Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
betrübt, dass Grandma Janna gestorben war, versuchte aber, daran zu denken, dass sie einen neuen Körper bekommen würde.
Mom hingegen wirkte nicht besonders betroffen. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich.
»Ich bin zwar traurig«, antwortete sie, »aber deine Großmutter und ich haben schon seit Jahren nicht mehr besonders viel Zeit miteinander verbracht, daher bin ich daran gewöhnt. Ich werde eine Auditing-Sitzung dazu machen.«
Es mag seltsam klingen, aber Grandma Jannas Tod bewirkte bei mir kaum etwas. Obwohl sie dafür gesorgt hatte, dass meine Mom der Kirche beitrat, hatte ich sie nur selten gesehen, und Mom schien mit ihrem Tod gut klarzukommen.
In der Zeit, in der ich bei Mom wohnte, gewöhnte ich mich schnell an den sehr angenehmen Alltag. Dazu trug erheblich bei, dass Valeska sich um mich kümmerte. Sie war mir nicht nur ein Vorbild, sondern auch meine Klassenkameradin, und die Freundschaft mit ihr wurde mir unglaublich wichtig.
Natürlich galt mein Hauptaugenmerk dem Key to Life-Kurs, denn ich musste mich nicht um meine normale Schulbildung, sondern nur um die scientologische Kursarbeit kümmern. Ziemlich schnell absolvierte ich Key to Life und begann mit LOC , den ich ursprünglich mit Justin als Zwilling angefangen, aber nie abgeschlossen hatte. Dieses Mal hatte ich keine Probleme mit dem Kurs, immerhin sorgte er dafür, dass ich noch länger in der Flag bleiben konnte.
Da ich bei Mom wohnte, sah ich Onkel Dave auch häufiger. Er hatte viel in der Flag zu tun und kam deswegen oft nach Clearwater. Manchmal blieb er sogar längere Zeit. Meine Mom bat mich, nicht in ihr Büro zu kommen, wenn er in der Stadt war, sondern im Lemon Tree zu essen. Ich sollte direkt nach dem Kurs mit Valeska heimgehen und sie nicht im WB besuchen.
Dennoch war ich trotz ihrer Anweisung eines Tages im Büro und schrieb Justin auf der Ranch einen Brief, als ich hörte, wie mein Onkel den Korridor herunterkam. Ich rannte durch das Büro, um mich zu verstecken, aber es war zu spät. Als Onkel Dave, Tante Shelly und Mom die Tür öffneten, sahen sie mich hinter dem Regal hocken. Onkel Dave wirkte verwirrt.
»Warum versteckst du dich vor uns, Jenny?«, fragte er.
Dämlicherweise erklärte ich, Mom hätte mir verboten, ins Büro zu kommen, wenn er da war. Daraufhin sah Onkel Dave meine Mom an, die eine verblüffte Miene aufsetzte.
»Das habe ich nie gesagt«, erklärte sie. Nur ein paar Tage zuvor hatte sie noch davon gesprochen, deswegen begriff ich nicht, warum sie es jetzt abstritt.
»Hast du irgendwas Verbotenes getan?«, wollte Tante Shelly wissen.
Noch bevor ich antworten konnte, schaltete sich Onkel Dave wieder ein. »Du musst nicht vor mir wegrennen«, sagte er beruhigend. Er umarmte mich etwas unbeholfen und sagte, sie müssten jetzt los, aber wir würden uns am Abend sehen. Dann gingen sie durch den Korridor zum Aufzug. Ich wusste nicht, wieso wir uns am Abend sehen würden, ging aber wieder in meinen Kurs zurück.
An diesem Tag begegnete ich ihm noch mehrmals im Aufzug. »Ich kann dich sehen!«, scherzte er dann immer grinsend. Am Abend sagte Mom, die anscheinend nicht mehr an den Vorfall dachte, ich solle mir etwas Passendes anziehen, weil wir zu Onkel Dave kommen sollten.
»Jenny!«, rief er, als wir eintraten. »Komm, setz dich auf die Couch!« Mom wirkte stolz, weil er mir so viel Aufmerksamkeit schenkte. »Hast du Lust auf Popcorn?«, fragte er.
Noch bevor ich antworten konnte, wandte er sich an seinen Steward Georgiana und befahl: »George, holen Sie ihr Popcorn.«
Ich ließ mich auf einem der Ledersofas nieder. Im Raum waren viele scientologische Führungskräfte, darunter auch Norman Starkey, LRH s ehemaliger Vermögensverwalter. Wir wollten uns Star Wars ansehen, aber zuerst musste etwas mit dem Videorekorder in Ordnung gebracht werden.
Onkel Dave plauderte mit jemandem darüber, dass alle in ein paar Tagen den Film Apollo 13 sehen wollten, der im Kino von Clearwater gezeigt wurde. »Willst du den Film auch sehen, Jenny?«, fragte er mich.
Ich bejahte das, fügte aber hinzu, dass ich noch lieber Batman Forever sehen wollte.
»Aha! Klar«, erwiderte Onkel Dave. »Wer gefällt dir denn in dem Film?«
»Jim Carrey, und Nicole Kidman spielt auch mit.«
Onkel Dave wandte sich von mir ab und redete mit den anderen im Raum über ein paar berühmte Schauspieler in dem Film.
Sie wirkten alle interessiert, aber er wandte sich wieder mir zu. »Jenny, hast du das Gefühl, du würdest unsere
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