Mein Flirt mit der Blutfrau
ihrer Brüste.
Bemerkte sie mich?
Ich hatte das Gefühl, als würde sie durch mich hindurchschauen. Sie hielt auch nicht an, als sie mit mir auf gleicher Höhe war. Ich aber sagte mit heiserer Stimme: »Buenos tardes…«
Sie nickte mir zu, dann schritt sie weiter. Bei ihr war alles in Bewegung, ohne aber nachzuschwingen und plump zu wirken.
Was suchte eine Person wie diese auf dem Friedhof? Wollte sie der Beerdigung beiwohnen? Jedenfalls hatte sie den Weg zur Leichenhalle eingeschlagen.
Augen können reden. Das stellte ich in diesen Momenten wieder fest. Sie hatte den Kopf gedreht und mich angeschaut. Es war nur ein kurzer Blick gewesen, aber er ging mir unter die Haut. Er traf tief. Das war Verheißung und Verlockung in einem. Sie ging weiter.
Die Unbekannte schritt der Sonne entgegen. Sie schien hineinzutreten in diesen hellen Lichtball, um von ihm aufgesaugt zu werden. Jedenfalls war sie plötzlich verschwunden.
Ich saß auf der Bank, hatte die dunkle Brille abgenommen und rieb mir die Augen.
War die Person eine Halluzination gewesen? Trog mich ein Spukbild?
Ich wußte es selbst nicht. Nein, so weit ging meine Phantasie nun doch nicht.
Sie war echt gewesen, und sie war auch über den Kies geschritten. Das Knirschen hatte ich ja deutlich vernommen. Es mußten also Spuren zu finden sein, deshalb suchte ich den Boden ab.
Es waren keine zu sehen. Der Kies wirkte auch an dieser Stelle wie frisch geharkt.
Ich kam allmählich zu der Überzeugung, ein Phantom gesehen zu haben. Vielleicht war ich tatsächlich urlaubsreif. Da taten mir die sieben Tage Erholung gut.
Das Quietschen der Leichenhallentür riß mich wieder zurück in die Realität. Verschwunden war der Zauber des Augenblicks, als mich die Fremde passiert hatte.
Ich richtete meinen Blick auf die Tür und sah, daß die Menschen die Leichenhalle verließen. Wenn sie miteinander sprachen, dann sehr leise, so daß ich nichts verstehen konnte.
Meine Gedanken schweiften wieder ab zu der schönen Unbekannten. Sie war mir erschienen wie im Traum, nun war sie auch so verschwunden. Ein Trugbild.
Hatte mich Spaniens Sonne schon so sehr beeinflußt, daß ich jetzt bereits Dinge sah, die es nicht gab? Unsinn! Ich wischte mir über die Augen und war davon überzeugt, die Frau gesehen zu haben. Vielleicht war sie in einem der schmaleren Wege verschwunden, was ich nicht mitbekommen hatte.
Auf der einen Seite die Schönheit, auf der anderen der Tod. Da brauchte ich nur zur Leichenhalle zu blicken, wo die Trauergemeinde stand und auf den Sarg wartete.
Den sah ich noch nicht. Dafür hörte ich die hellen Klänge einer Trompete über die Gräber schmettern. Es war eine Fanfare, und es blieb nicht bei diesem einen Musikinstrument. Posaunen wurden ebenfalls angeblasen, und vier Musiker erschienen vor dem Sarg. Sie blieben auch weiterhin an der Spitze, zusammen mit dem Pfarrer und den beiden Meßdienern. Dann erst folgte der Sarg. Er stand auf einem kleinen Elektroauto mit offener Ladefläche. Früher hatte man die Menschen zur letzten Ruhestätte getragen, was auch heute noch manchmal geschah, besonders in kleinen Dörfern, aber nicht in einem Touristenort wie Etula. Die nächsten Angehörigen des Toten hatten sich hinter dem Sarg versammelt.
Zwei Männer stützen die weinende Witwe. Sie war ganz in Schwarz gekleidet. Von ihrem Gesicht war nicht viel zu sehen, weil ein Schleier die Züge verdeckte.
Man schritt sehr langsam. Die Musiker spielten unverdrossen. Manchmal klangen auch falsche Töne dazwischen, die wohl nicht nur mir in den Ohren schmerzten.
Der Weg führte sie an meiner Bank vorbei. Ich hatte mich erhoben, um so dem Unbekannten ebenfalls die letzte Ehre zu erweisen. Mich passierten zuerst die Musiker mit ihren schwitzenden Gesichtern. Für sie war es bestimmt kein Spaß, ununterbrochen auf ihren Instrumenten zu spielen. Der Pfarrer war ein alter Mann und sah sehr würdevoll aus. Zusätzlich besaß er einen verklärten Blick.
Die Angehörigen wollte ich nicht unbedingt ansehen, senkte den Blick, hörte das Weinen und schaute erst wieder auf, als die Schritte der übrigen Trauergäste über den Kies knirschten.
Es waren Männer und Frauen aus dem Ort. Die Einheimischen, die den Verstorbenen lange schon gekannt hatten. Blasse Gesichter, zusammengekniffene Lippen, verweinte Augen.
Auch den Bodegero sah ich. Jeder schaute kurz zu mir, als er an mir vorbeiging, auch der Wirt machte da keine Ausnahme. Als sein Blick starr wurde, nickte ich ihm zu.
Er
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