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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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Details, die ich preisgeben musste, dienten einfach keinem Zweck. Scientology zufolge fühlte man sich umso erleichterter, je mehr Einzelheiten man offenbarte. Ich fühlte mich jedoch nicht erleichtert, ich fühlte mich benutzt.
    Sie schienen fest entschlossen, mich dahin zu bringen, mein Out 2D und mein gesamtes Verhalten offen zu bereuen und einzugestehen, dass ich im Unrecht gewesen sei. Es wäre mir sicherlich leichter gefallen, hätte ich mich selbst im Unrecht gesehen. Aus irgendwelchen Gründen, die ich nicht hätte benennen können und die außerhalb meiner Kontrolle und meines Denkvermögens lagen, war ich nicht fähig, mich so zu fügen, wie sie es wollten und wie ich es früher ja auch getan hatte.
    Wenn ich einmal keine Sitzung hatte, erkundigte ich mich nach Dallas, der vermutlich an einem anderen Ort gerade die gleiche Prozedur über sich ergehen lassen musste. Nach fünf Tagen wurde mir erlaubt, ihm einen Brief zu schreiben. Einige Stellen ließ Mr. H mich allerdings ändern, nachdem sie ihn durchgelesen hatte. Zwei Tage später erhielt ich eine Antwort, die jedoch nur wenige Zeilen umfasste und gar nicht nach Dallas klang. Kurz gesagt stand darin: Er absolviere sein Programm, ich solle meins machen, und er würde mich lieben. Die Knappheit des Briefs bereitete mir mehr Kopfzerbrechen als der Inhalt.
    Nach ein paar weiteren Tagen mit Sylvias Fragen merkte ich, wie sich meine Einstellung änderte. Während ich bislang die Fragen trotz des Widerwillens beantwortet hatte, fiel es mir nun plötzlich schwer, überhaupt daran mitzuwirken. Wenn ich im Auditing-Raum Platz nahm und auf den Beginn der Befragung wartete, zweifelte ich daran, noch eine Beichtrunde vor Publikum aushalten zu können.
    »Würden Sie bitte die Kamera ausschalten?«, bat ich Sylvia. Ich wollte nur ein wenig Privatsphäre. Ich würde die Sitzung mitmachen, ich brauchte nur etwas Unterstützung, ein wenig Geborgenheit – wenigstens ein Gespräch unter vier Augen.
    »Nein«, erklärte sie, und dabei blieb es.
    Sie begann mit ihren Fragen. Ich machte einfach dicht und weigerte mich, mit ihr zu reden. Ich hatte nichts zu sagen. Ich kannte sowieso keine Worte, denen sie zugehört hätte. Während ihre Ungeduld wuchs und wuchs, konnte ich nur daran denken, den Raum zu verlassen. Und wie dringend ich hier rausmusste. Das Problem war nur, dass ich nirgends hin durfte.
    Ich stand auf, um zu gehen. Sylvia stellte sich mir in den Weg. Sie war kräftig und gut vorbereitet auf solche Situationen, auch wenn sie die Fünfzig bestimmt schon überschritten hatte. Über eine Viertelstunde lang versuchte ich vergeblich, mich ihrem Griff zu entziehen, dann versprach ich, nicht wegzulaufen, wenn sie mich wenigstens bis zum rückwärtigen Treppenhaus gehen ließ. Es war die Lösung mit dem geringsten Konfliktpotential, die mir einfiel. Sie ließ einen Moment locker, und ich nutzte die Chance sofort.
    Am ersten Sicherheitsmann kam ich noch vorbei, aber er informierte über Funk einen Kollegen vier Stockwerke tiefer, der zum Fuß der Treppe kam. Ich sprang mehr oder weniger von einem Absatz zum nächsten und erreichte kurz vor dem zweiten Wachmann den Ausgang.
    Sobald ich draußen auf dem Hollywood Boulevard in der Öffentlichkeit war, konnte mir nichts mehr passieren. Niemand würde es wagen, für einen Aufruhr zu sorgen. Ich lief die Straßen hinunter und merkte schon bald, dass Sylvia mich entdeckt hatte und mir folgte.
    »Jenna … Jenna, warte! Halt an!«, rief sie über den Verkehrslärm hinweg.
    »Lassen Sie mich in Ruhe!«, brüllte ich zurück. »Ich geh nicht zurück. Ich werde Dallas suchen, und ich werde ihn finden.«
    Mit dem Hollywood Inn fing ich an. Ich überprüfte jede Etage, fragte jeden, den ich traf, ob er ihn gesehen hatte. Zurück im HGB stürmte ich zu Mr. Hs Büro hinauf.
    »Wo ist er?«, verlangte ich zu wissen. Sie machte nicht einmal Anstalten, mir zu antworten, sondern sah mich einfach nur an. Wir fixierten einander minutenlang und warteten ab, was der andere als Nächstes tun würde. Ich ließ keinen Zweifel daran, dass mit dem guten Verhältnis, das wir über die letzten Monate aufgebaut hatten, nun Schluss war. »Ich werde ihn finden! Und soll ich Ihnen noch was sagen? Ich werde nie wieder eine Sitzung machen, nur damit sich jemand an meinen Sexgeschichten aufgeilen kann. Damit ist endgültig Schluss.«
    Sie schlug mir die Tür vor der Nase zu. Ich klopfte. Da sie nicht reagierte, klopfte ich immer lauter und schrie dazu.

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