dich, du miese kleine Ratte! Verschwinde aus meinem Büro, bevor du mir die Luft verpestest. Eines will ich dir sagen. Normalerweise hätte ich dich sofort entlassen, aber ich gebe dir eine Chance. Du kannst es dir bis morgen überlegen. Wenn du dann noch bei deiner Meinung bleibst, fliegst du. Entweder arbeitest du für den ausgehandelten Lohn oder nicht. Ich kann ihn dir auch kürzen.« Gomez' Grinsen wurde schmierig. »Wir werden uns morgen treffen, dann gebe ich dir ebenfalls meine Entscheidung bekannt.«
»Sie meinen das mit der Lohnkürzung?«
»Genau, mein Junge.«
Juan nickte. Er sah nicht aus wie ein reuiger Sünder. Auch die nächsten Worte waren eher das Gegenteil davon. »Ich will Ihnen etwas sagen, Señor Gomez.«
»Das sind deine letzten Worte. Ich habe zu arbeiten.«
»Hoffentlich bereuen Sie das nicht!«
»Wie?«
»Es ist so, wie ich es gesagt habe. Man kann mit Menschen vieles machen, aber nicht alles, Señor Gomez.«
Juan machte auf der Stelle kehrt und verließ das Büro. Ein völlig überraschter Hotelier blieb zurück, der einfach nicht fassen konnte, was man ihm da unter die Weste geschoben hatte. So etwas war ihm in seiner langjährigen Berufslaufbahn noch nicht vorgekommen. Da kam eine Hilfskraft, wollte mit ihm reden und drohte ihm sogar. Das setzte dem Faß die Krone auf.
Erst nach einer geraumen Zeit fand Comez die Sprache wieder. »So etwas«, flüsterte er und zerbrach vor Wut einen Bleistift. »Was sich
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