Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
mit dem Umzug nach L. A. endgültig vorbei, stattdessen wurde ich zur Belohnung für meine Loyalität nur noch weiter bestraft. Eine von beiden behielt mich ständig im Auge. Beim Essen zog Mr. Rodriguez häufig über meinen Bruder her und sagte mir, wie völlig aus der Spur er geworfen sei. Über meine Mom und Don sowie über Justin erzählte sie mir unangebrachte Dinge und sexuelles Zeug. Ich fand das einfach nur widerwärtig.
In gedämpftem Ton tratschte Mr. Rodriguez gegenüber Mr. H auch über ihr Auditing von Lisa Marie Presley. Aus ihrem Verhalten schloss ich, dass hier nichts vertraulich oder geschützt blieb, sondern alles nur Stoff für neue Tuscheleien lieferte. Eigentlich sollte keine Gruppe innerhalb der Scientology die Grundlagen und Regeln treuer befolgen und umzusetzen helfen als das RTC . Meinen Erfahrungen nach waren sie jedoch die Schlimmsten. Ich hatte schon viele Auditoren aus anderen Gruppen erlebt, und keine davon hatte mich jemals mit einer solchen Schärfe und einem solchen Mangel an Respekt behandelt wie die RTC -Abgeordneten. Sie nahmen beispielsweise während einer Sitzung mitten in einer Frage einen Anruf entgegen, was gegen die Richtlinien für Auditoren verstieß. Es ist mir damals nicht bewusst gewesen, aber die Trennung von allen Menschen, die mir nahestanden, verursachte bei mir damals regelrecht Depressionen. Beim Essen bekam ich kaum etwas herunter. Einmal schrie Mr. H mich so laut an, gefälligst zu essen, dass alle in der Kantine zu uns herübersahen.
Nichts entwickelte sich so, wie ich es erwartet hatte. Alle Freiheiten, die ich auf der Flag vor dem Austritt meiner Eltern genossen hatte, waren verloren, und nichts deutete darauf hin, dass ich sie je zurückgewinnen würde. Ich hatte geglaubt, zwischen meinen Eltern und der Rückkehr nach Clearwater zu wählen, doch in Wahrheit bestand die Wahl nur zwischen der Trennung von meinen Freunden, um zu meinen Eltern zu ziehen, und der Trennung von meinen Freunden, um nach L. A. zu gehen. Keine dieser Möglichkeiten hatte ich gewollt, trotzdem bedauerte ich meine Entscheidung nicht. Im Nachhinein mochte ich kaum eine Wahl gehabt haben, doch ein Leben in L. A. schien mir zwar mies, aber immer noch besser als eins bei meinen Eltern in Mexiko. Zumindest blieb mir so die Hoffnung, meine Freunde eines Tages wiedersehen zu können.
Am meisten frustrierte es mich, dass ich die Kirche meinen Eltern vorgezogen hatte und für diesen Treuebeweis auch noch bestraft wurde. Statt das Opfer, das ich gebracht hatte, zu würdigen und mich dafür nach Clearwater zurückgehen zu lassen, bestand ihre Reaktion darin, mich meiner Freiheit zu berauben und mein Leben noch stärker zu reglementieren.
Diese Entwicklung lastete wie ein dunkler Schatten über jedem Aspekt meines Lebens. In meiner depressiven Stimmung befielen mich immer wieder Weinkrämpfe, die ich auf der Toilette oder abends auf meinem Zimmer vor den anderen verbergen wollte. Ständig bekam ich Ärger mit Mr. H, weil ich nicht essen oder mich nicht unterhalten wollte. Im Unterschied zu Mr. Rodriguez war Mr. H aber nicht ganz so schlimm. Sie sah, wie schwer es mir fiel, und zeigte Mitleid. Einmal erkundigte sie sich sogar, ob ich wegen Martino so aufgebracht sei, dessen Namen sie offenbar meinen Security-Check-Berichten entnommen hatte. Abends ging sie mit mir spazieren, was LRH bei Schlaflosigkeit empfahl, und unterwegs sprachen wir miteinander. Sie hatte sich aus irgendeinem Grund von ihrem Mann scheiden lassen, und ich konnte an der Art, wie sie über ihn redete, erkennen, dass sie ihn vermisste. In solchen Augenblicken strahlte sie eine Menschlichkeit aus, die mir guttat. Zwar änderte sich damit nichts an meiner Lage, doch ich hatte wenigstens das Gefühl, auf einen Hauch von Verständnis zu treffen.
Nach etwa zwei Monaten SP / PTS -Kurs gestattete mir Mr. H erste kleine Arbeiten außerhalb des Kursraums, etwa indem ich gewisse CMO -Führungskräfte mit Kaffee und Erfrischungsgetränken versorgte. Zu meiner Freude entdeckte ich, dass ich viele von ihnen schon kannte, einige von der Flag, andere von der Int.
Einem glücklichen Zufall verdankte ich die Begegnung mit einem Freund von der Flag, der nun auf der PAC stationiert war. Mr. Rodriguez und Mr. H begleiteten mich gerade auf mein Zimmer, als ich ihm auf dem Flur begegnete. Bevor Mr. Rodriguez mich weiterdrängte, konnte ich ihm zuflüstern, dass ich gleich zurückkäme. Also gab ich Mr. Rodriguez und Mr. H ausreichend Zeit, auf ihre
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