Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt
ich. »Bevor du etwas merkst, ist es schon vorbei.«
Doch als Dr. Esterly auf die Drüsen drückte, schrie Dewey auf. Es hörte sich überhaupt nicht so an, als beschwere er sich, sondern es war ein Schrei des Entsetzens. Sein Körper bog sich, als hätte ihn ein Blitz getroffen und seine Beine zuckten wie wild. Dann schnappte er nach meinem Finger und biss richtig zu.
Der Tierarzt sah sich meine kleine Wunde an. »Das hätte er nicht tun sollen.«
Ich rieb die verletzte Stelle. »Das ist doch nicht schlimm.«
»Doch, es ist schlimm. Eine Katze sollte nicht so beißen.«
Ich war nicht weiter beunruhigt. Dieser Ausrutscher sah Dewey gar nicht ähnlich. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er nicht bissig war. Und ich konnte ihm immer noch ansehen, dass er in Panik geraten war. Er sah nirgendwohin, sondern starrte ins Leere. Der Schmerz war so schlimm gewesen, dass er nicht mehr gewusst hatte, was er tat.
Von da an hasste Dewey Dr. Esterly. Sobald ich auf den Parkplatz der Tierarztpraxis fuhr, begann der Kater zu zittern. Die Gerüche im Empfangsraum setzten ihn völlig außer Gefecht. Er steckte dann den Kopf in meine Armbeuge, als wollte er sagen: Beschütze mich!
Sobald er Dr. Esterlys Stimme hörte, begann Dewey zu knurren. Viele Katzen hassen den Tierarzt, wenn sie in seiner Praxis sind, verhalten sich aber außerhalb der Praxis ihm gegenüber wie gegenüber jedem anderen Menschen. Dewey war da anders. Er hatte immer Angst vor Dr. Esterly, gleichgültig, wo er ihn sah. Wenn er die Stimme des Tierarzts in der Bücherei vernahm, knurrte Dewey und hastete in die entfernteste Ecke. Gelang es Dr. Esterly, sich anzuschleichen, um Dewey zu kraulen, dann sprang der Kater auf, sah sich in panischer Angst um und raste davon. Ich nehme an, dass er Dr. Esterly am Geruch erkannte. Dewey hatte seinen Erzfeind in jemandem gefunden, der zufällig einer der nettesten Menschen der Stadt war.
Einige Jahre später bekam Dewey ernsthafte Verdauungsprobleme. An manchen Tagen fand ich in seinem Katzenklo Blut. An anderen Tagen stürzte er aus seiner Kiste, als wäre darin gerade ein Knallfrosch explodiert.
Dr. Esterly stellte bei Dewey Verstopfung fest. Eine außergewöhnlich schwere Verstopfung.
»Welche Art von Futter frisst Dewey denn?«
Ich verdrehte die Augen. Dewey war ja äußerst heikel.
»Er ist sehr wählerisch«, sagte ich. »Er verfügt über einen bemerkenswerten Geruchssinn und weiß es daher sofort, wenn das Futter schon älter oder irgendwie verdorben ist. Sie wissen ja, Katzenfutter ist oft nicht von bester Qualität. Eigentlich besteht es ja nur aus Abfällen und man kann ihm deswegen keinen Vorwurf machen.«
Der Tierarzt sah mich an wie eine Kindergärtnerin eine Mutter anschaut, die gerade das ungebührliche Benehmen ihres Kindes zu beschönigen versuchte.
»Er frisst also immer Dosenfutter?«
»Ja.«
»Gut. Trinkt er Wasser?«
»Niemals.«
»Niemals?«
»Der Kater meidet seinen Wassernapf, als sei er vergiftet.«
»Bringen Sie ihn dazu, mehr zu trinken«, empfahl Dr. Esterly. »Das sollte das Problem aus der Welt schaffen.«
Danke, Doktor, dachte ich. Aber haben Sie jemals versucht, eine Katze gegen ihren Willen dazu zu bringen, Wasser zu trinken? Es ist unmöglich.
Ich versuchte ihn zu locken. Dewey wandte sich angewidert ab. Ich versuchte es mit Bestechung.
»Es gibt kein Futter, bevor du nicht etwas getrunken hast. Schau mich nicht so an. Ich halte das länger durch als du.«
Doch das tat ich nicht. Am Ende gab ich stets nach.
Ich versuchte es damit, Dewey zu streicheln, während er fraß, und ließ das Streicheln dann allmählich in Schieben übergehen. Wenn ich seinen Kopf in den Wassernapf drücke, dachte ich, dann muss er trinken. Selbstverständlich scheiterte dieser Plan.
Vielleicht lag es ja am Wasser. Wir versuchten es mit warmem Wasser. Wir versuchten es mit kaltem Wasser. Wir wechselten das Wasser alle fünf Minuten. Wir probierten verschiedene Wasserhähne aus. (Mineralwasser in Flaschen gab es in Spencer damals noch nicht.) Wir taten Eiswürfel in den Wassernapf, denn schließlich trinken wir Amerikaner ja alle gerne Wasser mit Eis. Es funktionierte insofern, als Dewey einmal am Eis leckte. Aber auch nur das eine Mal. Wie konnte ein Tier bloß ohne Wasser überleben?
Eines Tages, als ich in den Waschraum ging, sah ich Dewey auf dem WC-Sitz hocken, den Kopf tief in die Schüssel gesenkt. Eigentlich sah ich nur das in die Höhe gereckte Hinterteil. Toilettenwasser! Er
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