Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
dass von ihrem Zusammentreffen mit Larry eine Gefahr ausgehen könnte.
Dallas war stinkwütend, weil die Höherrangigen nie mit ihm, sondern immer nur mit mir sprachen. Er fand, ich solle meinen Onkel um Hilfe bitten, aber das wollte ich nicht, da er sicherlich bereits Bescheid wusste und keine Lust hatte sich einzumischen. Außerdem bestand die Gefahr, dass die Sache nach hinten losging und ich wegen versuchten Missbrauchs persönlicher Kontakte in Schwierigkeiten geraten würde. Dallas verstand mich nicht, wahrscheinlich weil Onkel Dave tatsächlich der einzige Mensch war, der uns helfen konnte. Aber wenn mein Onkel derjenige war, der uns im Weg stand, hätte ich ihn mit nichts in der Welt umstimmen können.
Ich versuchte, die Einwände gegen die Hochzeit ganz konkret zu entkräften. Mehrmals schlug ich Linda vor, dass wir auch einfach ohne meine Eltern und ohne Larry feiern könnten. Problem gelöst. Doch Linda interessierte sich nicht dafür. Sie hatte gar nichts zu entscheiden, das taten andere.
Nachdem wir uns monatelang den schwachsinnigen Vorwand mit Onkel Larry hatten anhören müssen, begingen Dallas und ich schließlich ein Out 2D und hatten vorehelichen Sex. Die möglichen Konsequenzen eines Out 2D waren mir natürlich stärker bewusst als jedem anderen, doch wir taten es trotzdem. Dallas und ich wollten zusammen sein, egal wie die Folgen aussahen. Wenn Probleme entstünden, würden wir uns ihnen stellen, wenn es so weit kam. In meinen Augen war es nichts Schlimmes, mit Dallas zu schlafen, auch wenn die Vorschriften anders aussehen mochten. Und was mich betraf, würde davon sowieso niemand erfahren. Nur wir beide wussten von dem Out 2D, daher hielt ich unser Geheimnis für bestens geschützt. Wir waren jung, wir waren verliebt, und wir waren entschlossen zu heiraten. Es war nur die Church, die verhinderte, dass wir unsere Beziehung absegnen lassen durften.
Out 2D war eine schlimme Sache, wenn man Ehebruch beging oder ständig die Partner wechselte. Doch wir beide hatten schließlich seit Monaten eine feste Beziehung. Wir waren diejenigen, die alle Vorschriften befolgten und eigentlich erst hatten heiraten wollen, während die Church irgendwelche Gründe erfand, warum wir den nächsten Schritt nicht gehen durften. Wir wollten das Richtige tun, und sie hinderten uns daran. Uns war klar, dass wir nach ihren Regeln niemals unser Glück finden würden, also machten wir, was wir wollten und was uns das Richtige erschien. Die Konsequenzen waren uns egal.
Mich plagte nicht ein Funken Schuldgefühl, und so gelang es mir, den Vorfall wochenlang geheim zu halten. Dallas jedoch gab dem ständigen Nachfragen am Ende nach. Inzwischen glaubte er tatsächlich, wir hätten etwas Verwerfliches getan. Auf großen Druck hin gestand er Anfang Juni alles. Mr. H war natürlich entsetzt. Sie hatte ihn zwar sehr geschickt interviewt, mit einer solchen Eröffnung aber niemals gerechnet. Als sie mich kurz darauf damit konfrontierte, wirkte sie bereits wieder gefasst und schien den ersten Schock verdaut zu haben. Ich erklärte, dass mir nichts leidtun würde, außer ertappt worden zu sein.
Selbstverständlich war ich stinksauer auf Dallas, aber das Gespräch würde noch warten müssen. Erst einmal musste ich Mr. H erklären, dass die Schuld an diesem Out 2D einzig bei denen lag, die uns nicht hatten heiraten lassen. Überraschenderweise widersprach sie mir nicht. Sie war lediglich verärgert und besorgt darüber, was als Nächstes geschehen würde. Kein Sea Org-Mitglied kam ungeschoren mit einem Out 2D davon, und Dallas und ich würden in dieser Hinsicht sicherlich nicht die Ersten sein. Auch wenn ich womöglich die Erste war, der es auch im Nachhinein nicht leidtat.
Ich wurde umgehend unter Beobachtung gestellt, was bedeutete, dass mir jemand auf Schritt und Tritt folgen sollte. Laut Mr. H steckte ich in gewaltigen Schwierigkeiten. Ich hatte sogar den Eindruck, als würde sie sich sogar ein wenig um mich ängstigen.
»Wo ist Dallas?«, fragte ich Mr. H. Es war mir völlig klar, dass bei Out 2Ds zuallererst die Schuldigen voneinander getrennt und zum Ableisten ihres RPF oft auf verschiedene Kontinente, zumindest aber auf verschiedene Stützpunkte verteilt wurden. Meist sahen sie einander nie wieder.
Mr. Hs Antwort war bestürzend, obwohl ich kaum etwas anderes erwartet hatte. Sie sagte mir, das gehe mich überhaupt nichts an, und dass ich angesichts des Ärgers, der mir bevorstand, keinen Gedanken an ihn verschwenden solle.
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