Mein Flirt mit der Blutfrau
Blutfrau war kein normales Wesen, der mußte man schon auf die knallharte Tour kommen, wenn überhaupt.
Ich zog eine etwas längere Jacke über. Freizeit-Look, wie die Verkäufer sagten. Ich hatte sie mir im Ausverkauf besorgt. Sie besaß mehrere Taschen und einen Reißverschluß. Jedenfalls konnte ich die Waffe darunter verbergen.
Als ich das Zimmer verließ, war mir klar, daß ich erst zurückkehren würde, wenn es die Blutfrau oder mich nicht mehr gab. Eine andere Alternative wollte ich nicht zulassen.
Ferien - Urlaub ade.
Der Job hatte mich wieder. Meinen Freunden in London hatte ich davon nichts berichtet. Ihr schadenfrohes Lachen hätte bei mir im Zimmer die Wände wackeln lassen.
In der Halle lief mir Gomez über den Weg. Der Hotelbesitzer sah blaß aus. Er sah mich und blieb stehen. Ich wollte an ihm vorbei, doch er sprach mich an.
»Sehor Sinclair, einen Augenblick bitte.«
»Was ist?«
»Ich hörte, Sie… na ja, Sie kennen die Frau.«
»Welche Frau?«
»Ich war mit Capitan Sanchez zusammen. Er hat mir berichtet, daß Sie die Frau…«
»Sie sprechen von Lavinia di Luna?«
»Natürlich.«
»Nun ja, ich kenne Sie.«
Gomez stand vor mir und schaute mich aus seinen traurigen Augen dennoch hungrig an. Er wollte Informationen haben, die ich ihm nicht geben konnte.
»Die Mörderin!« stieß er so laut hervor, daß andere Angestellte aufmerksam wurden.
»Die Mörderin?«
»Ist sie das denn nicht?«
»Nein. Jemand ist erst ein Mörder, wenn es bewiesen worden ist. Ich kann nichts Negatives über sie sagen. Tut mir leid.«
»Aber Sie sind Polizist, wie ich hörte.«
»Auf Urlaub, mein Lieber.«
Er kam dicht heran. Ich roch sein Duftwasser. »Hören Sie, Señor Sinclair. Tun Sie alles, um den Killer zu fassen. Alles!« Er rollte mit den Augen. »Und Sie brauchen es nicht umsonst zu machen. Ich werde Ihnen Geld geben, aber…«
»Mein lieber Señor Gomez. Ihre Absicht scheint mir ehrenwert zu sein, doch?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, wozu soll ich Geld nehmen? Ich werde hier bezahlen, weil ich in Ihrem Hotel Urlaub mache. Ich bin ein Gast wie jeder andere auch.«
»Dann machen Sie einen Rückzieher?«
»Ich bin erst gar nicht vorgegangen!«
»Por Dios!« rief er. »Ich habe Sie anders eingeschätzt. Wirklich anders. Sie…«
Er sprach nicht mehr weiter, ging auch nicht fort und starrte zu Boden. Irgendwie tat er mit leid.
»Ist noch was?« fragte ich ihn.
»Ja, es ist noch etwas. Aber Sie… Sie wollen ja nicht«, sagte er beinahe böse.
»Was haben Sie auf dem Herzen?«
»Sie war bei mir!« zischte er.
»Die Frau?«
»Si, si.« Er nickte heftig. »Sie war bei mir!«
»Haben Sie mit ihr gesprochen?«
»Nein!« hauchte er. »Nein, das nicht.«
»Woher wollen Sie dann wissen, daß sie bei Ihnen war.«
»Haben Sie noch einen Moment Zeit?« flüsterte er.
»Sicher.«
»Dann kommen Sie bitte mit in meine Wohnung. Sie werden es sehen können. Bitte!«
Ich folgte ihm. Mit hastigen Schritten und in leicht gebeugter Haltung ging er vor mir her. Das Grüßen seiner Mitarbeiter übersah er. Wir gelangten in einen Anbau.
Er hatte zuvor eine Tür aufgeschlossen, durch die wir mußten, um einen Lichthof zu erreichen. Von ihm zweigten die einzelnen Zimmer ab.
»Ich werde Sie jetzt in mein Schlafzimmer führen. Da können Sie es sehen, Señor Sinclair.«
Als er die Tür aufschloß, zitterten seine Finger.
Ich stieß die Tür auf, gelangte in einen sehr großen, hellen Raum, der mit weißen Möbeln eingerichtet worden war. Auch das Bettgestell war weiß gestrichen.
Die Wände zeigten das helle Grün einer Grastapete. Sie war bestimmt teuer gewesen. Das alles interessierte nicht mehr. Sie zeigte lange, rote Streifen und dicke, breite Flecken.
»Blut!« keuchte Gomez hinter mir. »Das ist Blut, Señor Sinclair. Ich habe es untersucht.«
Er hatte recht. Das war die Erbschaft der Lavinia di Luna. Ich schüttelte den Kopf. Diese Masse, woher war sie gekommen? Wieso schaffte sie so etwas?
Ich schaute nach links und erkannte dort die andere Wand, die ebenfalls beschmutzt worden war.
In großen Lettern hatte die Blutfrau eine Warnung darauf geschrieben. Du bist der nächste in der Reihe…
Die Farbe war an den unteren Rändern der Buchstaben etwas verlaufen. In dünnen Fäden rann sie auf der Tapete nach unten und verteilte sich auf dem Teppich.
Ich wandte mich wiederum. Gomez starrte mir in die Augen. Er holte einige Male Luft, bevor es ihm gelang, eine Frage zu stellen. »Na und, was
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