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Mein fremder Bruder

Mein fremder Bruder

Titel: Mein fremder Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahmima Anam
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wir Mütter ein bißchen plaudern.«
    Draußen versuchte Joy, ihre Hand zu nehmen. Sie schüttelte ihn ab.
    »Wollen wir irgendwohin fahren?«
    »Nein, laß uns laufen. Wir müssen Kerzen kaufen; nachts fällt ständig der Strom aus.«
    Sie gingen zur Küchentür hinaus. Sobald sie auf der anderen Straßenseite waren, stellte Maya Joy zur Rede. »Was soll das alles?«
    »Ach, nichts.« Er klopfte seine Taschen nach Zigaretten ab. »Ich habe meiner Mutter gesagt, daß ich dich heiraten will, und sie meinte, dann würde es sich auch gehören, daß wir deiner Mutter einen Besuch abstatten. Sie hat darauf bestanden.«
    Er wollte sie heiraten. Sie heiraten . Sie unterdrückte den kleinen Begeisterungsjubel, der ungebeten in ihr ausbrach. DieEhe war eine Verurteilung zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe. »Machst du alles, was deine Mutter will?«
    »Nein.«
    Warum hatte er ihr nichts davon gesagt? »Und hast du den Gedanken in Betracht gezogen, mich vielleicht vorher zu fragen?«
    »Ja natürlich. Aber ich dachte mir, daß es besser wäre, wenn ich erst an das Herz von Tante Rehana appelliere.«
    »Das ist wirklich armselig.«
    Er seufzte laut. »Hör doch auf, es gibt keine Verschwörung.«
    »Es ist armselig, und du versuchst nur, mir Schuldgefühle zu machen! Du weißt genau, wie gern sie möchte, daß ich heirate – und damit setzt du mich unter Druck. Sie wird sterben, wie du weißt.«
    »Ich dachte, sie wäre geheilt.«
    »Bei Krebs kann man nie von Heilung sprechen. Glaubst du nicht, daß ich etwas Schönes für sie tun will – Hochzeit, Kinder?«
    »Ich dachte, du wolltest keine Kinder.«
    »Darum geht’s doch gar nicht. Es geht darum, daß ich noch nie etwas für sie getan habe.« Würde sie für sich selbst oder für Ammu heiraten? Vielleicht würde sie es nie wissen.
    »Na dann, um so mehr Grund, keine Zeit zu verlieren.«
    »Es ist dir völlig egal, ob ich dich liebe, du willst nur meine Situation ausnutzen?« Sie waren jetzt am Park, wo die Straße eine Kurve beschrieb. Sie marschierte auf die Ansammlung kleiner Läden an der Biegung zu.
    »Ich bitte dich, Maya. Ich weiß, daß du das nicht ernst meinst. Warum mußt du nur immer so reden?«
    »Weil ich eine hartherzige Frau bin, deswegen. Du solltest noch nicht mal im Traum dran denken, mich zu heiraten.«
    »Aber ich träume davon, ich kann nichts dagegen tun.«
    »Tja, ich kann auch nichts gegen meine Gefühle tun. Du kannst mich nicht heiraten. Du kannst mich nicht heiraten und eine dieser Frauen aus mir machen, die mit kiloweise Schmuckbehängt sind, perfekt runde Parathas backen können, alles machen, was die Schwiegermutter sagt, und nur noch nette Worte von sich geben.«
    »Denk doch nur, wie viele nette Worte sich in dir angestaut haben müssen. Da du alle gemeinen schon aufgebraucht hast!«
    »Sehr witzig.«
    Er warf die Zigarette fort und stellte sich ihr in den Weg. Sie waren bereits am Laden, der von einer Sturmlaterne schwach erhellt wurde. Der Ladenbesitzer erkannte Maya und winkte. »Das ist kein Witz. Ich will dich heiraten.«
    »Das geht nicht. Und jetzt verschwinde, ich muß Kerzen kaufen.« Sie ließ ihn stehen, trat an die Ladentheke und fragte nach Kerzen. Sie hörte, wie Joys Schritte sich entfernten, und ließ sich Zeit, kaufte auch noch Öl, Seife, Eier, schalt sich, daß sie lauschte, und hoffte, daß er zurückkommen und noch einmal um ihre Hand anhalten würde.
    Als sie nach Hause kam, lehnte er an der Kühlerhaube seines Wagens.
    »Fahr los«, sagte sie und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.
    Langsam, fast lässig fuhr er rückwärts aus der Einfahrt. Sie drückte das Gesicht ans Fenster, und der Atem kam heiß und feurig aus ihrem Mund wie bei einem Drachen.
    »Wohin fahren wir?« Eine Hand hatte er am Lenkrad, Ellbogen im offenen Fenster. Das Blut rauschte ihr in den Ohren.
    »Mir egal. Fahr einfach.« Nicht weinen, ermahnte sie sich. Es wäre so dumm, wenn du jetzt weinst. »Du hättest mich ja wohl auch selbst fragen können!«
    »Ich wollte als erstes deine Mutter auf meiner Seite haben.«
    »Sie ist auf deiner Seite. Alle sind auf deiner Seite.«
    »Es gibt keine Seiten.«
    »Das hast du doch gerade selbst gesagt.«
    »Keine Seiten.«
    »Liebst du mich denn überhaupt?«
    Er schaltete in den vierten Gang. Hand entspannt auf der Kupplung. Glatt wie Waldhonig.
    »Du liebst mich also noch nicht mal?«
    »Hast du was gegen die Ehe?«
    Sie drehte sich ganz zu ihm hin. »Wie alt bin ich?«
    »Keine Ahnung,

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