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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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Rathbun, der Blick auf das lichterfunkelnde Los Angeles würde mich besänftigen. Als mich das fantastische Panorama aber nicht sofort in Demut verfallen ließ, wurde er fuchsteufelswild und schrie mich an, ich sei eine SP . Wir begannen einander anzubrüllen, bis er dermaßen sauer war, dass er in sein Auto stieg und davonfuhr.
    Damit stand ich jetzt mitten in irgendeiner gottverlassenen Gegend und war mit meiner Suche nach Dallas kein Stück vorangekommen. Ich wusste nicht einmal, dass ich mich auf dem Mulholland Drive befand. Glücklicherweise bemerkte ich ein Stück über mir ein Liebespärchen, das offenbar Zeuge des ganzen Streits geworden war. Ich versuchte, mit meiner Sea Org-Uniform und den rot verquollenen Augen so normal wie möglich auszusehen, und ging zu ihnen, um nach einem Handy zu fragen. Die junge Frau hatte Mitleid mit mir und ließ mich telefonieren. Ich bedankte mich, sah erst auf das Handy, dann zurück zu ihr und stellte erschrocken fest, dass ich absolut niemanden hatte, den ich anrufen konnte.

KAPITEL 27
Auf Messers Schneide
    Ich starrte auf das San Fernando Valley und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Ich begann die Straße nach Los Angeles hinunterzulaufen und war kaum eine Viertelstunde unterwegs, als Mr. Rathbun zurückkam. Diesmal stieg ich ohne lange Diskussion in den Wagen.
    »Hör mal«, fing Mr. Rathbun an, »wenn du dein Programm absolvierst, dann wirst du auch Dallas wiedersehen.« Ich hatte keine Ahnung, welches Programm er meinte, aber es würde gewiss wieder eine endlose Serie von Security-Checks beinhalten, das war das Mindeste.
    »Einverstanden«, erwiderte ich. »Aber ich tu das nur aus Liebe zu Dallas, aus keinem anderen Grund.«
    »Verstanden. Ich hab nur dein Bestes im Sinn.«
    Wir saßen eine Weile schweigend im Wagen, bevor wir zurück zur Base fuhren.
    Bevor er mich absetzte, hielten wir noch am Celebrity Center, wo er das höchst wichtige Protokoll einer Auditing-Sitzung, die er mit Tom Cruise gehabt hatte, abgeben musste.
    »Renn jetzt bitte nicht gleich weg, wenn ich aussteige«, sagte er. »Ich bin sofort wieder zurück.«
    Die Verlockung war groß, aber ich war zu erschöpft. Und welchen Sinn hätte es gehabt wegzulaufen? Ich hätte gar nicht gewusst wohin.
    Am nächsten Morgen war ich wieder gefasst genug, um rational zu denken. Ich beschloss zu kooperieren, die Sitzungen zu machen und nach Möglichkeit alle Maßnahmen zu erfüllen, die von mir verlangt wurden. Die folgenden fünf Tage absolvierte ich Sitzungen mit Sylvia Pearl vom Office of Special Affairs. Diese Abteilung operierte als eine Art Geheimpolizei und war bekannt dafür, vor allem bei solchen Leuten Security-Checks durchzuführen, die als ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko galten. Die Videokamera in ihrem Büro war direkt auf mich gerichtet.
    Sie begann die Überprüfung mit der Frage, auf die sie die Antwort längst kannte: Hatte ich Sex mit Dallas gehabt? Anschließend wollte sie alles darüber erfahren – wo, wie, wie oft, wie lange – und das in jeder verfluchten Einzelheit. Da es sich um einen Sec-Check handelte, hatte ich natürlich mit bohrenden Fragen gerechnet, dennoch empfand ich es als verletzend und penetrant. Sie wollten mich nicht nur demütigen, sie waren auch darauf gedrillt, mir das Gefühl zu vermitteln, mir sei Gewalt angetan worden. Die Bereitschaft, in persönlichste Bereiche einzudringen, zeichnete einen guten Security-Prüfer aus, und Sylvia Pearl war erstklassig darin. Gleichzeitig wuchs meine Abneigung, bei etwas mitzuwirken, was so eindeutig darauf abzielte, gegen mich verwendet zu werden und mich zu kontrollieren.
    Es war schon schlimm genug, Sylvia meine intimsten Erlebnisse zu offenbaren, aber dann waren da ja auch noch die unsichtbaren Zeugen im Raum. Zum einen gab es bestimmt jemanden, der mich entweder über die Kamera direkt beobachtete oder der sich später die Aufzeichnung ansah. Außerdem würde natürlich noch ein anderer das Arbeitsblatt meiner Sitzung lesen. Mir wurde schlecht bei der Vorstellung, wie viele Menschen noch im Laufe dieses Tages Dinge aus meinem intimsten Privatleben erfahren würden. Angeblich sollte die Prüfung nur zu meinem Besten sein, aber dieser systematische Voyeurismus war einfach zu viel für mich.
    Letztlich führten all diese Verhöre lediglich dazu, dass ich den Sinn der ganzen Tortur in Frage stellte. Hätte ich bloß gestehen müssen, was ich getan hatte, und Buße leisten, wäre das ja noch gegangen, aber die vielen

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